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aber gerade dieser inhalt und mit diesen Worten ausgefallen sei, wird sich nie erweisen lassen, und selbst der geistreichsten derartigen ergänzung wird man irgend eine beweiskraft nicht beilegen können, auch hierfür ein beispiel, jedoch mit der ausdrücklichen bemerkung, dasz es mir überall nicht sowol auf die sache als vielmehr auf die méthode ankommt, dasz die stelle Paus. 5, 24, 1 lückenhaft ist, hat man schon lange erkannt, und die handschriften geben durch ihre lesart die gewisheit, dasz die lücke gröszer ist als man früher annahm, eine nicht glückliche conjectur des AmasSus hatte darin den Ageladas untergebracht; da dieser aber nicht aus Sikyon war, was der text hat, sondern aus Argos, so gieng man weiter und griff zu einem auskunftsmittel, welches doch bald als abgenutzt bei seile gelegt werden sollte: man nahm zwei Ageladas an, den einen aus Sikyon, den andern aus Argos, da dies keinen beifall finden konnte, suchte man nach einem andern künstler, und zwar gleich einen Sikyonier, und da bot sich fast von selbst Kanachos. wäre dies der einzige uns bekannte künstler aus dieser Stadt, so würde man kaum etwas gegen ihn einwenden können; so aber bleibt es bei einer bloszen möglichkeit. keinenfails füllt aber der name die lücke aus. es ist also weiter vorgeschlagen: [Kaváxur то b' еттгграцца avá9r)|ua] GeccaXuJV œr|Civ eîvoi, mit dem bemerken, Kai sei aus Kotváxw verdorben, wie dies Verderbnis entstanden sein soll, wird nicht genauer angegeben; ebenso wenig wie man sich den ausfall der eingeklammerten worte erklaren soll, auch wir hatten in SW. den versuch gemacht die lücke auszufüllen, wir nahmen an, Kot habe am ende einer zeile gestanden und die folgende zeile sei ausgefallen; zur ausfüllung der lücke war nun ohngefähr die zahl von buchstaben erforderlich, welche nach meiner berechnung zu einer zeile der urhandschrift gehörte, darauf beruhte unsere ausfüllung, ein spiel der phantasie, wie so viele andere, bemerkt mag noch werden, dasz Pausanias oft sagt то етптрацца tx€l- brçXoî, crmctivei. Xtfei. nie aber, soweit ich mich erinnere, rorjci; wol aber gebraucht er dies, wenn die statue, wie 6, 17, 6, redend im epigramm eingeführt wird.

Es folgt nun zum schlusz die hauptsächlichste aufgäbe der krilik, die prüfung der Zeugnisse. Overbeck führt diese der reihe nach auf, gute und schlechte, wie sie sich bieten, und seinem plane nach durfte er nicht anders verfahren, wer aber gebrauch macht von dem buche bei irgend einer Untersuchung, hat die unabwcisliche pflicht unbefangen und streng die tüchtigkeit der einzelnen zeugen zu prüfen und danach einem jeden den ihm gebührenden platz anzuweisen; die wirklich beweisenden müssen voranstehen, eine ganze reihe untauglicher kann geradezu ausgewiesen werden, diese prüfung ist allerdings nicht leicht, und namentlich die Währung der Unbefangenheit eine forderung, welche öfter gestellt als befolgt wird, wer vom uichtwissen ausgehend je nach dem ergebnis der Zeugenaussagen sich erst seine Überzeugung bilden will, dat für seine Unbefangenheit die leichtere, zuverlässigere aufgäbe; wer hagegen mit einer a priori schon fertigen oder nur vorbereiteten ansieht herantritt, der müsle eine seltene selbstbeherschung haben, wenn er nicht die Zeugnisse für die tüchtigen halten sollte, welche eben seinem system am günstigsten sind, die entgegenstehenden finden alsdann nur zu oft gar keine beachlung; sie sind untüchtig aus irgend einem, oder auch aus gar keinem gründe, glücklicherweise bewegt sich die eigentliche archäologie auf leidlich festem boden, den Zeugnissen der litteratur und der monumente, und die Versuchung sich zu versteigen ist nicht eben naheliegend, wenn man etwa von einer gewissen feinfühligkeit absieht und dem sich überall geltend machenden wünsche auch das zu wissen, was uns zu wissen versagt ist. dagegen gibt es in einem benachbarten gebiete eine richtung, in welcher die ernste, vielleicht trockene kritik durch ein verfahren ersetzt wird, welches man gern als geistreiche combination preisen lSszt. hier kommt es auf prflfung der zeugen und ihres werlhes gar nicht an. handelt es sich auch um die ältesten Vorstellungen und anschauungen des griechischen Volkes, so fragt man nicht etwa die ältesten, lauteren quellen, nein, man nimt ein stellchen aus einem scholiasten, andere aus Silius Italicus, aus Ovidius, Servius zu Vergilius, Hesychios, aus einem kirchenvater, einem christlichen Byzantiner usw. bunt durcheinander, legt sich dieselben hübsch zurecht, stutzt sie vielleicht auch erst zweckgerecht zu, und fügt sie nun in das system ein. es mag daraus ein ganz hübscher bau entstehen, er wird gepriesen, bewundert, nachgeahmt von den gläubigen; seine grundlagen aber sind morsch: er gleicht einem kaleidoskopischen bilde, welches nur so lange bestand hat, als es unangerührt bleibt; wird daran gerüttelt, so fällt es zusammen, und aus denselben steinchen entsteht ein anderes bild und so fort, bis eine feste grundlage geschaffen wird, möge bald ein Lobeck aufstehen!

Die ernste Wissenschaft beruht auf prüfung: ob sie ein vollständiges, ein glänzendes bild herzustellen im stände ist, braucht sie nicht zu kümmern; ihre würde besteht darin, dasz das von ihr errungene, wenn auch lückenhaft, doch wahr sei, und zuletzt beruhigt sie sich mit der erkenntnis, dasz man eben so manches nicht wissen könne.

Für die griechische künstlergeschichte haben wir zwei hauptquellen, den Pausanias und den Plinius; alles übrige sind nur zerstreute notizen von sehr verschiedenem werthe. die Wichtigkeit des Pausanias tritt beim bloszen durchblättern des vorliegenden buches auf das deutlichste hervor, und man darf wol sagen, dasz ohne ihn eine griechische künstlergeschichte nicht möglich wäre, seine glaubwürdigkeit beruht wesentlich darauf dasz er, wenn auch dilettant, doch überall als augenzeuge spricht und mit kunslgeübtem sinne beobachtet; daneben befragte er die kunstgeschichten, die inschriften, die exegelenlitteratur; seine Wahrheitsliebe zu bezweifeln ist nirgends ein grund vorhanden, wir werden also alle seine angaben, insoweit sie gesehenes betreffen, so lange für wahr halten müssen, bis durch überwiegende gründe dargelhan ist dasz er geirrt habe, daraus folgt aber weder für ihn noch für irgend einen Schriftsteller, dasz man jede seiner notizen zu weiteren folgerungen benutzen dürfe, ein beispiel mag wieder die sache erläutern, bekannt ist der streit über die hypälhrale eigenschaft der teropel, namentlich des olympischen Zeus, von diesem geht nun die legende, Pheidias habe nach Vollendung des

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