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von teilen, die sich wegen ihrer roben bearbeitung der ansicht entziehen sollten, die bemalung lediglich zum schmucke, beide aber anthropomorphischen zwecken; wie die menschen, so stellte man auch die götter dar. doch hierüber mögen die archäologen entscheiden. KASSEL. JOH. HEINRICH CHR. SCHUBART.

5.

PHEIDIAS UND ATHENA PARTHENOS.

Die bekannte stelle in Ciceros Tusculanen I § 34 veranlaszt mich gegen die anwendung, welche AMichaelis in dem textbande seines schönen werkes von derselben gemacht hat, einige bedenken zu äuszern. die Athener' sagt er s. 38 'wachten eifersüchtig, dasz der ruhm ihres landsmannes nicht zu grosz würde. seinen namen auf der basis anzubringen, was doch später in Olympia geschehen durfte, erlaubten sie ihm nicht; er muste sich damit begnügen, dasz auf der marmornen inschriftplatte, auf welcher nach athenischer weise Perikles und die übrigen baucommissare über die bauzeit, die kosten, das goldgewicht und dergleichen puncte rechenschaft ablegten, auch des meisters name genannt ward. indessen hatte er wenigstens dadurch für seinen ruhm gesorgt dasz er, wie Rafael in der schule von Athen, seine und Perikles züge zweien Athenern in dem Amazonenkampf des schildreliefs geliehen hatte.' nur éine stelle unter allen zeugnissen, die Michaelis in der einleitung zu tf. XV s. 266 ff. zusammengestellt hat, eben jene bei Cicero, ermöglichte diese darstellung, nach welcher die Athener Pheidias verboten hätten seinen namen an der Athena Parthenos (auf der basis) anzubringen. diese stelle aber gestattet in ihrem ganzen zusammenhange betrachtet doch nicht, wie ich glaube, jene deutung, führt vielmehr zu einer von derselben bedeutend abweichenden auffassung, welche eine anekdote mehr aus der alten kunstgeschichte beseitigt.

Als belege nemlich für die behauptung, dasz omnibus curae sunt et maxumae quidem, quae post mortem futura sint (§ 31), führt Cicero den agricola an, qui arbores serit, und andere classen von menschen, die principes in re publica, die poetae unter ihnen namentlich Ennius. sed quid poetas? opifices post mortem nobilitari volunt. quid enim Phidias sui similem speciem inclusit in clupeo Minervae, cum inscribere non liceret? quid nostri philosophi? nonne in iis libris ipsis, quos scribunt de contemnenda gloria, sua nomina inscribunt? auffallend ist zunächst diese nachricht, wie sie die überlieferung der hss. bietet; man sieht nicht recht ein, warum dem künstler in diesem falle das natürliche recht nicht zugestanden worden sein soll, das er bei dem olympischen Zeus ausübte und das in andern fällen so oft ausgeübt worden ist. ist man aber geneigt nzunehmen, dasz ein solches verbot überhaupt nicht für irgend ne gattung von kunstwerken bestanden hat und schwerlich in

