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innerlich geschichtlichen Ursprung und Kern dieser mythischen Darstellung schon fern stehend die ganze Sage nun wirklich nur auf jene alten Heroen bezog und sie so in eine frühere Zeit hinaufrückte. Um es noch bestimmter auszudrücken: wir halten den homerischen Sagen-. kreis, so weit er es unmittelbar mit dem troischen Kriege zu thun hat, ursprünglich nur für die nothwendige religiöse und mythische Form, in welcher das Bewustsein und die Sage der aeolischen Einwanderer ihre eignen Kämpfe darstellen muste, so dasz diese Sage also ursprünglich sich vollkommen bewust war, hierin eben von diesen eignen geschichtlichen Kämpfen zu sprechen, allein im Fortgang der Zeit und zumal in jener schon ungleich entfernteren, in welcher das homerische Epos sich ausbildete, jene mythische Form nicht mehr nach ihrem wirklichen geschichtlichen Kern verständlich war, sondern das geschichtliche Bewustsein überwuchernd und in sich begrabend nur noch als solche, als diese mythische Heroensage sich fortbehauptete. Zugleich sind wir bei dieser Erklärung weit entfernt, alles auf geschichtliche Züge aus den Schicksalen jener Aeoler selbst zurückführen zu wollen, sondern wir glauben (wie dies namentlich z. B. von der Achilleussage gilt) dasz sich eben in Folge der mythischen Form zugleich andere mythische Anschauungen, vor allem solche die eben in jener Gegend schon vorgefunden wurden, mit der Sage von dem Kriege selbst verschmolzen, während endlich das was über den Kreis der Colonistensage selbst hinausgeht, d. h. also die Anschauung von einem allgemein hellenischen sich erst hieraus entwickelte und ebenso die Sage von der Rückkehr der Helden und ihren daran geknüpften Schicksalen erst dann, als die ursprüngliche innere Bedeutung jener erstern Sage schon sich verwischte, nothwendig mit derselben zusammenwuchs und nun vor allem von der epischen Dichtung ausgebildet wurde.

Die allgemeine innere Grundlage für diese so eben ausgesprochene Auffassung ist uns durch die oben erörterte Eigenthümlichkeit der ganzen heroischen Zeit gegeben. Wir können dieser zufolge nicht anders behaupten als dasz die verschiedenen Bestandtheile jener aeolischen Einwanderer in ihren Kämpfen und Siegen das walten ihrer besondern Stammgottheiten und Stammheroen anschauen musten, eben hierin das höhere Bewustsein und die Verherlichung ihrer eignen Geschichte fanden, so dasz dann auch andrerseits die Führer und Häupter der Troer und ihrer verbündeten ursprünglich gleichfalls religiöse Mächte sind. Können wir uns nun auch, wenigstens bei dem jetzigen Stande der Alterthumswissenschaft, nicht anheischig machen an allen Hauptgestalten des troischen Sagenkreises ihre bestimmte mythische Bedeutung nachzuweisen, so kann dies doch theils gerade bei den geistig hervorragendsten und bedeutsamsten geschehen, theils stehen dann diejenigen, deren bestimmtere Deutung sich nach dem jetzigen Stande der Forschung noch nicht nachweisen läszt, nach allen Seiten in einem solchen mythischen Zusammenhange, dasz sie sich für den unbefangenen gleichfalls als mythisch zu erkennen geben.

