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einem solchen kann daher hier auch noch nicht, wie der Hr. Vf. will, die Rede sein.

Jene stärkere Hervorhebung der Seelenschönheit auch in einem häfslichen und des Mangels derselben auch in einem schönen Körper tritt nun nach des Hrn. Vf. richtiger Bemerkung auch im Sokrates, wie ihn Alkibiades, und andrerseits contrastierend dagegen im Alkibiades, wie er sich selbst darstellt, hervor (S. 257). Ueber seinen Vortrag handelt S. 256-261, über den Schlufs S. 261-263; das Verhältnis zum Phaedros (S. 263 f.) hätte wohl eines weit speciellern Eingehens bedurft; über das zum Sophisten und seiner Familie hilft der Hr. Vf. sich gar mit der flüchtigen Bemerkung hinweg, dafs Phaedon und Symposion unmöglich, wie Schleiermacher meinte, die Stelle des Philosophos vertreten könnten. Gewis stehen sie aber doch deshalb nicht beziehungslos zu den streng dialektischen Gesprächen da, und wir hätten daher wohl gewünscht, dafs uns der Vf. wenigstens angedeutet hätte, welche von den dort angeknüpften Fäden hier fortgesponnen werden. S. 264-266 wird endlich die Entstehungszeit besprochen und wegen des bekannten Anachronismus in der Rede des Aristophanes mit viel zu grofser Sicherheit das Jahr 385 angenommen; denn weshalb nicht auch ein oder selbst einige Jahre später eine Anspielung auf jenen dioixiouós von Mantinea noch den Lesern verständlich oder die Sache selbst dem Platon noch hinlänglich erinnerlich sein konnte, um eben eine solche Anspielung hervorzurufen, vermag Ref. wenigstens nicht abzusehen. Die Gründe aber, aus welchen Hr. Müller S. 356 ff. Anm. 346 die ganzen in Frage kommenden Worte streichen will, scheinen mir im wesentlichen durch die Gegenbemerkungen von Hrn. St. bereits widerlegt zu sein. Der Schlufs der Einleitung bespricht S. 266–269 das Verhältnis zum Gastmahl des Xenophon im Sinne K. Fr. Hermanns.

Greifswald.

(Der Schlufs folgt im nächsten Heft.)

Fr. Susemihl.

Des Q. Horatius Flaccus Oden und Epoden. Für den Schulgebrauch erklärt von Dr. C. W. Nauck, Director des FriedrichWilhelms-Gymnasiums zu Königsberg i. d. N. Leipzig, Druck und Verlag von B. G. Teubner. 1854. XVIII u. 225 S. 8.

Mit diesem Bändchen ist die Schulausgabe des Horaz, zu der Hr. Dir. Krüger in Braunschweig vor anderthalb Jahren den zweiten die Satiren und Episteln enthaltenden Theil lieferte (s. NJahrb. Bd. LXVIII S. 76 ff.), abgeschlofsen, und, sprechen wir es gleich zum Eingang aus, würdig abgeschlofsen. So wenig es sich verkennen läfst, dafs die beiden Hrn. Herausgeber in manchen Dingen voneinander abweichen, wo es der Charakter der Gedichte nicht bedingt,

so wenig lässt sich dem einen wie dem andern die Tüchtigkeit der Leistungen bestreiten, und wir haben nun einer Ausgabe uns zu freuen, durch die dem Studium dieses Lieblingsdichters der Schulen ein erheblicher Vorschub geleistet ist, und der wir den vollen Eingang in dieselben von ganzem Herzen wünschen. Der wird ihr auch nicht entstehen und die Freudigkeit, mit der Hr. N. mit einem Toɛiv μ' ovn za Пlaλλàs Aývn vor das Publicum hintritt, mag wohl ein günstiges Vorurtheil erwecken, sowohl für das, was er hier geleistet hat, als für den Eifer, mit dem er gestrebt hat etwas tüchtiges zu bieten. Dafs das Unternehmen eine Schulausgabe des Horaz zu liefern ein schwieriges ist, kann sich ja kein einsichtiger bergen, und so wird auch bei dem regsten Eifer sich schon mancherlei vermifsen lafsen, was die nachbefsernde Hand in einer zweiten Ausgabe, die gewis nicht wird auf sich warten lafsen, nachzutragen hat, und worüber der Hr. Hg. selbst gewis gern die Ansichten anderer vernimmt. Wir wollen deshalb die Ausgabe einer etwas tiefer eingehenden Beurtheilung unterwerfen.