diesem einzelnen falle ausgesprochen worden ist, so liegt es nahe die stelle für verderbt zu halten. dasz sie das aber ist, ergibt der verstosz gegen den sprachgebrauch, den der überlieferte text enthält, und dieses bedenken ist bisher von archäologischer seite nicht hinlänglich beachtet oder geltend gemacht worden. wer hat inscribere ohne object gebraucht, wie es hier steht? denn zb. weder Minervam noch clupeum wird jemand aus dem übergeordneten satze ergänzen wollen oder können, wenn es nun einerseits fest steht dasz in der überlieferung ein sprachlicher fehler vorliegt, und anderseits die nachricht, dasz es Pheidias nicht gestattet worden sei seinen namen (auf der basis) anzubringen, doch wirklich recht befremdend ist, so wird der grammatik und dem zusammenhange ebenso wie dem wirklichen sachverhalte nur genügt durch die verbesserung cum inscribere nomen liceret. dadurch allein: denn schon die bemerkung von Friederichs (Praxiteles und die Niobegruppe s. 12) wies auf die herschende nationale sitte hin, die jetzt GHirschfeld in seinem sorgfältigen buche "tituli statuariorum sculptorumque Graecorum' (Berlin 1871) in capitel IV s. 54 ff. quo in usu statuarii sculptoresque inscriptiones habuerint' mit aller wünschenswerten vollständigkeit und klarheit dargelegt hat: die, griechischen künstler haben selbstverständlich überhaupt nicht auf jedes ihrer werke ihren namen gesetzt, ja gerade aus den blühendsten zeiten der kunst sind die künstlerinschriften sehr selten; sie waren nicht nötig, am wenigsten bei öffentlichen denkmälern, bei denen die mündliche überlieferung den namen der künstler mit ihren werken fortdauernd verknüpfte und im gedächtnis bewahrte, ganz abgesehen davon dasz auf einer besondern Cτηλŋ die rechnungsablegung gegeben wurde und bei dieser der name des künstlers oder der künstler genannt wurde (vgl. s. 199). es bestand kein gesetz auch in Rom nicht (vgl. s. 59 anm. 1) welches den künstlern verbot etwa auf die basen von heiligen bildern oder öffentlichen werken ihren namen zu setzen; ihnen allein war es freigestellt das zu thun oder zu unterlassen, 'et ne optimi quidem artifices omnibus operibus nomina subiecerunt, sed iis tantum quibus inscriptis se ipsos honorabant; ita Phidias lovi Olympio versum adscripsit; eiusque de Lemnia laudare liceat Luciani imaginum caput IV: Λυκῖνος· — τῶν δὲ Φειδίου ἔργων τί μάλιστα ἐπήνεσας; Πολύστρατος· τί δ ̓ ἄλλο ἢ τὴν Λημνίαν, ἡ καὶ ἐπιγράψαι τοὔνομα Φειδίας ἠξίωσε;” (s. 61). was also Pheidias in Elis that, auszerhalb seines vaterlandes, dasz er an dem olympischen Zeus einen hexameter anbrachte, der seinen namen, den namen seines vaters und das ethnikon enthielt, was er ferner bei der von den Lemniern nach Athen gestifteten Athena that (Paus. I 28, 2), das brauchte er nicht in Athen an der Parthenos auf der burg zu thun (vgl. Hirschfeld ao. s. 44). nicht ein ausweg war es, zu dem Pheidias durch jenes angebliche verbot veranlaszt wurde, nur um diesem werke seinen namen zu sichern; nicht eine art notbehelf war es, dasz der künstler in dem Amazonenkampfe auf dem

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schildrelief einen Athener mit seinen eigenen zügen ausstattete gab er ja doch einem andern Athener Perikles züge —, dieses äuszerlichen grundes, den Hirschfeld ao. s. 60. 199 und JPRossignol trois dissertations' (Paris 1862) s. 182 wenigstens nicht ganz abweisen, bedarf es nicht: die gemeinsame thätigkeit der beiden freunde Perikles und Pheidias, die den Parthenon und das goldelfenbeinbild ins leben gerufen hatte (Michaelis ao. s. 11 anm. 31), die ein groszartiges denkmal athenischer kunst geschaffen in der zeit, wo Athen unter Perikles leitung den gipfel seiner macht erreicht hatte (ao. s. 9), diese gemeinsame thätigkeit, welche siegreich über neider und feinde, die sich während der arbeit regten und deshalb auch nach vollendung derselben nicht geruht haben (vgl. ao. s. 9 f. 38 f.), ihr ziel erreicht hatte, wurde in der bescheidensten weise durch die sculptur des schildes künstlerisch angedeutet. und so dauernd so lautete die anekdotenhafte erzählung, welche die besucher in späterer zeit dort hörten und anderen erzählten hatte Pheidias seine eigenen züge angebracht, dasz infolge eines künstlichen mechanismus sein bild nicht entfernt werden konnte, ohne das ganze werk zu zerstören (vgl. ao. s. 39 anm. 134. s. 269).

