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N.s Ausgabe freilich nicht als in jeder Beziehung die Nagelprobe aushaltend dastehen, wohl aber als ein Werk, hervorgegangen aus gründlicher Kunde und treuer Benutzung der Vorgänger, verfasst mit Geistesfrische und Umsicht, vielfach durchgeführt mit Meisterhand, Lehrer und Schüler zu grofsem Danke verpflichtend. W. H. Kolster.

Meldorf,

Pompeii Trogi fragmenta, quorum alia in codicibus manuscriptis bibliothecae Ossolinianae invenit, alia in operibus, scriptorum maximam partem Polonorum, iam vulgatis primus animadvertit, fragmenta pridem nota adiunxit, ac una cum prologis historiarum Philippicarum et criticis annotationibus edidit Augustus Bielowski, Ossolinianae bibliothecae custos. Accedit notitia literaria de Trogo et index. Leopoli in typogr. bibl. Ossolinianae 1853. XXVI u. 91 S. 8.

Als nach Bekanntmachung des Palimpsests von Ciceros Büchern de re publica die Aufmerksamkeit auf dieses Werk und zugleich auch auf sonstige Ueberlieferungen aus demselben in zufällig erhaltenen Ueberresten, in sanguinischer Hoffnung selbst auf noch andere etwa vorhandene Handschriften erregt worden war, wurde auch die Sage von einem sarmatischen Exemplare des Werks wieder lebendig, deren Spuren nach allen directen und indirecten Andeutungen der mit der sarmatischen Litteratur wohl vertraute Krakauer Professor Wilh. Münnich (Ciceronis libri de re publica illustrati. Gottingae 1825) unter dem Aufwand grofser Gelehrsamkeit aufzusuchen bemüht war. Blieben diese Nachforschungen insofern ohne Verfolg, als durch dieselben nur die Kunde von der vormaligen Existenz einer solchen Handschrift in slavischen Ländern von neuem bestätigt wurde, so erhält durch die vorliegende Schrift nicht nur der eben erwähnte Gegenstand eine neue kaum erwartete Wendung, über welche am Schlufs dieser Anzeige gesprochen werden wird, sondern wir begegnen jetzt einer ähnlichen Erscheinung in Beziehung auf die bekanntlich nur im Auszuge eines gewissen Justinus auf uns gekommenen Historiae Philippicae des Trogus Pompejus, und zwar mit gröfserm Erfolg, insofern nicht nur die Thatsache einer in Polen vordem vorhandenen und vielfach benutzten Hs. des Trogus erwiesen werden soll, sondern nunmehr in Folge dieser Benutzung selbst erhaltene Bruchstücke an das Licht gezogen werden. Wenn die Sache auch an sich betrachtet nicht so ganz unwahrscheinlich ist, zumal wenn man sich erinnert, dafs trotz aller sonstigen Barbarei die alte Litteratur in diesen Ländern doch hie und da eine Freistätte gefunden, in welchen Ueberreste der römischen Litteratur sich der Zerstörung entzogen haben, wie z. B. die sarmatische Hs. des Quintilian: so ist sie jedoch geeignet die ern

steste Kritik um so mehr herauszufordern, als es nicht nur der Feststellung eines vagen Gerüchts gilt, sondern vielmehr die römische Litteratur um eine gar nicht unbedeutende Anzahl von Fragmenten, wenn auch gröfstentheils in moderner Ueberarbeitung, aus dem verloren gegangenen Werke des Trogus zu bereichern. Bestätigen sich die behaupteten Entdeckungen, so sind wir dem Hrn. Hg. für diese unerwartete Vermehrung des litterarischen Apparats aus dem Alterthum zu um so gröfserm Danke verpflichtet, als die Aufspürung dieser Fragmente allerdings einen grofsen Aufwand von Mühe und mehrjähriges Forschen (s. p. VI) in Anspruch nahm: im entgegengesetzten Falle aber wird es auch zur unabweislichen Pflicht, die Reinheit antiker Litteratur gegen das Eindringen unechter Bestandtheile auf das schärfste zu wahren. Wenn wir nun in dem folgenden versuchen unser Urtheil hierüber abzugeben, so gründen wir unsere Befugnis dazu auf eine gewissenhafte Prüfung sämmtlicher hier dargebotener Fragmente, müssen aber dabei eingestehn, dafs ein dabei vielleicht nicht unwesentlicher Punkt, nemlich die Frage nach der Glaubwürdigkeit und Zuverlässigkeit der polnischen Schriftsteller, denen die meisten der Fragmente entlehnt sind, unberührt bleiben muste. Da jedoch in dieser Beziehung von dem in seiner vaterländischen Litteratur und Geschichte wohl bewanderten Hrn. Hg. keine Zweifel erhoben worden sind, so bleibt Ref. auf seinem Standpunkte nichts übrig als die Ueberlieferung als unverdächtig hinnehmen, und in der That hat auch Ref. nach der Tragweite seiner Befähigung keinen Grund zu Zweifeln gefunden.

