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Und dann legt' er froh sich nieder,
Schlief getröstet ein,

Still sich freuend, wenn es wieder

Morgen würde sein.

Und so sas er viele Tage,

Sas viel Jahre lang,

Harrend ohne Schmerz und Klage,

Bis das Fenster klang.

Bis die Liebliche sich zeigte,

Bis das theure Bild

Sich ins Thal herunter neigte,

Ruhig engelmild.

Und so sas er, eine Leiche,

Eines Morgens da,

Nach dem Fenster noch das bleiche

Stille Antliz sah.

J

WÜRDE DER FRAUEN.

Ehret die Frauen! Sie flechten und weben
Himmlische Rosen ins irdische Leben,
Flechten der Liebe beglückendes Band,
Und in der Grazie züchtigem Schleier,
Nähren sie wachsam das ewige Feuer
Schöner Gefühle mit heiliger Hand.
Ewig aus der Wahrheit Schranken
Schweift des Mannes wilde Kraft,
Unstät treiben die Gedanken
Auf dem Meer der Leidenschaft.

Gierig greift. er in die Ferne,
Nimmer wird sein Herz gestillt,
Rastlos durch entleg'ne Sterne
Jagt er seines Traumes Bild.

Aber mit zauberisch fesselndem Blicke
Winken die Frauen den Flüchtling zurücke,
Warnend zurück in der Gegenwart Spur.
In der Mutter bescheidener Hütte
Sind sie geblieben mit schamhafter Sitte,
Treue Töchter der frommen Natur.

Feindlich ist des Mannes Streben,
Mit zermalmender Gewalt

Geht der wilde durch das Leben,
Ohne Rast und Aufenthalt.
Was er schuf, zerstört er wieder,
Nimmer ruht der Wünsche Streit,
Nimmer, wie das Haupt der Hyder
Ewig fällt und sich erneut.

Aber, zufrieden mit stillerem Ruhme,

Brechen die Frauen des Augenblicks Blume,
Nähren sie sorgsam mit liebendem Fleis,
Freier in ihrem gebundenen Wirken,
Reicher als er in des Wissens Bezirken
Und in der Dichtung unendlichem Kreis.

Streng und stolz sich selbst genügend,
Kennt des Mannes kalte Brust,
Herzlich an ein Herz sich schmiegend,
Nicht der Liebe Götterlust,

Kennet nicht den Tausch der Seelen,
Nicht in Thränen schmilzt er hin,
Selbst des Lebens Kämpfe stählen
Härter seinen harten Sinn.

Aber, wie leise vom Zephyr erschüttert
Schnell die äolische Harfe erzittert,

Also die fühlende Seele der Frau.

Zärtlich geängstigt vom Bilde der Qualen, Wallet der liebende Busen, es strahlen Perlend die Augen von himmlischem Thau.

In der Männer Herschgebiete

Gilt der Stärke trotzig Recht,

Mit dem Schwert beweist der Scythe
Und der Perser wird zum Knecht.

Es befehden sich im Grimme
Die Begierden wild und roh,
Und der Eris rauhe Stimme
Waltet wo die Charis floh.

Aber mit sanft überredender Bitte

Führen die Frauen den Scepter der Sitte,. Löschen die Zwietracht, die tobend entglüht, Lehren die Kräfte, die feindlich sich hassen, Sich in der lieblichsten Form zu umfassen, Und vereinen was ewig sich flieht. X

RATHSEL.

KENNST du das Bild auf zartem Grunde,
Es giebt sich selber Licht und Glanz,
Ein and'res ists zu jeder Stunde,

Und immer ist es frisch und ganz.

Im engsten Raum ists ausgeführet,
Der kleinste Rahmen fasst es ein,
Doch alle Gröse die dich rühret,

Kennst du durch dieses Bild allein.

DAS DISTICHON.

Iм Hexameter steigt des Springquells flüssige Säule, Im Pentameter drauf fällt sie melodisch herab.

QUELLE DER VERJÜNGUNG.

GLAUBT mir, es ist kein Mährchen, die Quelle der Ju

gend, sie rinnet

Wirklich und immer. Ihr fragt, wo?

In der dich

tenden Kunst.

DAS KIND IN DER WIEGE.

GLUCKLICHER Saugling! Dir ist ein unendlicher Raum noch die Wiege,

Werde Mann, und dir wird eng die unendliche Welt.

Erwartung und erfüllung.

In den Ocean schifft mit tausend Masten der Jüngling, Still, auf gerettetem Boot treibt in den Hafen der Greis.

WEIBLICHES URTHEIL.

MÄNNER richten nach Gründen; des Weibes Urtheil ist seine

Liebe; wo es nicht liebt, hat schon gerichtet das Weib.

DAS HÖCHSTE.

SUCHST du das Höchste, das Gröste? Die Pflanze kann es dich lehren.

Was sie willenlos ist, sei du es wollend-das ists!

BILDER AUS DER ALPENWELT.

(Wilhelm Tell, 1. Aufzug. Gegend am Vierwaldstädter See,
Schwytz gegenüber.)

FISCHERKNABE singt im Kahn.

(Melodie des Kuhreihens.)

Es lächelt der See, er ladet zum Bade,

Der Knabe schlief ein am grünen Gestade,
Da hört er ein Klingen

Wie Flöten so süs,
Wie Stimmen der Engel

Im Paradies,

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