Dasz Achilleus seiner ursprünglichen Bedeutung nach nichts anderes als ein Stromgott sei, diese Erkenntnis wird allmählich zu einer so ziemlich anerkannten *), und wir können uns daher der Kürze halber enthalten, die von andern schon hervorgehobenen Beweise hiefür zusammenzustellen. Wir weisen nur noch darauf hin dasz, wenn namentlich in dem Culte des dodonaeischen Zeus sich ein besonders hervortretender Zusammenhang mit dem Acheloos, diesem alten Inbegriff der mächtigen und befruchtenden Stromgottheit, und eine ursprüngliche hohe Bedeutung desselben kund gibt, ganz in entsprechender Weise auch Achilleus in der Ilias II 233 ff., sich in besondere Beziehung zu dem dodonaeischen Zeus, diesem Mittelpunkte urhellenischer Religionsanschauung setzt. In der Stellung des Achilleus selbst aber, durch welche er den Mittelpunkt der Ilias einnimmt, haben wir nun ohne Zweifel zwei wesentlich verschiedene Elemente zu unterscheiden, ein im engern Sinne geschichtliches, d. h. der troischen Kriegs- und aeolischen Wanderungssage angehöriges, und ein anderes in eben jener Gegend schon vorgefundenes, das mit den besondern Naturverhältnissen derselben zusammenhängt und in die Anschauungen der alten Naturreligion zurückgreift, also mit der aeolischen Kriegssage sich erst zu einem ganzen verschmolz. Gerade der Zorn des Achilleus nemlich, von welchem die Ilias ausgeht, seine periodische Unthätigkeit und sein Kampf mit Hektor scheinen uns ursprünglich nicht sowol jener aeolischen Kriegssage anzugehören, als vielmehr aus einer schon ältern religiös-mythischen Naturanschauung entsprundie in der besondern Natur der troischen Ebene und den alten Culturverhältnissen derselben ihren Grund hat. Wie Achilleus in der Ilias eine von dem übrigen Heer eben so sehr getrennte selbständige Stellung einnimmt, als er andrerseits wieder zu demselben mit gehört, so weist auch dieses Verhältnis auf eine von der übrigen Kriegssage ursprünglich getrennte und selbständige ältere Anschauung zurück, so dasz wol auch eben diese besondere und eigenthümliche Verflechtung des Achilleus mit dem religiösen Sagenkreise des troischen Gebietes dazu mitgewirkt hat, ihm in der Sage und Dichtung diese Hauptstelle zu geben. In jener allen Anschauung nun ist Achilleus nichts anderes als der Daemon der stürmenden Flut, welcher zu gewissen Zeiten mit der vereinten Macht der anschwellenden Meeresströmung und der entgegendrängenden ausgetretenen Flüsse die troische Ebene überschwemmt, in Zeiten der Trockenheit dagegen in Unthätigkeit zurückgedrängt gleichsam grollend und zürnend am rauschenden Meeresufer seine Stimme vernehmen läszt. **) In seinem

gen,

*) Wie sich z. B. auch Welcker a. a. O. S. 37 so ausspricht. Vgl. jetzt ferner Preller: griech. Mythol. I S. 30. II S. 281. Rückert: Trojas Ursprung S. 144 ff., in eigenthümlicher einseitig consequenter Weise aber bekanntlich Forchhammer, zuerst in den Hellenika 1837, dann in der kleinern Schrift Achill'. 1853.

**) Vgl. zu dem allem theils Forchhammer in den eben genannten

desto mehr wird auch noch diese einseitige Abkehr von der individuellen und gegenständlich manigfachen Ausbildung des Lebens, die einseitig negative und subjective Erhebung über die unfreie Natürlichkeit der bekerschende Grundzug sein. Aus der spätern Zeit gibt es hiefür keine bessere Analogie als die des dorisch-spartanischen Lebens, welches aus demselben Grund, weil es nemlich einseitig die subjective freie Selbstdarstellung im Gegensatz gegen die entwickelte gegenständliche Cultur zum Inhalte hat, auch den einzelnen noch in diesen Geist der ganzen Gemeinschaft gefangen nimmt, ihm keine solche individuelle Bedeutung und Geltung gibt, wie sie vor allem der reichen bürgerlichen Ausbildung des attischen Lebens eigen war. Auch jene Individualisierung der homerischen Helden, wie sie einerseits ohne dies an ihre frühere mythologische Bedeutung sich anschlieszt, gehört daher in solcher Weise erst der Poesie an, in welcher schon das wesentlich verschiedene Interesse lebendiger gegenständlicher Anschauung sich regt; und zwar ist auch hier das rein heroische Ideal der Ilias, die erhabene unwiderstehlich dahinstürmende Selbstheit des Achilleus, älter als das ausgebildete Ideal des gegenständlich erfindsamen, klugen und besonnenen Odysseus.