Hr. August Bielowski, seit 1845 Bibliothekar an der ossolinischen Bibliothek zu Lemberg, mehr Litterator und Historiker als Philolog, wie es scheint, obwohl mit der Thatsache bekannt, dafs bei Anführungen des Justinus in spätern Schriftstellern an dessen Stelle häufig Trogus Pompejus genannt werde, wurde durch die Wahrnehmung des Namens des letztern in dem Excerpt (Fr. 30) einer ossolinischen Hs., wovon bei Justinus keine Spur vorhanden, zu weiterer Nachforschung veranlafst, in deren Folge er, durch weitere Entdeckung einiger andern kleinen Fragmente in Hss. derselben Bibliothek unterstützt, zu der Ueberzeugung gelangte, Pompeii Trogi Historias Philippicas, si non integras, saltem singulos earum libros, vel quaedam alia, praeter Justinum, ex iisdem excerpta usque ad seculum XVII in Polonia extitisse', und nunmehr in gleicher Absicht sein Augenmerk auf weitere handschriftliche ihm zugängliche oder auch bereits gedruckte Chronisten der polnischen Geschichte richtete, und nicht ohne Erfolg.

Zu den wichtigsten Hilfsmitteln dieser Art, über welche sich der Hr. Hg. in der Vorrede ausführlichst verbreitet, und deren kurze Namhaftmachung von der Sache geboten wird, gehört ein Chronicon polnischer Geschichte von Vincentius Cotlob (oder auch Catlubonis, Cadlubonis, auch Kadlubeck, nach dem Namen seines Vaters Boguslaus, gleich dem deutschen Gottlob), welcher im J. 1207 zur Würde

eines Bischofs von Krakau erhoben, im J. 1223 als Mönch gestorben, die Chronik des im J. 1166 als Bischof von Krakau verstorbenen Matthaeus einer neuen Bearbeitung in dialogischer Form, nach Art der ciceronischen Bücher de re publica, in drei Büchern unter Hinzufügung eines vierten eigner Arbeit unterwarf. Beide Chronisten sind bekannt als zuverlässige Gewährsmänner und namentlich als Kenner des classischen Alterthums. Bei Benutzung des Werks des Vincentius ist die 1824 in Warschau erschienene Ausgabe (Res gestae Principum et Regum Poloniae per Vincentium [Kadlubkonem] etc, accedit Chronicon Polonorum per Dzierswam [Miersuam]) zu Grunde gelegt worden, jedoch unter stetem Beirath verschiedener, dem Hrn. Hg. zu Gebote stehender Hss., und letzteres nicht ohne erheblichen Nutzen. Ferner Martin Bielski, zu Biala terrae Sieradiensis geb., gegen das Ende des 15n Jh. gestorben, Verfasser einer Kronika świata (chronicon mundi) und einer Kronika, welche beide, obwohl gedruckt, jetzt jedoch äusserst selten, mehrere der bedeutenderen Fragmente geliefert haben. Endlich haben aufser einigen ossolinischen Hss., von welchen weiter unten, dem Hrn. Hg. Ausbeute gegeben Długossius, im J. 1415 geb, und in Lemberg als Erzbischof im J. 1480 gestorben, Verfasser einer Historia Polonica in 12 Büchern, und Auszüge von Sentenzen und Memorabilien, zur Unterweisung seines Zöglings Casimir, nachherigen Königs von Polen, von demselben gesammelt und zusammengestellt.

