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Es ist augenfällig und von keinem erklärer bezweifelt, dasz sich die in frage stehenden worte auf eine vorhergehende stelle 189" zurückbeziehen, die so lautet: CQ. örav oüv ToÜ9' h duávouá tou dpé, oö kai óvá (kn aürñv frot äupórepa f töérepov davoeic6au; OE. áväskn uèv oöv. CQ. Äro äua re f év uépel; GE. käAActa. diese worte hat D. H. Hoenebeek Hissink in seinen "animadversiones criticae in Platonis aliquot locos" (Deventer 1845) s. 71 so interpretiert, dasz sich ihm eine dreifache möglichkeit zu ergeben schien das eine für das andere zu setzen und so die vorstellungen zu verwechseln (äAModoEeiv). man könne beide vorstellungen zugleich haben oder abwechselnd die eine nach der andern oder auch éine allein. das letztere ist durchaus zu bestreiten. Sokrates hatte unmittelbar vor der angeführten stelle in übereinstimmung mit Theätetos die verwechslung der vorstellungen so definiert: écriv äpa (sc. Tö äAModoZeiv) korà rñv civ dóEav Erepóv Tu übc Erepov koi uñ übc ékeivo rs davoiq tiBec6a. sie tritt demnach ein, wenn jemand etwas für etwas anderes hält, als es ist. bei diesem vorgange werden mit notwendigkeit zwei dinge vorausgesetzt, und deshalb sind bei der vorstellungsverwechslung nur zwei fälle möglich: entweder man stellt sich beides zusammen (das heiszt ja äupórepa oder äuqpu, das man 190° liest) oder das éine von beidem vor (röérepov ist hier wie 190° tö ßfua Trepi Toü érépou und 190“ oür’ äp” äuqórepo oüre Töérepov došáZovr indefinites pronomen). stellt man sich beides zusammen vor, so kann das nur äuo, gleichzeitig, geschehen; stellt man sich das éine von beidem vor, so kann es nur év uépen, abwechselnd, geschehen. dies kann allein der sinn der eben angeführten stelle sein, die Hoenebeek Hissink insofern misverstanden hat, als er annahm, der zusatz frot äua re f év uépen beziehe sich nur auf äupórepa, und als er die indefinite bedeutung von Töérepov verkannte.

Gänzlich im unklaren aber war Campbell über diese worte, der unbegreiflicherweise zu der annahme gelangte, sie möchten die folgende vorerörterung über den denkprocess einleiten. er bemerkt: "perhaps they are meant to introduce the analysis of thinking, in which things are present to the mind at first successively, afterwards in one view.’ allein Platon thut der successiven entstehung der begriffe im geiste und der darauf erfolgenden zusammenfassung derselben an unserer stelle mit keinem worte erwähnung. es bleibt also nur übrig die worte fron äuo re f év uépel als eine in der form einer rhetorischen frage gegebene, erläuternde zusätzliche bemerkung zum vorhergehenden aufzufassen, die dem Theätetos sehr wol in dem masze einleuchten kann, dasz sie ihm den ausruf abnötigt: käAAicra. auch hieran wird also nichts zu ändern sein und Ph. W. van Heusdes ansprechende conjectur kai uáAucra musz als unnötig erscheinen.

Aber noch eins macht Hoenebeek Hissink für seine annahme einer dritten möglichkeit der vorstellungsverwechslung geltend, das berücksichtigung verdient. er findet nemlich, dasz 190“ in der that jene annahme widerlegt werde, dasz eine vorstellung allein eine verwechslung

Jahrbücher für class. philol. 1868 hft. 1. 3

zulasse, es heiszt da: CQ. àXXà u.f|v то êrepov те MÓvov boSáZujv, то bè êrepov цг)Ьацг), оиЬетготе boEácei то éTepov éTepov eîvat. 6€. àkï]Qr\ Xéreic- avatKáCotxo тар öv етатстесбси кол ou цц Ъо~ íuLu. allein schon die einleitenden partikeln ¿ХХа ui]V, ai vero, weisen darauf hin, dasz Piaton mit diesem satze etwas neues an das vorhergehende gegensätzlich anknüpfen wollte, offenbar verwahrt er sich durch denselben nur noch dagegen, dasz nicht jemand die meinung vorbringe, als könne man ein ding allein verwechseln, eine meinung die allerdings, wenn sie begründet wäre, der Vollständigkeit seiner bevveisfübrung abbrach thun würde.

Durch die erklärung der stelle 189de haben wir uns den weg zum richtigen Verständnis der worte gebahnt, auf die es uns hier hauptsächlich ankommt, nachdem Piaton den begriff der vorstellungsverwechslung definiert und die beiden möglichen falle derselben hingestellt hat, gibt er in strenger folge der gedanken die Widerlegung, er geht von dem begriffe des boZáZeiV aus und zeigt, dasz nur in dem falle von einer Vorstellung die rede sein könne, wenn der geist über den gegenständ derselben mit sich einig geworden sei und nun in seinen aussagen über ihn sich gleich bleibe, nach dieser definition musz es allerdings als unmöglich erscheinen eins für das andere zu halten, nun kommt Piaton auf die beiden möglichen fälle der vorstellungsverwechslung zurück und erklärt zunächst ausdrücklich, dasz kein mensch zwei Vorstellungen zugleich haben und von ihnen sagen kann, die eine sei die andere, mit dem begriffe der zweiheit ist ja der begriff der Verschiedenheit gegeben, und was man als verschieden erkennt, kann man nicht verwechseln.