Wir müssen also behaupten dasz auch die heroische Sage noch wesentlich entweder von ursprünglich göttlichen Gestalten, oder noch von dem zusammengefaszten thun und Schicksal ganzer Gemeinschaften, Stämme, Culte usw. erfüllt, also gleichfalls in ihrer Ueberlieferung noch mythisch ist. Denn die heroische Zeit ist die scharfe negative Erhebung des göttlichen und frei unbedingten über die natürliche Bedingtheit und Endlichkeit, während der Mensch in dieser letztern immer ebenso sehr gefangen bleibt und daher ebenso sehr nur in der göttlichen Macht die wahre Kraft seines thuns anschaut, wie er dabei in einem noch einseitig abstracten und gleichförmigen thun der Gemeinschaft befaszt ist. Dasz wir dies nicht etwa blosz auf einseitige begriffliche Weise abgeleitet haben, dies wird nicht blosz noch durch die homerische Dichtung bestätigt, welche selbst die schon längst in der Sage gefeierten halb übermenschlichen Gestalten ihrer Heroen doch so sehr in Abhängigkeit von den ihnen zur Seite stehenden göttlichen Mächten setzt und so vielfach einprägt, dasz nur mit Hilfe dieser die Helden selbst ihre Verherlichung finden,

sondern auch dadurch dasz die Heroen überall entweder als Vertreter und Häupter bestimmter Stämme usw. erscheinen, oder wo sie einzeln für sich auftreten, wie Herakles usw., um so deutlicher ihren mythologischen Ursprung an sich tragen. Das individuell persön

liche und ebendamit unterscheidend historische Bewustsein also ist weder in dem unfreien bindenden Naturzusammenhange der pelasgischen Zeit möglich, noch in dem zum einseitig unbedingten aufstrebenden und durch dessen ideale gegenständlich göttliche, sowie noch gleichförmig allgemeine Macht beherschten heroischen Zeitalter. *)

*) Wir glauben mit dem obigen die Ansicht von einem wirklichen

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The sia selbst fühlend: měividnel, nato inlobe. Radiotong Nacient vietmen" ers: mi, de Zeit, in welcher die Proxe phechty worthyah, Pasm des beltenische Geistes, ihrer noch negata & masoseskan pineashg erhabener. Charakter shie?" W 702 Paclit gagorelandiyah,ar gaichi ver Gestaltung më Anshiidung des ejeren natashobar dreviny i hap gek: bent dami; ersi, dast die manjgfaol gaganetendlyphɛ yng auriicht Bestimmtheit des menschheher dropin vak wydar in shaap berechtigung erfaszt, obgleich vetri ak geistig poetullah (wijk, myydy ais unmittelbarer naturheber Cultusweck, wie in der polnu šephan Zeit), fühlt sich der Mensch puch in der velbefundigen Podontung, vet nes individnelten daseins, in der Abstraebar jonos poep? 1 A Secur scher Bewustseins ist dies noch nicht möglich. Der Anfeng der er for scheidend historischen Zeit des griechischen Lebenx ist aber ky m wesentlichen identisch mit dem Anfang der posty birgerfrchen (m Gegensatz gegen die heroische), und deshalb kann auch the Feit der groszen Wanderungen, welche man gewöhnlich als die erste virens scheide der beginnenden historischen Zeit betrachtet, nech micht Work lich hiefür gelten. Denn mögen auch ans jener Zeit die Namen rin zelner Stammhäupter theilweise überhafert sein, sofern when an dhe Häupter das Bewustsein der waltenden Stammgottheiten und Stamm heroen sich anknüpfte, auch das menschliche thun (als heroisches) jetzt in der göttlichen Ordnung wenigstens eine groszere Bedeutung erlangt hat als gegenüber von der frühern unmittelbaren Naturmacht, so sind es doch in der That noch blosze Namen (deren geschichtliche Einzelpersönlichkeit überdies selbst zum Theil noch zweifelhaft ist), nicht aber sind es charakterisierte bestimmte Personlichkeiten Das wirklich geschichtliche sind also auch aus jener Zeit nur erst die Thaten und Schicksale der Stämme und Gemeinschalten Bass wher der hellenische Geist aus dieser heroischen Periode in die geistig sitt licher bürgerlicher Bildung übergehen konnte, dies ist darin bepron det, dasz doch auch schon die heroische Zeit nicht bloss an der ein seitigen negativen Erhebung der freien Selbstheit über die bindende unmittelbare Natürlichkeit des Bewustseins ihren Inhalt hat, sondern dasz jene siegreiche Bethätigung der freien Selbstheit, in der dus Bewustsein jetzt seinen Zweck hat, doch zugleich schon auf eine pa sitive in sich zusammenstimmende und folglich geistig sittliche Ordnung und Gestaltung des änszern daseins gerichtet ist Die bloeze kämpfende Erhebung über die bedingende Naturmacht und über die unfrei natürlichen Antriebe wäre noch nichts geistig sittliches, kie ent hielte nur erst die negative Seite desselben; geistig wittlich ist sie chen dadurch erst, dasz sie als diese kämpfende heroische Macht doch eine

