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aber Aristoteles steht von vorn herein nicht auf dem poetischen schauen oder auf dem unmittelbaren beisammensein der Zweiheit in dem beseelten, sondern er ergreift die Activität des denkens und erkennt nur die thätige Entwicklung an, für welche alles ruhende expansive nur die Geltung eines potenziellen seins hat, während das wahre actuelle sein in dem vollendeten Zwecke der intensiven Verwirklichung beruht' usw. Auf die Stoiker ist Hr. P. sehr schlimm zu sprechen. Durch die getroffene Auswahl von Extravaganzen aus den Lehren einzelner sucht er auch das Urtheil des Lesers zu befangen. Im abfertigenden urtheilen ist ja überhaupt Hr. P. sehr stark. Bisweilen wagt er sich auch auf Gebiete die er nicht kennt; wie wenn er S. 159 sagt: die grammatische Thätigkeit der Stoiker berührt weniger die Philosophie als leider vielfach die Culturgeschichte der gelehrten Schulen bis in unsere Zeit herab, da die stoische Grammatik das Original der römischen war, diese aber das Material des nachantiken Schulunterrichts wurde, und hiedurch der antike Unverstand in grammatischen Dingen nebst dem ertödtenden Formalismus der Stoiker sich forterbte.' An unpassenden Ausdrücken und Anspielungen fehlt es auch hier nicht. Man wird sie mir anzuführen gern erlassen.

So wenig erfreulich die Eindrücke sind welche die Leclüre dieses Buchs in mir zurücklassen muste, so scheide ich doch mit éinem Troste, nemlich dem dasz dieses Buch eine nur kleine Anzahl von Lesern finden werde. Wer es vielleicht in guter Hoffnung mit der Hoffmannschen Sammlung von Uebersetzungen griechischer und römischer Classiker sich anschaffen sollte, wird wol bald genug durch vergebliche Versuche sich durchzuarbeiten von der weitern Lectüre abgeschreckt werden. Das Bedürfnis aber welches Hr. P. befriedigen wollte bleibt, und zu wünschen ist dasz ein Mann, der aus dem Studium des classischen Alterthums auch classischen Geist in sich aufgenommen, die schwere aber dankbare Aufgabe von neuem übernehme. Hanau. Julius Deuschle.

4.

Kleinere Litteratur der ciceronischen Schriften.

Erster Artikel.

Von der verehrlichen Redaction dieser Zeitschrift eingeladen in derselben über ciceronische Programme und Abhandlungen von Zeit zu Zeit Bericht zu erstatten, wird Ref. in diesem ersten Artikel einer Prüfung unterwerfen was über die philosophischen Schriften des Cicero zu seiner Kunde gekommen ist.

[1] Aus diesem Bereich heben wir zunächst hervor die vorzüglichen Beiträge zur Kritik von Ciceros Lucullus von Hrn. Prof. K. F. Her

mann im Philologus VII S. 466-476. Um mit geringerem zu beginnen, so wird §. 23 richtig die Lesart potius quam aut (st. ut) officium und §. 80 Avianium mit Bergk (Z. f. d. AW. 1847 S. 172), wofür jetzt handschriftliche Bestätigung vorliegt, empfohlen, S. 54 die handschriftliche Lesart si enim res se ita habeant

