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Wieland.

Noch vierzig Tag' entbehrt der Olymp
Sein neues Haupt; noch wandelt

Der Menschenfreund bei seinen Geliebten, und wischt
Den frommen Schmerz aus dem gläubigen Auge,
Aus jedem Gemüth

Des Zweifels Furcht. Wie war dir da.

Wie wuchs dein Herz von stürmenden Freuden,
Wie floß dein Auge von füßer Entzückung,

Maria, da du die Stimme

Des theuren Meisters, die dir rief, vernahmest?
Den du so zärtlich geweint,

Maria, der lebet!

Sieh deinen Gott, sieh deinen Messias
In seiner Klarheit! Siehe den Blick,
Den er vom Kreuz dir gab,

In seinem holden Aug mit Gottheit erhdhet!

Bald sah ihn sein Johannes auch,

Und Petrus, den sein Anblick noch schmelzet,
Ihn siehet mit ihm der Brüder getröstet Schaar.
Mun flårt vor ihrem Geist

Die Schrift der Propheten sich auf.

Sie sehen; jede Seele glühet

Von hoher Begier

Der Wahrheit Herold bei den Völkern zu werden,
Sie scheuen nichts, sie haben Jesum gesehen,

Sie haben die schimmernden Wunden gefühlt.

Deckt euer Angesicht mit Schaam

Ihr Feinde unsers allmächtigen Glaubens!

Hat jemals ein Wahn so göttliche Thaten gezeugt?

Seht eure Leiden an,

Dann låstert die hohe Vernunft,

Und nennt es Unsinn, Gott zu glauben!

Träumt Stephanus noch

Da er, vom Felsen herab, den Himmel

Eröffnet siehet? O, wie sein Angesicht lächelt!
So lächelt der nur, der Jesum erblickt!

So wahr sich Gott der Menschen erbarmt,
So wahr der Tugend Thränen

Ihm theuer sind, so wahr lebt Jesus und herrscht!

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Und lebt' er nicht dann ists erlaubt zu verzagen,
Dann flucht nur dem Seyn,

Ihr Seelen! welch ein Scheusal ist

Der alsdann! Dann schwinden auf ewig
Die goldnen Traum' unsterblicher Scenen!

O dann beneid ich das Schicksal

Des Wurmes der zunächst am Unding schmachtet!—
Hemmet den låsternden Ton

Ihr Feinde der Menschheit.

Ihr untergrabt die Säulen der Tugend

Ihr raubt des Lebens einzigen Werth.
Ach warum wollt ihr, zu spåt,

Am leşten Donner euren König erkennen?

Bei dem, der Sich den Vater nennt,

Er lebt! Ihn sahen die Augen der Jünger;

Sie sahen, da er, fie segnend, nun sichtbar ein Gott,
Sich in sein Reich erhob.

Sie sahen von Ferne das Heer

Der Empyreer ihn empfangen.

Der Siegeston hallt

Von. Welt zu Welt aus ihren goldnen Posaunen

Die Wege find mit himmlischem Frühling bestreut,
Die Schöpfung jauchzt dem Göttlichen nach.

Erstaunt sehn auch die Jünger nach,

Ihr thrånend Ange spaltet die Wolken,

Und glaubt ihn noch lang im Pfade des Aethers zu

sehu.

Dann kehren sie voll Trost,

Den Geist erwartend, zurück.

Stets tonen seines Abschieds Worte

In jeglichem Ohr.

O weint nicht, Kinder, sprach sein göttliches Lächeln,

Ich bin bei euch bis an das Ende der Tage,

Und geh, und nehme den Thron für euch ein.

Heil dir! erwähltes Menschengeschlecht,
Heil dir, du Volk der Christen;

Wieland.

Wieland. Das Reich, das Erb und ewiges Leben ist dein. Dein Mittler herrscht! es neigen sich die Thronen Vor deiner Natur.

Sen kühn zu bitten! Sollte der,

Der dir den Sohn der Liebe gegeben,

Der dich mit neuen Himmeln erwartet,

Sonst etwas Gutes dir weigern ?

Du hast des Königs Wort, es haben's schweigend
Alle Geschaffne gehört:

„Es sollen Gebürge

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Vor mir entfliehn, und Hügel zerschmelzen,

„Es sollen erlöschende Sonnen vergehen,

„Doch niemals soll mein Heil,

„Nie soll mein Bund mit deinen Kindern entweis chen!«

Heil mir, Messias, daß du mich

Zu deines Reiches Bürgern gesellet!

Wie wohl ist uns im Schatten deines Throns!

Du hast den Tod für uns

Zum Engel des Friedens gemacht.

Wir sehen vom Rande des Lebens ruhig

Hinab in den Tod,

Hinab in Tiefen, wo die Helden verzagen,
Wo auch der Weise bebt, wo jeder versinket,
Den sich kein Gott zum Beschüßer erbeut,

Du hast nichts schrecklichs mehr für uns,
Verwesung, Moder der irdischen Bildung!
Mit Freuden umfasst mein Arm den festlichen Sarg.
Hier wird ein sanfter Schlaf

"Auf meinen Gebeinen bald ruhn;

Indem der Geist zu dir, Messias,

Getröstet sich hebt.

Denn bald wird auch den Staub dein göttlicher Ans

hauch

Mit Schöpferstraft nach deinen Bild verklären,

Dann wird dies selige Auge dich sehn.

Mas

Was hdr ich, welch ein mächtiger Klang

Hallt durch die Sphären nieder?

Wie bebt die Welt, wie unterm Fußtritt Gottes

Ich seh, ich seh die zweite Schöpfung entstehen,

Die Todten stehn auf;

Sie sehen voll Wunder um sich her,

Und fühlen schon das ewige Leben.

Setzt schmelzt Entzückung jeglichen Busen,
Jest fließen zärtliche Freuden

Von jeder hellen Wange nieder;
Thränen der Seelen, die sich
Stilljauchzend erkennen;

Entzückung neuerwachender Freundschaft!
Jest nahet sich der göttliche Pomp.
Sieh Gottmensch, deinen Lohn;

Seht euer Heil, ihr Seelen, eilt ihm entgegen!

Wieland.

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Wer kennt nicht folgende Hynine von ihm, und die ihr an edler Begeisterungsfülle ähnlichen beiden Stücke, die Hymne am Schluß des ersten Buchs seiner Oden, und die erste seiner Rhapsodien? Wie edel verschmilzt hier der feuris ge Ton der Bewunderung in die sanftere, aber gleich brüus ftige Sprache der Andacht und des Gebets!

Hynine.

5.89

Groß ist der Herr! Die Himmel ohne Zahl

Sind seine Wohnungen,

Sein Wagen sind die donnernde Gewölk,

Und Bliße sein Gespann.

Die Morgenroth' ist nur ein Widerschein

Bon seines Kleides Saum;

Und gegen seinen Glanz ist alles Licht
Det Sonne, Dämmerung.

Er sieht mit gnådgem Blick von seiner Höh

Zur Erd herab, sie lacht.

Er schilt; es fähret. Feuer von Felsen auf,
Des Erdballs Achse bebt.

Lobt den gewaltigen, den gnådgen Herrn

Ihr Lichter seiner Burg!

Ihr Sonnenheere! flammt zu seinem Ruhm!
Ihr Erden, singt sein Lob!

Erhebet ihn ihr Meere! braust sein Lob!

Ihr Flüsse, rauschet es!

Es neige sich der Zedern hohes Haupt,
Und jeder Wald vor ihm!

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