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zuweisen hat. der überall klar und lustig hervorsprudelnde witz ist viel zu plastisch und drastisch, als dasz er nicht echt antik sein müste. mit welch gesundem humor, der gar sehr gegen die dürftigkeit mittelalterlicher oder spätlateinischer machwerke absticht, heiszt es z. b. von den anpreisungen der Baucis zu gunsten der Glycerium v. 15 ff.: hanc probat, hanc cuiuis spondet, dat dantibus huius | primos concubitus uirgineumque decus: huic primos, illi primos, quid plura referrem? tot spondet primos, quot sibi dona ferunt. ferner knüpft sich an der Baucis notbehelf, die Glycerium unter verschiedenen namen auftreten zu lassen, um so den betrug zu verdecken, gar köstlich die trockene bemerkung v. 21 ff.: cum libuit, dat Glicerium: cum uult, Philomenam. nominis haec nouitas munera multiplicat. | certat enim iuuenum coetus, quis qua potiatur: | Glicerium petit hic, huic Philomena placet. quam petit, hanc non uult: tantum uiget error amore; | in tantum fallit nominis umbra uiros. von welch prächtiger wirkung sind die kurzen, knappen worte, mit denen Thraso geschildert wird v. 29 f.: cui gloria potus, cui Venter deus est, cui Venus apta comes. den in der komödie beliebten, wie es heiszt von Epicharmos erfundenen kettensatz, den AóToc aüEavóuevoc (Athenäos II 36°): A. nach dem schmausen kam das trinken. B. ganz vortrefflich, wie mir scheint. A. nach dem trinken folgte spötteln, auf das spötteln ward man roh, auf die rohheit setzt es prügel, dann process und richterspruch, nach dem richterspruch am ende ketten, fuszblock, sühnegeld – finden wir auch hier v. 45 ff.: dormit nec eam licet euigilare. | est mollis: mollem somnia longa fouent. si nimium uigilet, aegrotat; si male stertit, languet; sifriget, febricitare timet usw. so noch viele andere stellen. mit unnachahmlicher komik ist vor allem die scene geschildert, wo Byrria nach langem schwanken werfen oder nicht werfen, das ist die frage” dem Thraso etwas menschliches begegnen läszt v. 223 ff. mit urwüchsiger heiterkeit malt der dichter die wirkung v. 245 f.: admirans pluuiam pallam, ne deterioret, vertit. quid plura? luditur hic et ita. man lese ferner die stelle, wo Glycerium so unschuldig thut und mit ihren in jungfräulicher scham hervorgestoszenen worten doch gar viel, nur zu viel verräth v. 275 f.: non noui, quid amor, quid amoris sentiat ictum. | officium Veneris horreo, siste preces, und v. 278 quaere peregrinas, quas tuus ardor agat. freilich Thraso hat ein dickes sell und kann das wol vertragen, ohne den widerspruch herauszufühlen. Und wieder die effectvolle malerei von Thrasos augenblicklicher hasenfüszigkeit, nachdem die erste attake so gänzlich mislungen, v. 279 ff.: Thraso spe uacuus animo simul euacuatur dissimulans hominem: mortis imago sedet. |iam uisam uidisse pudet, iam nollet amasse. und dem entsprechend die heuchlerische zuvorkommenheit und verstellte bonhommie der kupplerin in v. 290 ff. mit guter komik wird endlich die gemütliche aufzählung (v. 300 quae uobis breuiter enumerare libet) der zur herstellung der jungfräulichkeit notwendigen substanzen abge

schlössen mit dem vers 321 hit ibi confectis facit ex merelrice puellam, wo man ja nicht etwa ein cotteclis vermuten darf: alles das niusz vorher zusammen verarbeitet werden, ehe die gewünschte Wirkung erzielt werden kann.

Dasz dem Verfasser des gedichts noch unmittelbar eine komödie vorlag (wol von Plautus), zeigt der umstand dasz die namen der handelnden personen überall am rande verzeichnet sind (roth), wo sie handelnd oder redend auftreten; bezeichnend ist das zu v. 53 beigeschriebene auetor. zu v. 305 war Traso am rande vergessen worden, auch dasi statt einer Überschrift die in dem stück vorkommenden personen der reihe nach aufgezählt werden, ist für die lösung dieser frage nicht ohne belang.