Diese verbesserung nun, die oben vorgeschlagen worden ist und nicht zum ersten male, wie ich aus Hirschfelds buche s. 58 ersehe, ist bisher nur von RRochette festgehalten worden. 'j'observerai d'abord' sagt derselbe in seinen questions de l'histoire de l'art s. 2022 'que la pensée de Cicéron serait peut-être plus juste, et sa phrase certainement plus correcte, si, au lieu de non, on lisait nomen. cette phrase, qui serait d'accord avec tout ce que nous connaissons des usages de l'antiquité, offrirait une pensée plus conforme à l'esprit de tout ce passage, et la grammaire y gagnerait, car l'emploi du verbe inscribere sans régime n'est pas d'une bonne latinité; du moins en trouverait-on difficilement des exemples dans Cicéron lui-même, qui, en pareil cas, ajoute toujours nomen à l'inscribere. rien ne serait d'ailleurs plus facile à expliquer que la substitution de non à nomen, opérée par les copistes, qui purent trouver dans les anciens manuscrits de Cicéron le mot nomen abrégé de cette manière: non. cette correction d'ailleurs n'est pas de moi; elle a été proposée par un des commentateurs de Winckelmann'; et j'avoue que pour mon compte je suis intimement convaincu que le texte primitif de Cicéron portait: cum inscribere nomen liceret.' dieses sprachliche bedenken

' die stelle, welche hier gemeint ist, findet sich in der ausgabe von Winckelmanns werken von HMeyer und JSchulze bd. VI 2 s. 116 f. einen nachtrag dazu enthält band VIII 2s register s. 352 f. hier wird bemerkt, dasz Rath lesen wollte cum inscribere nomen non liberet; diese vermutung wird aber abgewiesen und die lesart leichthin als verständlich festgehalten. unter berufung auf die vorhin angezogene stelle des Lukianos heiszt es dann: "übrigens ist das wol nur als eine vermutung des Cicero anzusehen, dasz es dem Pheidias nicht erlaubt gewesen sei seinen namen dem kunstwerke beizufügen'; vgl. Hirschfeld 30. s. 59.

läszt sich nicht beseitigen; Rossignol versucht es in seiner oben citierten schrift s. 174, auf die mich freund RKöhler aufmerksam gemacht hat und die auch Hirschfeld noch in den nachträgen erwähnt, aber der sprachgebrauch läszt keinen zweifel darüber, dasz der hsl. text unlateinisch ist. man sage freilich häufiger, meint Rossignol, inscribere nomen in statua, in libro usw., 'mais on disait aussi fort élégamment inscribere statuam pour signifier mettre une inscription à une statue', ergänzt demnach aus dem in clupeo Minervae des hauptsatzes nach belieben clupeum oder Minervam und nennt dieses légère ellipse', für welche ihm als beleg dient ep. ad fam. XV 20 oratorem meum (sic enim inscripsi) Sabino tuo commendavi, 'où il faut sous-entendre librum après inscripsi.' diese ausdrucksweise ergänzt mit leichtigkeit zu inscripsi den zu grunde liegenden begriff librum, der nur deshalb nicht besonders bezeichnet ist, weil orator meus bereits selbst auf dieser elliptischen redeweise beruht, wie ja neben einander im gebrauche ist in symposio Xenophontis (Cato m. § 46), in Platonis politia (de div. I § 60) und in co libro qui inscribitur

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Diese verbesserung entspricht allein dem zusammenhange. ungeachtet ja' sagt Cicero 'Pheidias seinen namen auf das werk setzen konnte (das konnte jeder künstler thun und es war das nichts besonderes), so hat er doch noch etwas besonderes und auffälligeres gethan, um sich die unsterblichkeit zu sichern: er hat sein eigenes bild auf dem werke angebracht. in ähnlicher weise' fährt Cicero fort 'ist es auffällig (nicht wenn schriftsteller überhaupt ihren namen auf ihre werke setzen, sondern) wenn philosophen, die über die verachtung des ruhmes schreiben, doch einen ruhm suchen, indem sie ihren namen ihrem werke zufügen.'

Es ist eine der gewöhnlichen rhetorischen oberflächlichkeiten Ciceros, welche nicht für historische wahrheit genommen werden darf; Ciceros rhetorische formulierung, welche dem ruhigen sachverhalte so oft durch einen gegensatz, wie hier durch cum, die conjunction des constrastes, eine spitze zu geben sucht, fordert allerdings den gedanken, den Hirschfeld in seiner sorgfältigen analyse der stelle (s. 58-60) ausspricht: 'si scriptum esset nomen, intellegeremus Phidiam id potissimum egisse, ut sui ipsius speciem posteris traderet', aber diese formulierung, welche wol zunächst durch die oben berührte populäre anekdote von dem künstlichen mechanismus, in den Pheidias sein portrait eingefügt haben sollte, veranlaszt ist, kann nicht beanspruchen eine in der ganzen schärfe ihres gegensatzes gültige historische nachricht mitgeteilt zu haben.