Was sich nun aus diesen Hilfsmitteln dem Hrn. Hg. für Trogus zu ergeben schien, sei es unter ausdrücklicher Nennung desselben, oder ohne solche nach wahrscheinlicher Vermuthung, hat derselbe nach der Ordnung des Werks des Justinus in die einzelnen Bücher eingereiht, dabei auch nicht verschmäht, solche Citate aufzunehmen, welche mit Justinus in Uebereinstimmung stehen, also nicht unmittel– bar als aus Trogus entlehnt angesehn zu werden brauchen, ein zur Ansammlung des ganzen Materials für Trogus und Justinus zugleich dankenswerthes Verfahren. Zu letztern gehören die Fragmente 9. 12. 17 *). 18. 19. 23. 26. 27. 28. 34 (aus Just. XXXVII, 2, nicht XXVII, 2). Diesen Reliquien hat der Hr. Hg. zugleich nach demselben Princip der Anordnung alle diejenigen den Trogus betreffenden Citate aus andern Schriftstellern beigefügt, welche entweder bereits von den Hgg. des Justinus namhaft gemacht worden, oder bisher noch keine Berücksichtigung gefunden, so dafs wir jetzt eine relativ vollständige Sammlung aller Fragmente des Trogus erhalten haben, welcher wir, aufser einem einer andern Schrift des Trogus angehörigen (worüber unten), nur ein einziges, und zwar aus dem einzigen Worte vectes bestehendes hinzuzufügen vermögen, wegen des masculinischen Gebrauchs er

*) Wenn bei Vincentius das zweite apud fehlt, so dürfte dies wohl als eine nicht zu verschmähende Variante angesehen werden, indem es zur Vervollständigung des Parallelismus leicht von einem Abschreiber hinzugefügt sein könnte. Insultare aliquem sagt Justinus auch XLII, 4, 8.

wähnt von dem Auctor de generibus nominum p. 59 ed. Otto, früher schon von Haupt zu Ovids Halieutica herausgegeben. Die Gesammtzahl der vom Hrn. Hg. aufgeführten Fragmente beträgt 53, von welchen aber 3 sedis incertae sind, 8 der Schrift des Trogus de animalibus angehören.

Kommen wir nun auf die Hauptfrage zurück, so mufs zuerst der Eifer und die Ausdauer, welche auf die Aufsuchung der Fragmente verwendet worden ist, ebenso sehr als die fleifsige und gelehrte Behandlung derselben rühmlichst anerkannt werden. Man wird diesen Bemühungen um so gröfsere Gerechtigkeit widerfahren zu lafsen geneigt sein, als das daraus gewonnene Resultat im Betreff einer ehemals in Polen (ob noch, bleibt zweifelhaft) vorhanden gewesenen Hs. des Trogus oder doch einzelner Ueberreste einer solchen als erwiesen zugestanden werden mufs, und wir nehmen die daraus jetzt gebotene Ausbeute dankbar an, wenn sich auch der Umfang derselben bei schärferer Untersuchung jedes einzelnen Fragments vermindern sollte. Denn wenn auch der Hr. Hg. bei der Aufnahme der einzelnen Fragmente es an kritischer Vorsicht nicht hat fehlen lafsen, so dürfte demselben doch der nur zu sehr zu entschuldigende Eifer für seine Entdeckungen die Augen hie und da getrübt haben, wodurch übrigens dem verdienstlichen der Arbeit nichts entzogen wird, da unter den hervorgezogenen Fragmenten sich immerhin mehrere und zwar bedeutendere finden, welche theils mit Sicherheit, theils mit grofser Wahrscheinlichkeit dem Trogus zugesprochen werden. Zur Rechtfertigung dieses Urtheils glauben wir bei der relativen Verschiedenheit der jedem der angerufenen Gewährsmänner zukommenden Glaubwürdigkeit am besten den Weg einzuschlagen, dafs wir in folgendem die einzelnen Fragmente aufser der Reihe nach ihrer Herkunft zusammengestellt einer Beurtheilung unterwerfen, welche nach der Sachlage sich freilich von subjectiven Ansichten nicht ganz frei halten kann.