Wir haben bisher gesehen, dasz der Stoff ein antiker und einer altrömischen nachbildung einer neuattischen komödie entlehnt ist. anders freilich gestaltet sich die frage, wenn wir auf die gegenwärtige form dieses Stoffes unser augenmerk richten, da dürfen wir kaum über die letzten zeilen der lateinischen litleratur (4s bis 6s Jahrhundert) zurückgehen, dies zeigt schon der vielfache verstosz gegen den richtigen gebrauch des reflexivums, das sehr häufig statt des geforderten demonstrative steht, wie v. 11. 18. 40. 62. 70. 86. 101. 108. (123.) 269. 297. 303.

Ferner bietet der Sprachgebrauch manche eigentümlichkeiten der späteren zeit dar. wenngleich v. 176 dissicio von dissecare gut gebildet ist (vgl. internicio internecare) und recht viel gute echte latinismen sich finden, wie v. 11 sua lumina vou der Glycerium; v. 27 dum uerbis iuuenes pas с it, dum spent dat i nan em, vgl. Verg. Aen. 1464; v. 31 murmura rodit, vgl. Persius 3, 81 murmura cum secum et rabiosa silentia rodunt; v. 30 Venus apta comes; v. 156 lecta uenena tibi, vgl. v. 321 his sibi confectis; v. 301 emunxi nasum dominiusw., so läszt sich doch nicht leugnen dasz auf spätere zeit hinweisen formen wie v. 7 subtiliat, v. 149 obmutis = obmussas; v. 173 mediante = w inier ponente; v. 245 deteriorel (von Claudianus Mamertus und Symmachus, auch dem gromatiker Frontin gebraucht), v. 315 igniuomam (nie es scheint nur bei Laclantius de resurr. dorn. 3 von der sonne gebraucht) und anderes mehr.

Eigentümlich ist der im späten Latein häufige gebrauch des gerundiums für das partieipium: v. 28 scrutando, v. 58 exiterando, v. 87 contristando, v. 88 meditando, v. 220 indignando, v. 229 tenendo

Auch die sonderbaren elymologien von Dauus = dans uaná v. 189, und Birria = uir derisor v. 221 werden dem Überarbeiter, der die komödie in distichenform gebracht hat, zu überlassen sein, letzteres ist übrigens deshalb wichtig, weil diese art der etymoldgie ein gleichlaulen des b und v voraussetzt: vgl. Corssen ausspräche usw. 1 s. 58 ff.

Zu dem neinlichen résultat führen neben den syntak t ischeu (wie in der Orestis tragoedia hat auch hier die asyndetische satzfolge gegenüber conjunclionaler aneinanderschlieszung die überhand bebalten; man beachte auch die in späterer zeit so sehr beliebte cumulation m v. 309 herbas, ungenta, potus, medicamina, cantus) auch die proso(I i sc hcn Verhältnisse, beispielshalber führe ich an v. 163 Dauüs ait wie Dauüs ut v. 205; 219 Dauo iambisch gebraucht, während sonst immer die erste silbe lang erscheint; Traso bald spondeisch (v. 29. 39. 43. 53 usw.) bald trochäisch (v. 65), gar pyrrichisch v. 84. 183 usw., molossisch in Trasonis oculis v. 83. ferner Verlängerung kurzer endsilben, wie des kurzen a v. 37 uirgo sed uirgä (dagegen wird der ablaliv der ersten nicht verkürzt: denn in v. 111 hos punit poena ist poena nominativ, vgl. v. 112 hos trahit unca manus), v. 309 ungenta; in der pentamelercäsur v. 246. 286- im allgemeinen ist hierfür auch auf den mangel der elisionen aufmerksam zu machen, worüber die schönen beobachtungen Wölffiins im philologus XVII s. 341 zu vergleichen.

Sonst läszt sich nicht in abrede stellen*, dasz eine gewisse gefällige eleganz und schlanke leichtigkeit form wie inhall zur schau tragen, entgegen dem bekannten schwerfälligen schlcppgewand spätlateinischer und mittelalterlicher poésie, zu den beiden bisher bekannten distichischen nachbildungen antiker komödienstoffe, dem Querolus-Aulularia und dem Amphitruo des Vitalis von Blois ist also in dem hier mitgeteilten stück ein würdiges vorbild und damit eine nicht unwichtige ergänzung der römischen komödienlitlcratur gefunden.

Bern. Hebmann Hagen.

ZUSATZ.

Auf den wünsch des herausgebers gestatte ich mir diesem aufsatz einige bemerkungen anzuhängen.