Nun sollte man erwarten, dasz Piaton auf den zweiten möglichen fall der vorstellungsverwechslung komme, wonach man auf einander folgende Vorstellungen mit einander verwechselt, hierüber sich ausführlich zu äuszern weist er offenbar ab, indem er von Theätetos erwartet, dasz er nach dem bisher erörterten wol davon abstehen werde diesen fall noch besonders bebandelt zu sehen, sehen wir uns nun diese stelle in der ausführlichkeit an, wie sie auf grund der besten hss. in der Hermannschen ausgäbe vorliegt. Deuschle übersetzt sie so: 'du muszt aber von dem ausdruck in der reihenfolge nach einander absehen (wobei код ganz unberücksichtigt geblieben ist), da die ausdrücke eins und das andere für einander gebraucht und so identisch werden' (t<xûtov ècTiV?). zu dieser Übersetzung gibt Deuschle noch die erklärung: rd. h. was ich eben eins nannte, heiszt in einer anderen beziehung aufgefaszl anderes und umgekehrt.' das würde wol heiszen, um es nochmals und zwar an einem von Piaton selbst gebrauchten beispiele zu erläutern, dasz es in rücksicht auf vorstellungsverwechslungen ganz indifferent ist, ob ich ein pferd für ein rind halte oder ein rind für ein pferd. eine bestätigung dieser auffassung könnte man, worauf Campbell aufmerksam gemacht hat, darin finden, dasz Piaton unmittelbar nach jener stelle so fortfährt: \éfu) faß ctÙTÔ Tribe, Mnbéva bogáZeiv шс та aîcxpôv xaXôv ?| âXXo Ti Tújv Toioútujv, während es kurz vorher 190ь umgekehrt hiesz: ÔTi TtcivtÔc uüXXov то Tot Koxôv edexpóv èenv. allein es ist noch sehr die frage, ob diese Verschiedenheit im beispiel eine beabsichtigte oder zufallige ist: denn gerade im gebrauch von beispielen liebt Piaton die grusle manigfailigkeit, wahrt er sich die gröste Freiheit.

Wenn aber hier zunächst zugegeben werden mag, dasz Deuschle die worte im allgemeinen richtig übersetzt und erklärt hat, so ist damit freilich noch nicht die frage erledigt, ob Piaton wirklich in diesem zusammenhange so etwas sagen konnte und oh es in seine ganze argumentation passt. wie? braucht der fall, dasz zwei Vorstellungen, die auf einander folgen, verwechselt werden könnten, deshalb gar nicht besonders behandelt zu werden, weil die ausdrücke das eine (eTcpov) und das andere (¿repov) identisch sind, weil es indifferent ist, ob ich unter dem einen ётероу dieses, unter dem andern exepov jenes oder umgekehrt verstehe? sicherlich nicht, vielmehr scheint der beweis dafür, dasz zwei auf einander folgende Vorstellungen nicht verwechselt werden können, schon im vorhergehenden zu liegen, wenn gezeigt ist, dasz schon der begriff der Vorstellung die möglichkeit der Verwechslung derselben ausschlieszt, wenn gezeigt ist, dasz man gleichzeitige Vorstellungen nicht verwechseln kann, so ergibt sich daraus mit leichtigkeit, dasz dies auch bei zwei auf einander folgenden nicht der fall sein kann, mithin kann Piaton diesen punct ganz fallen lassen, dies druckt er denn auch in dem folgenden salze aus: Хетш ïàp aura Tfjbe, pijbéva boiáZtw iL с то aicxpôv KCtAôv f\ âXXo n Tújv Toioútujv, womit doch offenbar nur gesagt sein soll, dasz man zwei verschiedene dinge überhaupt nicht verwechseln oder identifizieren kann.

Ist auf diese weise dargethan, dasz der sinn der worte eireibf) . . Tuutóv ¿CTiv ein an dieser stelle durchaus unzulässiger ist, so ergeben sich weitere bedenken aus der hetrachtung des einzelnen, es heiszt nach Hermann: èaiéov bè Kcù coi то pfjfia ¿irl Tújv ¿v jtépei. was hat man unter та év Ц€р€1 zu verstehen? mit rücksicht auf die stelle 189е und auf das was hier unmittelbar vorhergeht kann man nur annehmen, dasz diese worte den gegensatz zu «цфотера bilden, allein dem ацфотера war oben то ?T€pOV entgegengesetzt, èv népet aber diente nur zur erklärung des &repov boSóEetv. wäre es nun nicht seltsam, wenn Piaton den zweiten fall der Torstellungsverwechslung nach diesem accidens hier bezeichnen wollte und noch dazu ohne dasz das entsprechende аца sich in der nähe vorfände? Hoenebeek Ilissink hat dies richtig gefühlt und deshalb vorgesehlagen аца vor ацфотера einzuschalten, ferner heiszt es: то рпца èiti Tújv èv p.épei, ¿ттеЛг) та (эг)ца é'Tepov тш етёрш ката рпца Tovtóv ¿ctiv. man wird zugeben müssen, dasz sich hier eine gewisse unbeholfene und zwecklose fülle des ausdrucke vorfindet. das wort pniua steht zweimal im nebensatze und gleich vorher im hauptsalze; auf jeden fall würde der satz sehr gewinnen, wenn das рт]ца vor CTepov fehlte, endlich kann Hermann die auf jenen zusatz folgenden worte Ttepi той етерои natürlich nicht brauchen, indem er sie ausstöszt, handelt er consequenter als Stallbaum, der sie beibehalten möchte; denn offenbar kann mit ihnen nichts anderes bezeichnet sein, als was in dem ausdruck ¿ni Tújv ¿v /uépet liegt.

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