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sie sich denn aber wirklich so ungesucht ergeben? hoffentlich wird uns der vf., wenn wir gerade wegen des gegenteils sein zahlenverhältnis verwerfen, den verstand nicht absprechen. wir wollen aber für jetzt die frage offen lassen, ob in der that bei der vorgeschlagenen verteilung der verse von der responsionstheorie ganz abgesehen wurde, wiewol das von dem vf. beigesetzte zunächst' bereits eine einschränkung der behauptung enthält; doch glauben wir die gewähr für die richtigkeit der verteilung in den dafür in erster linie angegebenen gründen allein finden zu müssen und räumen der so gefundenen responsion keinerlei rückwirkende kraft ein.

Der vf. findet in v. 214-225 eine streng in einzelversen sich bewegende stichomythie, durch Elektra eingeleitet und durch Orestes geschlossen, indem er die anrede des Orestes v. 212 und 213 durch eine kurze pause der bestürzung von seiten Elektras vom folgenden getrennt sein läszt. letztere annahme entbehrt aber der berechtigung. wäre Elektra nach des Orestes anrede auch nur in momentaner bestürzung zu denken, sie wäre nicht im stande so scharf und entschieden aus des Orestes worten das ihr zweifelhafte und unklare zu erfassen und so zu entgegnen, wie sie der dichter mit v. 214 entgegnen läszt. es erscheint sonach als willkür hier zwischen anrede und erwiderung ein längeres schweigen statuieren zu wollen als in der folge des dialogs. ebenso wenig einleuchtend ist die vom vf. behauptete kurze pause nach v. 225. der gegensatz auтòv μèv Koupȧv dè fordert im gegenteil den engsten anschlusz des folgenden verses in der diction: denn diese verse enthalten zuvörderst einen leisen vorwurf, und anschlieszend daran tritt Orestes erst mit v. 230 (nicht, wie der vf. meint, mit v. 226) den beweis der identität seiner person an. können wir sonach der einteilung des vf. nicht beipflichten, so bleiben der überlieferung gemäsz für Orestes 10 verse, denen Elektra in 11 versen erwidert: v. 225-245. glaubt man aber durchaus hier ein gleichmasz der zahlen fordern zu müssen, so würden wir lieber mit Hermann den ausfall eines verses annehmen; nur müste auch dies überzeugender begründet sein als es von Hermann geschehen ist, wie der vf. s. 47 einleuchtend nachweist.

Auf des Orestes anrede in 9 versen erwidert nach des vf. annahme Elektra in der gleichen verszahl; es müssen also die 11 verse der überlieferung auf 9 reduciert werden. sehen wir zu mit welchem rechte dies geschieht. Weil hatte sowol v. 235-237 als 244. 245 dem chore zugeteilt, da auch dieser an der begrüszung des Orestes sich beteiligen müsse und ihm zweitens die aufgabe zufalle die freude der geschwister zu dämpfen. der vf. findet hier 'irrtum und wahrheit wunderlich gemischt'. die wahrheit aber bestehe darin, dasz die verse 244 und 245 (welche der responsion in der neunzahl entgegenstehen) vom chore gesprochen wurden. 'den zuversichtlichen worten der Elektra ἀλκῇ πεποιθὼς δῶμ ̓ ἀνακτήσει паτрóс usw. steht nun der maszvolle spruch des chors passend entgegen' und 'der schöne wunsch des chors weckt in der seele des