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an sano,

und §. 104 die Worte ut aut approbet quid aut improbet treffend gerechtfertigt. Minder einleuchtend ist §. 79 die Empfehlung von clamat mit der ed. Crat. statt des verderbten lacerat und §. 81 von quam mullos mit Orelli unter Streichung von pisces, wo die Vulg. quam illos pisces gewis den Vorzug verdient, indem die Erwähnung einer bestimmten Fischgattung hier nicht am Orte ist. Von den eigenen Vermutungen des Hrn. H. zeichnen wir wegen ihrer hohen Wahrscheinlichkeit aus §. 52 eadem est in somnis species eorumque quae vigilantes videmus, S. 106 qut memoriam mihi remittas oportet et patiare (oder fateare) ei esse locum, §. 121 deum onere magno liberat, S. 139 Clitomachi für Antiochi, S. 143 spinosissimi aus der Lesart opinosissimi, die auch in zwei leidner Hss. (Nr. 84 u. 86) steht, eine scharfsinnige, aber wegen des persönlichen Gebrauchs von spinosus doch nicht ganz überzeugende Conjectur; ferner S. 9 si id ipsum rudes et indocti iudicare potuissent -vel (warum nicht lieber aut?), ut potuerint, omnibus rebus auditis iudicarent: nunc autem re semel audita ad unius se auctoritatem contulerunt: welche Verbesserung sich der handschriftlichen Ueberlieferung näher anschlieszt als die früheren Versuche und den Gegensatz mit nunc autem zuerst an richtiger Stelle eintreten läszt; sodann §. 43 in omnibus pariter rebus st. in omnibus partibus. Kurz zuvor schreibt Hr. H. quoniam vera illa definitio mit Tilgung von vel, was im alten wiener Codex von zweiter Hand zugesetzt ist; die besten Hss. verlangen aber die Wortstellung illa vera def. Das ebendaselbst aus dem cod. Gudianus empfohlene sin negaverint beruht auf falscher Angabe von Görenz, wie unzählige andere dieses leichtfertigen Kritikers; der Cod. hat si negaverint wie alle übrigen. Andere Vermutungen sind minder überzeugend, was bei einer an schwierigen Stellen so reichen Schrift, deren Hss. alle auf einen einzigen schon stark verderbten Stammcodex zurückweisen, nicht befremden kann. §. 16 schreibt Hr. H. sed fuerint illa vetera, si vultis, in condita st. incognita, und liest sodann in den folgenden Worten nihilne est igitur actum, quod investigata sunt, wo quod stört, bis auf weiteres quot mit Bentley, was beim Neutrum ohne Substantiv bedenklich ist (verschieden ist or. p. Rosc. Am. §. 89 haec tot et tanta, wo haec die Stelle des Substantivs vertritt), wobei er wegen der unbequemen Doppelfrage nihilne actum als Dittographie von §. 15, wo aber die Worte nicht die gleichen sind, auswerfen möchte. Ref. hat versucht sed fuerint illa veteribus (so mit Davisius), si vultis, incognita: nihilne est igitur actum, quoad investigata sunt? S. 85 schreibt Hr. H. dic mihi, Lysippus eodem aere, eadem temperatura, eadem caelatura (die Codd. eodem caelo aqua), ceteris omnibus, centum Alexandros eius

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dem modi facere non posset? wo vielleicht vorzuziehen ist eodem caelo (Meisel', also bei Gleichheit des Werkzeugs), aeque ceteris omnibus (d. h. et si aeque cetera omnia eadem essent) etc. Sah man einmal caelo als 'Himmel' an, so lag die Fälschung aqua sehr nahe. S. 104 schreibt Hr. H. neu cui placeat für nec ut placeat, wo Ref. an ne displiceat gedacht hat. Die schwierige Stelle §. 105 ordnet Hr. H. also: mare illud, quod nunc Favonio nascente purpureum videtur, idem huic nostro videbitur, nec tamen adsentietur, quia nobismet ipsis modo caeruleum videbatur, quodque mane ravum *), nunc, qua sole collucet, albescit et vibrat. Die Hss. haben videbatur mane ravum (flavum) quodque nunc qua a sole collucet etc. Ref. möchte mit Benützung des Nonius lesen quia nobismet ipsis modo caeruleum videbatur, mane ravum, quaque (oder quodque als Neutrum) nunc a sole collucet, albescit etc., so dasz entweder quod oder qua als Randerklärung in den Text gerathen wäre. S. 107 schreibt Hr. H. vera esse haruspicium (haruspicum die Codd.), auspicia, oracula, somnia, vaticinationes, wo aber der Singular gerade an der ersten Stelle misfallen musz; ist daher nicht haruspicia zu lesen, so vermuten wir den Ausfall eines Substantivs zu dem Genetiv haruspicum. Auch lineam similiter latitudine carentem S. 116 ist wenigstens keine schlagende Emendation, hingegen sind die darauf folgenden Worte, die bei Orelli noch mit einem Kreuze behaftet sind, durch treffende Erklärung gerechtfertigt. In der schwer zerrütteten Stelle §. 126 schreibt Hr. H. solis autem magnitudo (ipse enim hic radiatus me intueri videtur ac monere, ut crebro faciam mentionem sui) vos ergo huius magnitudinem, quasi decempeda hunc permensi, refertis; ego me quasi malis architectis mensurae vestrae nego hoc credere; dubium (oder dubiumne) est, uter nostrum sit, leviter ut dicam, verecundior? eine Herstellung gegen die sich mehrere Bedenken erheben lieszen. Für die Anfangsworte ergibt sich eine sichere Verbesserung aus drei vom Ref. benützten Hss. (den codd. Leid. 84 u. 86 und einem Erlang.; der wiener fehlt hier): solis autem magnitudinem ipse enim hic radiatus me intueri videtur admonens etc.; jedoch für die folgenden Worte, die in den besten Quellen so lauten: uos ergo huius magnitudinem quasi decempeda hic (oder hinc, huic) me quasi malis architectis mensurae uestrae nego hoc (im Leid. 84 hoc über der Zeile) permensi refertis. ergo credere dubium est uter nostrum sit leuiter ut dicam uerecundior, weisz Ref. keine sichere Herstellung. Ueber die von Hrn. H. zuletzt besprochene Stelle aus der or. p. Sestio S. 107, zu der ihm die Ueberlieferung in der ältesten und besten Hs. noch unbekannt war, verweist Ref. auf seinen Aufsatz im Rhein. Mus. N. F. IX S. 337.