Nachtrag. Auch ThBergk hat in der zs. f. d. aw. 1847 s. 255 ff. in seiner recension der RRochetteschen schrift die stelle bei Cicero besprochen, wie ich durch eine gefällige mitteilung Fleckeisens nach einsendung des obigen aufsatzes erfahren habe. Bergk stimmt im übrigen den ausführungen RRochettes bei, dasz der künstler im altertum freie hand gehabt habe seinen namen dem von ihm geJahrbücher für class. philol. 1874 hft. 1.

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schaffenen kunstwerke beizufügen, gleichviel ob es ein öffentliches war oder nicht, weicht aber bei der Ciceronischen stelle von dessen auffassung ab und verbessert, wenn man den absoluten gebrauch von inscribere nicht gelten lassen will', cum nomen inscribere non liceret (Ernesti: cum inscribere nomen non liceret). seine darlegung trifft im wesentlichen mit der von Hirschfeld und Michaelis gegebenen zusammen, denen dieselbe unbekannt geblieben ist, und insofern sind alle hier angeführten gründe in dem obigen aufsatze bereits stillschweigend berücksichtigt; um so mehr aber ist es gerechtfertigt, wenn die hauptpuncte derselben noch besonders hervorgehoben und beurteilt werden. zunächst macht Bergk den zusammenhang der ganzen stelle geltend, welcher der änderung cum inscribere nomen liceret nicht günstig sei; 'Cicero redet' sagt er 'von dem angeborenen streben nach ruhm und anerkennung; und wenn Pheidias seinen namen unter die statue gesetzt hätte, so wäre dies ja eben auch ein beweis für die allgemeinheit jenes ehrgeizes; in welcher form dieser sich äuszerte, ist am ende gleichgültig, ob durch conterfei oder durch inschrift: cum inscribere nomen liceret wäre hier ein ziemlich entbehrlicher zusatz. Cicero will offenbar nur sagen, Pheidias habe zu einem ungewöhnlichen mittel seine zuflucht genommen, da ihm versagt war seinen namen unter das werk zu setzen.. auch hr. RR. gibt zu dasz die negation sich vertheidigen lasse, dasz aber dann diese weigerung eben als ein singulärer fall zu betrachten sei, worin ich ihm völlig beistimme.' angenommen es stünde so im texte, wie Bergk und früher Ernesti vorgeschlagen haben, dann würde Ciceros ausdrucksweise nur anstöszig sein; der unpersönliche ausdruck liceret spricht nicht genügend das singuläre verhältnis aus, welches in diesem falle stattgefunden hätte, er setzt vielmehr in seiner ganz allgemeinen fassung ein allgemein bestehendes verhältnis voraus, und wenn dieser nebensatz nur eine einigermaszen hinlängliche motivierung in seinem unmittelbaren anschlusz an den hauptsatz quid enim Phidias sui similem speciem inclusit in clupeo Minervae enthalten sollte, so würde liceret mindestens noch ein ei neben sich verlangen; man würde aber zum vollen richtigen ausdrucke der veranlassung für Pheidias so zu handeln eine bestimmtere und speciellere wendung verlangen, etwa: cum Athenienses eum nomen inscribere vetuissent.

Der zusammenhang aber der ganzen stelle, auf den sich Bergk beruft, enthält eine steigerung des gedankens: Cicero geht von dem allgemeinen verlangen der menschen aus, ihren namen auf die nachwelt zu bringen (§ 31-33), und hebt dieses streben bereits an Ennius als ein singulär hervortretendes heraus, weiter aus demselben motiv an Pheidias, und noch an einer einzelnen bestimmten classe von schriftstellern (§ 34); nur in diesen zusammenhang, der

2 ein fragezeichen nach Phidias zu setzen (Michaelis ao. s. 365) ist nicht nötig.

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