Ohne zweifei wird jeder hm. dr. Hagen für die mitteilung der oben abgedruckten komödie dankbar sein, es ist für den philologen ersprieszlich, ja notwendig, wenn er einen unbefangenen blick in die krilik römischer autoren, heidnischer wie christlicher, haben will, auch die lateinische litteratur des mittelalters, die oft ihren stoff, sehr viel mehr aber noch ihren Sprachschatz jenen Vorbildern entlehnte, in den kreis seiner betrachtungen zu ziehen, ohne solche kenntnis bleibt die innigste Vertrautheit mit den codices antiker denkmäler lückenhaft und ungenügend, wenn wir die interpolations der abschreiber während des elften und zwölften jh. oder leider, wie ich einmal später durch die publicatiou des mir von W. Wagner freundlichst verglichenen codex Elonensis der remedia und der sieben ersten heroiden Ovids zu zeigen gedenke, schon des zehnten und wol auch neunten — wenn wir diese interpolationen richtig würdigen wollen, ist es nötig genau zu wissen, welche autoren der classischen zeiten am meisten gelesen und nachgeahmt wurden, mit welchem glück ferner diese nachahmung durchgeführt worden ist. und da eine geschichte der lateinischen spräche und philologie im millelaller nicht existiert, vielleicht auch noch lange auf sich warten läszt, so müssen wir aus den Schriftstellern dieser epoche uns die wichtigsten data zusammenlesen und comhinieren. für diese erkenntnis, bezüglich für das intéresse das Terenz jenen zeiten cinflöszte, liefert die publication Hagens einen ebenso dankenswerthen wie interessanten beitrag.

Die meinung des verdienstlichen Herausgebers, dasz wir es hier mit einer arbeit des vierten bis sechsten jh. und der nachbildung eines verloren gegangenen antiken originals zu thun hätten, vermag ich freilich nicht zu teilen, und es sei mir gestattet die gründe dafür kurz zu entwickeln, ich will zunächst nicht davon sprechen dasz mir das lob, welches in dem vorhergehenden aufsatz der komödie gespendet wird, allerdings zu reichlich gemessen und teilweise von der sehr erklärlichen Vorliebe für litterarische findelkinder eingegeben zu sein scheint, mich wenigstens bedünkt dasz jenes stück in deutlicher, frischer und verhäJtnismäszig eleganter darstellung sich mit dem Amphitruo des Vitalis Blesensis nicht messen kann, indessen der geschmack ist verschieden: ein jeder möge fühlen wie es ihm beliebt, auch den schon von Hagen bemerkten vers infans qui piger est esse propheta solet, der doch wol in letzter instanz auf Matthäus 13, 54 IT. Marcus 6, 1 ÍT. zurückgeht, will ich hier nicht berühren, mag auch das gedieht einen christlichen Verfasser haben, derselbe könnte ja doch am ende des altertums gelebt haben, nur musí ich dagegen protestieren, dasz Hagen aus der übrigens allerdings nirgend christliche reminiscenzen zeigenden darstellung auf einen heidnischen Verfasser schlieszt. mit demselben rechte könnte man des Vitalis Blesensis Amphitruo (bekanntlich keine paraphrase, sondern eine durchaas freie bearbeitung der in dem Plautinischen stück wie so oft anderweit erzählten fabel), die comoedia Babionis, der gar kein antikes vorbild vorlag (bei Wright early mysteries usw., London 1844, s. 65 ff.), andere ebenfalls in distichen verfaszte lustpiele und eine menge sonstiger gedichle des mittelalters für heidnisch ausgeben, da sie von christlichen anschauungen keine spur, wol aber eine menge anrufungen der göttrr und bezichungen auf heidnische mythologie und historic enthalten, das mittclalter war zwar streng rechtgläubig, aber es verstand eben leben und leben lassen, bei werken, die ihrer ganzen art nach die nachahmung antiker muster bezeugten, die ferner von gelehrten für gelehrte geschrieben waren und in den umbraculis der schule blieben, hätte selbst der strengste inquisitor nichts ketzerisches in solchen harmlosen beschwñrungen der längst verschollenen, wie man damals meinte in der hölle bratenden gutter- und heidenweit des heidentums gefunden.