menschlich-geschichtlichen Ursprung der Hernengestalten, wie sie 4. 11 in Lauers Geschichte der homerischen Poesie 8 10 1377 vertheidigt wird, wenigstens für den der wirklich die Eigenthumlichkeit jener Zeiten zu begreifen vermag, hinlänglich widerlegt zu haben. Von dem homerischen Sagenkreis insbesondere wird ohnedien noch moten die Rede sein

Zusammenstimmende Ordnung herstellen und bewahren soll, in welcher alles feindlich rohe und störende ausgeschlossen ist und welche also ein sittliches Masz enthält. Dieser Charakter ist am schärfsten in dem Apollocultus nach seiner geistigen hellenischen Form ausgesprochen; die freie und kämpfende Macht der siegreichen Selbstheit ist auch zugleich wesentlich die lichte Macht, welche alles störende und rohe, dem verderblichen Dunkel angehörige ausschlieszt. Ja eben auf dieser lichten Natur beruht die siegreiche Kraft und Hoheit, mit der sich der Gott gegen jedes widerstrebende rohe und verderbliche Element erhebt; denn die Herlichkeit des lichten daseins, in dem er sich bewegt, schlieszt allen störenden Widerstreit aus. Obgleich also in der heroischen Zeit selbst noch einseitig das negative der kämpfenden freien Selbstheit, welche die störende feindliche Macht überwindet, den Grundzug des ganzen Bewustseins bildet, so hat diesest doch schon die Anlage zur positiv schönen geistigen Gestaltung des daseins. Und wenn jene sittliche Eigenthümlichkeit am schärfsten in dem Apollocultus hervortritt, so hat sie doch auch an andern Gottheiten und Culten, vor allem an der Athene, ihren Anhaltspunkt; ja das hellenische Bewustsein hat in merkwürdiger Weise die beiden geistigen Elemente, welche in jener sittlichen Anschauung enthalten sind, so zu sagen an diese beiden hervortretendsten Gottheiten vertheilt. In Apollon nemlich stellt sich die subjective Hoheit (die des Willens) dar, welche von ihrer lichten Ordnung alles rohe und widerstrebende (wie überhaupt das negative der Endlichkeit) ausschlieszt. In Athene dagegen stellt sich diese freie geistige Bethätigung nach ihrer gegenständlichen Besonnenheit dar, welche als solche gleichfalls über das sittliche Masz und wacht jeden Ausbruch der Selbstheit fern hält, welcher die zusammenstimmende Ordnung des Daseins verletzen würde (so z. B. wenn Athene den Achilleus von einseitigem Ausbruche seines verletzten Selbstgefühls zurückhält). Durch diese positive Beziehung auf eine zusammenstimmende Ordnung des natürlichen daseins unterscheidet sich die heroisch - hellenische Zeit bei aller Analogie doch so tief und wesentlich von dem einseitig gewaltsamen Geiste des germanisch-nordischen Reckenthums, welches in einer weit rauhern und feindlichern Natur auch ebendeshalb bei dem bloszen Kampfe gegen die eigne natürliche Bedingtheit, bei der sich bethätigenden negativen Freiheit von ihr stehen blieb, nicht aber zur geistig sittlichen Bethätigung dieser freien Kraft in einer zusammenstimmenden gegenständlichen Ordnung des daseins durchzudringen vermochte. Mit der wirklichen gegenständlichen Ausbildung dieses daseins durch die geistige Kraft der freien Selbstheit hat es die heroische Zeit allerdings noch nicht zu thun; sie bleibt vielmehr als dieser einseitige erste Gegensatz gegen die frühere natürliche Gebundenheit dabei stehen, dasz sie als freie über die blosz natürlichen Antriebe erhabene Kraft sich in Ueberwindung widerstrebender feindlicher Kräfte bewährt; allein doch stellt sie darin ein in sich zusammenstimmen des dasein her, trägt ein sittliches Masz in sich, obgleich

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