[2] Eine dankenswerthe Arbeit über die Tusculanen enthält die

*) Die richtige Lesart des Nonius ravum haben auch die zwei leidner Hss. von erster Hand.

Inauguraldissertation von Otto Heine: de Ciceronis Tusculanis disputationibus. Halis Saxonum, typis Ploetzianis. 1854. 33 S. 8. In dem ersten Capitel stellt der Vf. eine fleiszige Untersuchung über die Handschriften der Tusculanen an, von denen er zwei Classen annimmt, eine bessere zu der er den Parisinus 6332, den Gudianus 294, Pithoeanus, Bernensis 438 und den Gryphianus rechnet, und eine interpolierte welche die grosze Zahl der übrigen Hss. umfaszt. Der ersten Classe gehört auch noch ein cod. Gemblacensis an, jetzt in Brüssel, Nr. 5351. Der zweiten Classe räumt der Vf. nur da eine Berücksichtigung ein, wo die Lesarten der ersten ein entschiedenes Verderbnis aufweisen. Dasz in den wenigen Stellen, für welche diese Hss. in Betracht kommen, Reste einer bessern Ueberlieferung vorliegen, musz Ref. noch sehr bezweifeln, sondern möchte lieber annehmen dasz bei den Versuchen den so vielfach verderbten Text zurecht zu machen, die meistens ganz verkehrt ausfielen, auch hie und da eine glückliche Verbesserung untergelaufen sei. Bei den einzelnen Stellen die der Vf. bespricht kann man ihm in der Regel beistimmen. Ob auch V S. 15 die Lesart der Hss. quod non singulis hominibus, sed potentibus populis saepe contigit der bei Nonius p. 208 quod non modo singulis etc. vorzuziehen sei, ist noch sehr zweifelhaft. Vgl. or. Phil. I §. 24 civitas data non solum singulis, sed nationibus et provinciis universis a mortuo. Phil. II §. 92 neque solum singulis venibant immunitates, sed etiam populis universis. Ebend. §. 67 non modo unius patrimonium sed urbes et regna celeriter tanta nequitia devorare potuisset. So scheint non hier ebenso unmöglich wie in der or. in Vat. S. 23: qui in eo magistratu non emerseris ex mendicitate, sed etiam divitiis nos iam tuis terreas. Man vgl. jedoch de off. II §. 27, welche Stelle der in den Tusc. noch am ähnlichsten ist. Mit Recht werden p. 4 mit andern (s. bes. Wesenbergs Emend. II p. 50) I S. 19 die Worte et animosos et bene animatos et ex animi sententia nach nam et agere animam et efflare dicimus als Glosse verworfen; sie lassen sich auch durch eine scharfsinnige Emendation, die dem Ref. ein gelehrter Freund mitgetheilt hat, exanimis für ex animi sententia, nicht halten, weil die Beispiele an sich zu dem was Cic. beweisen will nicht passen. I S. 58 hat der Gud. 294 ut omnibus locis a Platone disseritur (nihil enim ille putat esse quod oriatur et intereat, idque solum esse, quod semper tale sit, quale idéav appellat ille, nos speciem) etc., während im Par. ille vor putat fehlt. Hr. H. verwirft ille als satis molestum', weil appellat ille folge. Allein da hier ille im Gegensatz von nos steht, so ist nicht abzusehen weshalb es oben falsch oder lästig sein sollte. *) — I S. 88 schreibt Hr.