Vergleicht man zunächst die beiden sich ergänzenden Theile des Werkes äufserlich, so scheint es, als ob die Oden unverhältnismäfsig stiefmütterlich ausgestattet wären; denn bei ungefähr gleichem Umfang des Textes von Oden und Sermonen ist die vorliegende Ausgabe der erstern fast 100 Seiten, d. i. beinahe % des Umfanges, kleiner als jene. Aber das ist zum Theil scheinbar. Durch die äusserste Kürze und Praecision in den Inhaltsangaben, Anmerkungen und Citaten ist eine grofse Raumersparnis herbeigeführt, in den erstern vielleicht nicht im Interesse des Schülers. Auch in der letztgenannten Hinsicht kann man den Hg. fast karg nennen: keine Grammatik, kein Handbuch, kein Vorgänger findet sich citiert, auch der Kreis der angezogenen Schriftsteller ist ein sehr enger und mit Ausnahme von ein paar griechischen Fragmenten, die als von Horaz nachgeahmt nicht zu umgehen waren, gewis in jedes Schülers Händen. Aber wo Hr. N. ein Citat gibt, da wirft es ein erhebliches Licht auf die Stelle und das Nachschlagen sollte ja nicht unterbleiben. So ist hier denn nichts überflüfsiges, keine gelehrten Excurse, alles auf Erklärung der vorliegenden Stelle berechnet, kurz, knapp, zu Zeiten bis zur Dunkelheit, Erläuterung von Seiten des Lehrers erheischend, aber scharf und fürs Einprägen vortrefflich.

In der äussersten Kürze bezeichnet Hr. N. in der Vorrede von reichlich zwei Seiten seine Hauptgesichtspunkte, unter welchen er die der Interpunction geschenkte Sorgfalt, die Bemühung das farblose der früheren Ausgaben zu beseitigen und den Inhalt und die Gliederung der einzelnen Gedichte nachzuweisen besonders hervorhebt. Wenn Hr. N. meint, dafs die früheren Ausgaben statt des frischen lebendigen (?) Lebens nur zu sehr die Luft der Studierstube athmeten, so mufs man ihm Recht geben und mag ihm schon Glück wünschen zu dem gelungenen Versuche hier neue Bahn zu brechen; einmal über das andere führt er durch Anführung der heimischen Dichter, Schiller,