In bezug auf das sprachliche und prosodisclie hat das meiste schon Hagen vorweg genommen, ich erwähne hier in der eile nur noch den gallicismus evigilare = éveiller in v. 45 und die Verkürzung der drillen in serve nëquam v. 252. übrigens schlieszt auch in der comoedia Babionis ein pentameter (160) mil serve nequam.*) sonst verweile ich bei dem sprachlichen und prosodischen nicht weiter, weil ich gern zugebe

*) ich benutze diese gelegcnbeit, um den umgekehrten prosodischen fehler in der vulgata des Livius Andronicus zu rügen, dort wird Demlieh (bei Kibbeck trag. lat. s. 4 v. 87, bei Mommsen röm. gesch. I4 e. 897) folgendermaszen scandiert: quem ego néfrendem alui Idcleam iatmulgrru opem, ich gehe nicht wie ncfrendU die erste lang haben könnte statt kurz wie nefas, nefandus, nequeo u. a. m.; man musz scandieren: quem egó nefrendem alui Idcleam immulgéns opem.

dasz in dieser hinsieht ein zwingender grund die enlstehung des gedichtes über das fünfte oder sechste jh. herabzudrücken kaum vorliegen dürfte, so sehr auch übrigens die diction und die ganze haltung des Stückes an den Amphitruo und die Aulularia desVitalis Blesensis und ähnliche product« seiner zeit erinnern, alle diese, wie unzählige andere dichtungen des elften und zwölften jh. sind, um dies noch beizufügen, getränkt mit Virgilischen und besonders Ovidischen reminiscenzen, wie denn die fabelhafte Verehrung, die Virgil und kaum in minderem grade Ovid, beide halb zu mythen geworden, in jener zeit'des mittelalters genossen, eine merkwürdige, für die eulturgeschichte bedeutungsvolle, teilweise noch unerforschte erscheinung bietet.

Die gründe aber, weshalb nach meiner ansieht die komödie nicht, wie die tragödie von Orestes, aus dem altert um sein kann, sind metrischer art. es findet sich in dem ganzen gedichte von 324 versen nicht eine einzige elision, nun ist es freilich bereits eine eigenheit der allrömischen poésie, dasz sie je länger je mehr, obwol modificiert je nachdem Ovid oder Virgil mehr zum muster diente, sich der elisionen entwöhnt hat, worüber man de re metr. s. 281—283 nachsehe, am meisten ist dieselbe jedoch immer in hexametern und distichen geblieben, dasz nun ein altrömisches gedieht in diesen metren (ich rede hier natürlich nur von quanlilierenden) im umfange von mehr als 300 versen ohne jede spur einer elision existieren sollte, ist völlig ohne beispiel in der unzweifelhaft echten litteratur. denn wenn prof. Haupt de carminibus bueolicis Calpurnii et Nemesiani (Berlin 1854) s. 3 behauptet, dasz Calpurnius in der vierten, sechsten und siebenten ecloge, in 345 versen, nicht elidiere, so beweist dies zwar nichts für unsern fall, ist aber auch nicht ganz richtig: Haupt hat im vierten gedieht (von 169 versen) zwei elisionen die ganz sicher sind übersehen, z. 40 und 134: ultima visuri irueibusque obnoxia Mauris, securus reeubat placidoque in fonte lavatur. hiernach musz man zugleich die behauptung desselben gelehrten, dasz Calpurnius nie auszerhalb der ersten thesis, resp. der zweiten arsis elidiere, modificieren, worauf schon de re metr. s. 297 hingewiesen worden ist.

Dagegen gab es vom jähre 1000 bis 1300 dutzende, ja hunderte von lateinischen gedichten, die mit bewahrung der quantitäten, abgesehen von bestimmten freiheiten des mittelalters, jede elision vermieden, ohne übrigens deshalb als ersatz dieser beschränkung den hiatus zuzulassen, leider sind meine collectaneen für diese zeit nicht so genau wie für die in dem werk über die dichter des alten Rom behandelten autoren, und ich habe im augenblick nicht musze genug für das sehr tädiose geschäft eine anzahl mittelalterlicher scribenten auf die elisionen hin durchzulesen, deshalb begnüge ich mich mit zwei beispielcn, da man übrigens wol meiner Versicherung auch ohne beweis glauben wird, in dem neuen Avianus von Alexander Neckam (gest. 1227) findet sich innerhalb seiner 134 verse, abgesehen von einer verunglückten conjeetur hrn. Fröhners, keine elision, ebenso wenig in dem von Krilz 1850 herausgegebenen рое

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