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*) Bei der gegenseitigen Prüfung der Stellen p. 11 ff., in welchen der Par. und Gud. auseinander gehen (von dem letztern hatte Hr. Heine die genauere Collation des Ref. zur Benützung), sind einige Stellen übergangen, in welchen die erste Hand des Gud. die bessere Lesart oder doch deren Spur erhalten hat. So hat z. B. dieser II

H. nicht ohne Wahrscheinlichkeit carere malo non dicitur, was mehr Beifall finden wird als wenn er II §. 52 das sinnlose vero, was die Hss. nach obversentur (obversetur) species honestae haben, ganz streichen will. Für die Verbesserung viro einem wahren Manne' spricht die gleiche Verwechslung II §. 51 a. A. II S. 67, wo die Hss. haben ut enim si cui nauiganti praedones insequantur deus qui dixerit, billigt Hr. H. die Einsetzung von quem vor praedones; aber viel näher liegt die einfache Verbesserung von Wopkens: praedones si insequantur. - II S. 18 meint Hr. H. dasz der cod. Marburg., der in dem Satze sit fortis in perferendo, officio satis est; ut laetetur etiam non postulo die Lesart si fortis hat, dem Archetypus näher stehe als RGP die si forte haben. Ref. hält dies für einen trüglichen Schein und die Lesart der Vulgata für verfehlte Correctur; si forte führt vielmehr auf si fortis ē (est) in perferendo, sc. sapiens. — Auch V §. 94, wo die übrigen Hss. quarum genera non contemnunt, quaerunt tamen copiam haben, der cod. Duisb. aber non an sich richtig ausläszt, ist dies noch kein absoluter Vorzug; wenn nemlich die Verbesserung von Bake (Schol. Hyp. IV p. 113) cum contemnunt richtig ist, so erscheint non nicht als ein unrichtiger Zusatz, sondern als eine Verschreibung. II S. 26 ist enim, was die besten Hss. haben, in den Worten verti enim multa de Graecis nicht passend, daher es im Vindob. 2 und Duisb. fehlt, schwerlich mit Recht, da es aus etiam verderbt scheint. Gut, aber nicht neu ist die Bemerkung p. 21, dasz I S. 31 in den Worten ut ait in Synephebis ebenso gut Statius wie ille nach ait könne ausgefallen sein; sehr wahrscheinlich die in den Theses zu I S. 87 vorgeschlagene Verbesserung num aut cornibus caremus aut pinnis? id quis dixerit? Im 2n Capitel bespricht der Vf. nach dem Vorgange von Madvig in der Einleitung zu den Büchern de finibus b. et m. die vielen stilistischen Nachlässigkeiten die auch in den Tusculanen aufstoszen, und behandelt sodann eingehend die verschiedenen Anakoluthe des Werkes, über die er auch die Ausgabe von Tischer hätte benützen sollen. V §. 119 scheint Hr. H. die leichte Verbesserung von Wesenberg (Emend. I p. 31) dicant, ei tamen für dicant et tamen übersehen zu haben; dagegen ist gelegentlich de nat. deor. II S. 95 die handschriftliche Lesart quae cum viderent gut gegen die Aenderung haec cum viderent gerechtfertigt.

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[3] Ausgezeichnete Beiträge zur Verbesserung der Tusculanen enthält die zweite Abhandlung im 4n Bande der Scholica Hypomnemata von Johannes Bake (Lugd. Bat. 1852) p. 68–114. Sie sind ohne Zweifel die besten von den zahlreichen Beiträgen die Hr. Bake zur Kritik ciceronischer Schriften in den verschiedenen Bänden der

S. 48 von 1r Hand uinclis prope adaccustodia, was geändert ist in acadcustodia; im Par. ist die Fälschung ac ad custodia; das echte adac ist offenbar aus adque verderbt, und so, nicht ac custodia, im Texte herzustellen. III §. 18 hat der Par. nihil dicitur; im Gud. stand vor der Rasur nihili dicitur, was Moser mit Recht aufgenommen hat; vgl. Wesenberg Emend. II p. 4 f.

N. Jahrb. f. Phil, u. Paed, Bd. LXXI. Hft. 1.

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