geschichtlichen Beziehungen ist oft wohl geeignet den wirklichen Schwerpunkt zu verstecken. Gewis es würde um die Erklärung manches horazischen Liedes ganz anders stehen, wenn man schon seit längerer Zeit der Gliederung desselben eine gröfsere Aufmerksamkeit geschenkt hätte. Fragt man nun, was Hr. N. in dieser Beziehung geleistet hat, so mufs zunächst anerkannt werden, dafs er vielfach meisterhaft den Grundgedanken des Liedes durch die Ueberschrift angegeben oder mit ein paar Worten den Schwerpunkt desselben angedeutet hat (z. B. I, 17. II, 14 u. 15). Hier ist seine Kürze gar sehr am rechten Ort. Weniger hat er für die Nachweisung der Gliederung gethan und es tritt uns da eine gewisse Ungleichmässigkeit entgegen. Während in der letzten Hälfte ein Fingerzeig darüber nur selten fehlt, finden wir im ersten und der ersten Hälfte des zweiten Buches, wenn Ref. nichts übersehn hat, nur dreimal einen solchen: I, 17. 21 u. 22 und nur an der letzten Stelle ist eine Andeutung über die Gedankeneinheit in den einzelnen Theilen. Hr. N. scheint die Entwicklung dieses Gegenstandes dem Lehrer zuweisen zu wollen und ist darin einem richtigen Takt gefolgt: 3 Strophenpaare, 2 gleiche Hälften, das ist gewöhnlich alles, was er gibt; aber Horazens Strophenbau ist zu künstlich, um damit überall ausreichen zu können. So mufs Ref. die Andeutung im Schlufswort zu III, 1-6 doch gar zu dürftig finden. Hr. N. erkennt sie als zusammengehörig an und vergleicht sie einem Sonnettenkranze, weist auf die gleiche Zahl der Verse im ersten und letzten Liede hin und auf die Gleichartigkeit ihrer Gliederung. Die Lieder 25 gehen dabei leer aus; Hr. N. sagt nur, dafs von diesen Liedern jedesmal das folgende den Schlufsgedanken des vorhergehenden ausführe. Hätte er diesen Gedanken doch auf I, 1 angewandt, wie würde das Meisterwerk dadurch in ein ganz anderes Licht treten, während es uns so als eine Sammelei von allerhand Beispielen erscheint, die sich füglich um einige Dutzend vermehren liefsen. Bei Hrn. N. lautet die Einleitung: Widmung. Dedicationsgedicht zu den drei ersten Büchern der Oden. Manche reizt der Ruhm, andere Ehrenämter und Grundbesitz; dem einen geht nichts über ein bescheidenes und sicheres Loos, einem andern nichts über gefahrvollen Erwerb; mancher sucht Genufs und Behaglichkeit, viele wieder Kampf und Strapazen: mich beseligt die Poesie, und setzest du mich in die Reihe der Liederdichter, so habe ich das höchste erreicht.' Da scheint kaum ein bestimmter Faden hindurch zu führen, aber die Wahrheit ist, dafs wir hier 9 Punkte vor uns haben, in denen einzelne ihr höchstes Glück suchen, und dafs sich dieselben wieder in 3 Gruppen zusammenstellen. In der ersten zeichnet der Dichter mit markigen Zügen, was das Herz des Griechen, und wieder, was das des Römers mit überschwänklichem Stolz erfüllt und darum das Endziel seiner Bestrebungen abgibt; dem aber stellt ein auf das materielle gerichteter Sinn das Streben nach Besitz und Reichthum als das allein befriedigende gegenüber, das nicht ruht, bis es alle Schätze Siciliens und Africas zusammengehäuft hat. Eben dieses Erringen und Er

raffen, das von keiner Mühe gebrochen, von keiner Gefahr geschreckt, hier den Landmann, dort den Kaufmann beseelt, führt uns dann der zweite Theil vor, aber wieder nur, um ihm im Abgesang das ganz verfehlte dieses Ringens, das propter vitam vivendi perdere causam vorzuhalten, nur der Genufs des Augenblicks sei wahrhaft unser. Aber diesen Genufs, sagt uns dann der dritte Theil, finden die verschiedenen Menschen in den entgegengesetztesten Dingen, von denen andere gar nicht im Stande sind zu begreifen, wie sie eine Befriedigung gewahren können (manet sub love frigido venator, bella matribus detestata), und nachdem er uns in des Jägers und Kriegers Beispiel die tiefe unendliche Lust vorgehalten, seiner Neigung zu leben, wendet er sich zu dem ihn beseligenden Wunsche im Fach der lyrischen Dichtung wirklich etwas zu leisten. Ob er das thue, darüber erwartet er von des Freundes Urtheil die Entscheidung *) und erklärt, selig werde es ihn machen ein ja aus des competenten Richters Munde zu vernehmen. Die Aengstlichkeit aber, mit der er fragt, das Gewicht, das er darauf legt, spiegelt sich aufs deutlichste in dem praesidium im 2n Verse, das uns in das zagende, an sich selbst zweifelnde Dichterherz einen Blick thun läfst, wie das daneben stehende decus in die Wonne so zu Ehren gebracht zu werden. Das Gedicht besteht demnach aufser dem zweizeiligen Eingang aus 3 Theilen, von denen der erste 2, die beiden folgenden 3 vierzeilige Strophen umfafsen und jeder 3 Beispiele enthält, von denen die beiden ersten den Aufgesang, das letzte den Abgesang bildet, und zwar nimmt der Umfang des letztern in geometrischer Progression zu, indem er im ersten Theil 2, im zweiten 4, und im dritten 8 Verse umfasst.