Für ein unzweifelhaftes Beispiel von Täuschung, welche der Hr. Hg. an sich erfahren, hält Ref. gleich das erste aus der Chronik des Vincentius, mit welcher wir den Anfang machen, entlehnte und dem Trogus vindicierte Fragment, welches trotz seines bis auf den Schlufssatz (wo das unclassische principandi mafsgebend wird) antiken Colorits und man kann sagen bis auf einen Punkt classischen Stils doch nur als eine Bearbeitung der betreffenden Stelle beim Epitomator angesehn werden kann, was eine Zusammenstellung beider Texte augenfällig machen wird.

Vincentius.

Justinus I, 3. *)

Vir muliere corruptior Postremus apud eos regnavit SardaSardanapalus. Hunc nam- napallus, vir muliere corruptior. que Arbactus, praefectus Ad hunc videndum, quod nemini ante eum eius, permissum fuerat, praefectus ipsius, Medis

*) Wir theilen die Stelle nach der vortrefflichen Senkenbergschen Hs. mit allen ihren Schreibfehlern mit.

praepositus, nomine Arbactus, cum admitti magna ambicione aegre obtinuisset: cum inter scortorum gre- invenit eum inter scortorum greges ges, muliebri habitu et purpuras colo nentem, et muliebri habitu, lascivia, cum mollicia corporis et oculorum lascivia pensa virginibus vidisset omnes feminas anteiret, pensa inter dispensantem:

virgines parcientem. Quibus visis, in dignatus tali feminae tantum virorum subiectum tractantesque *), ferrum et arma habentes parere; progressus ad socios, quid indignum esse, inquit, vi- viderit refert: negat se ei **) parere ros ei parere, qui se fe- posse, qui se feminam malit esse minam esse malit quam quam virum. Fit igitur coniuravirum. Ergo a suis ei bel- tio: bellum Sardanapallo infertur; lum infertur, quo ille audito, non ut vir, regnum defensurus, sed, ut metu mortis mulieres solent, primo latebras circumspicit: mox deinde cum paucis et incompositis in bellum proqui victus, extructa py- greditur. Victus in regiam serecera, et se et divitias suas pit, ubi extructa incensa que pyra, in incendium mittit, hoc et se et divitias suas in incendium solo imitatus virum. Ar- mittit, hoc solo imitatus vir u m. bactus vero imperio poti- Post hunc rex constituitur interfector eius tur: laude potius quam Arbactus, qui praefectus Medorum fuerat. vituperio dignior, qui non Is imperium ab Assyriis ad Medos transprincipandi appetiit po- fert.

testatem; sed miseranti

bus humeris potentius suf

fulsit.

Wie kann man glauben, dafs ein Epitomator einen so körnigen und gedrungenen Text in dieser Weise auseinander ziehen, ja geradezu verwässern werde? Dagegen geben wir den p. 51 entwickelten Gründen nach, um die Vermuthung gerechtfertigt zu finden, dafs das längere, aus derselben Quelle entlehnte Fr. 3 wirklich dem Trogus entnommen sei. Es betrifft die Königin der Skythen (sonst nach Herodot u. a. der Massageten) Tomyris ***), und was hier erzählt wird, enthält bisher völlig neue Thatsachen.

Dieselbe Täuschung des Hrn. Hg. nehmen wir bei Fr. 7 wahr, wo die verbale Benutzung des Just. II, 5 noch augenscheinlicher ist. Die Schlufsworte des Vincentius: ut hos vel illas nec poena dissimiles nec dispares fecerit sceleris immanitas, auf welche der Hr. Hg. das Hauptgewicht legt, und wovon bei Justinus allerdings keine Spur ge

*) lanam läfst die Hs. zur Unzeit weg.

**) So von zweiter Hand statt et.

***) In der Giefsener Hs. des Justin immer Tamyris.

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