So wenig wie hier kann Ref. sich bei manchen andern Oden von Hrn. N.s Leistungen befriedigt fühlen in dieser Beziehung, der Hr. Krüger in den Sermonen so grofse Aufmerksamkeit geschenkt hat, weshalb man auch hier ein ähnliches voraussetzen durfte. Bei der zweiten Ode ist die Gliederung noch viel deutlicher, der Dichter selbst hat uns einen Wink darüber gegeben, denn die beiden Verse Iliae dum se nimium querenti iactat ultorem und patiens vocari Caesaris ultor, beziehen sich ja deutlich aufeinander. Der erste derselben schliefst die 5 Strophen der Prodigien ab; nehmen wir den andern als Abschlufs natürlich einer gleichen Anzahl von Strophen, welche sämmtlich die Frage nach der sühnenden Gottheit behandeln, so bleibt zwischen beiden Theilen die Strophe stehn:

[blocks in formation]

Sie ist offenbar der Abgesang, zu welchem die ersten 5 Strophen den Aufgesang bilden, und dadurch tritt sie so recht in den Mittelpunkt

*) Dies scheint für die auch handschriftlich sehr gut beglaubigte Lesart inseres zu sprechen.

neues; aus der des Agathon aber (S. 238-241) heben wir die gute Bemerkung heraus, dafs dieselbe von dem noch sehr sinnlich gefärbten Standpunkte des Aristophanes zu dem des Sokrates durch die Beziehung, welche sie dem Eros auf die Kunst und überhaupt das schöne gebe, hinüberleitet. Allein weit fruchtbarer hätte diese Bemerkung noch werden können, wenn der Vf. auch die Versicherung, dass die Liebe nicht in den Körpern, sondern in den Seelen wohne, und die Polemik gegen das hohe Alter, welches Phaedros dem Eros zuschreibt, hiemit zusammengebracht hätte. Es führt nemlich dies letztere den Agathon offenbar auf den Gegensatz zwischen den alten und den jungen Göttern (Titanen und Olympiern), und indem er behauptet, unter jenen habe die Naturnothwendigkeit geherscht, unter diesen aber hersche Eros, so ist damit erst die Ausscheidung des kosmischen Eros, von welchem jene Behauptung des Phaedros und die Erörterungen des Eryximachos ausgiengen, vollzogen und die Liebe auch dem Aristophanes gegenüber erst vollständig von dem physischen auf das psychische und ethische Gebiet zurückgeführt. Denn allerdings hat auch Aristophanes beide Gebiete noch nicht rein voneinander geschieden, indem er die geschlechtliche und die geistig individuelle Beschränktheit durch allzu sehr miteinander verwandte Symbole ausdrückt. Deshalb möchte ich nun aber seinen Standpunkt keineswegs mit Hrn. St. S. 241 den anthropologisch-physiologischen nennen, sondern es heifst dies die Hülse mit dem Kerne verwechseln; der letztere ist durchaus ethischer Natur. Umgekehrt passt, wie sich jetzt aus dem eben bemerkten gezeigt hat, für die Rede des Phaedros die Bezeichnung des moralischen Gesichtspunktes nicht, sein Gesichtspunkt ist vielmehr so unentwickelt, dafs er den kosmischen Eros noch gar nicht als solchen hervortreten läfst und ihn daher auch noch nicht ausgeschieden hat. Wozu überhaupt diese technischen Bezeichnungsweisen der verschiedenen Standpunkte, die sich doch immer nur durch Beschränkungen und nähere Erläuterungen aufrecht erhalten lafsen und durch die daher nichts gewonnen wird?

Neben einer schicklichen Zusammenstellung der von früheren entwickelten Gründe für die Einführung der Diotima gibt der Hr. Vf. S. 242 f. noch den richtigen Gesichtspunkt, dafs auf diese Weise der dialogische Charakter für die Rede des Sokrates festgehalten wird. Wenn er aber S. 244 behauptet, dafs Platon nie Personen, die er mit Namen nennt, fingiere, so scheint er nicht an den Pamphylier Er im 10n B. der Republik gedacht zu haben, an welchen doch bereits Hermann zu diesem Zweck erinnerte. Ebenso ist es durchaus ein Irthum, dafs diese Rede in streng dialektischem, lückenlosem, kein Mittelglied überspringendem Fortschritt sich bewege. Wozu dann der Mythos? Und wer wird wohl behaupten wollen, dafs von dem weitern Liebesbegriffe der Uebergang zu dem engern streng wifsenschaftlich vermittelt, und nicht vielmehr zugeben müfsen, dafs die Einerleiheit der Liebe mit dem Zeugungstriebe blofs behauptet und nicht bewiesen ist? Gegen das, was sonst über diese Rede gesagt wird (S. 244-256), haben wir

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