Orestes die stimmung des gebets'. wir fragen vor allem: kann es im mindesten weniger passend, musz es nicht vielmehr der situation entsprechender erscheinen, wenn die schwester diese stimmung hervorruft, sie die so eben so eindringend zum vater gefleht hat? wer nicht das zahlenspiel im kopfe hat, wird nicht darauf verfallen, diese worte aus Elektras erwiderung auszuscheiden und ihnen noch dazu mit dem vf. eine so spitzfindige bestimmung zn geben, zugleich den worten der Elektra entgegengestellt (s. 50) und an Orestes gerichtet zu sein (s. 52). der chor spielt allerdings die rolle des zurückhaltenden, zur vorsicht mahnenden; diese absicht läszt sich aber nicht direct aus den versen 244 und 245 abnehmen, sondern offenbart sich erst mit v. 264. auch erscheint es uns höchst angemessen, dasz der chor, wenn wir der überlieferung treu bleiben, die begrüszung der geschwister nicht stört, sondern erst nach dem die scene abschlieszenden gebet seine warnung beifügt, mit der directen anrede ὦ παῖδες beginnend.

Das folgende gebet v. 246-263 hat Hermann zwischen den geschwistern geteilt mit der lakonischen begründung: 'hos novem versus Electrae tribui, ut Orestes novem versus habuerat.' der vf. sucht diese offenbar aus der so gewonnenen zwiefachen neunzahl entsprungene vermutung noch weiter zu stützen und fügt folgende gründe bei: 1) in dem gemeinsamen gebete findet die wiedervereinigung der geschwister ihren gehobensten ausdruck; 2) in v. 201 ff. erscheint die nemliche anschauung wie in v. 262 ff.; 3) der pluralis in ŵ παîdeс v. 264 weist deutlich darauf hin, dasz beide geschwister so eben das wort ergriffen haben. betrifft, so ist die warnung des chors das resultat seiner beobachtung was zunächst den letzten punct während der ganzen vorhergehenden scene, nicht ausschlieszlich während des eben gesprochenen gebets; beide werden gewarnt, weil beide mit gleicher offenheit von anfang an die nemliche gesinnung ausgesprochen haben; nur wenn der ausdruck dieser gesinnung allein in dem gebete zu finden wäre, könnte der pluralis ein fingerzeig sein das gebet unter beide zu verteilen. ein weiterer grund wird von der ähnlichkeit der anschauung in v. 204 cμikρoû sévoit' ἂν σπέρματος μέγας πυθμήν und v. 262 ἀπὸ μικροῦ δ ̓ ἂν ἄρειας μéɣav dóμov hergenommen. es ist aber doch nichts natürlicher als dasz die geschwister, da sie gleiches loos teilen, auch ähnliche gedanken aussprechen; sollte der dichter es vorgezogen haben von Elektra einen ähnlichen gedanken wiederholen zu lassen, während derselbe aus Orestes munde ebenso berechtigt kommt als wirkungsvoll sein gebet abschlieszt? endlich soll gerade durch das gemeinsame gebet die scene der wiedervereinigung der geschwister gewinnen. es erscheint zunächst zweifelhaft, ob ein unter zwei personen verteiltes gebet richtig als gemeinsames bezeichnet wird, zumal wenn in den beiden teilen verschiedene motive hervorgehoben werden. dann aber wird durch die verteilung die einheitliche wirkung des in reicher gedankenentwicklung éin ziel anstrebenden

gebets eher gestört als gefördert. wenn dagegen nach der überlieferten verteilung der verse Elektra in demutsvollem sinne zum gebete mahnt, und der bruder freudig folgend zu Zeus um hilfe emporfleht, während die schwester im geiste seinen worten folgt: kann jemand solchen abschlusz der scene nicht hinreichend befriedigend finden? zudem spricht gegen Hermanns zuweisung von v. 255-263 an Elektra noch ein anderer grund. unseres erachtens wird bei verteilung irgend zweifelhafter verse nicht immer genügend auf die von dem dichter festgehaltene charakteristik der personen rücksicht genommen. während Orestes von anfang an zur rache des vaters entschlossen ist, kann sich Elektra vermöge ihres zartern gefühls nur zögernd entschlieszen auch nur um rache zu flehen (s. v. 122). dasz nun im gebete Zeus erinnert wird, er würde sich selbst schaden thun, wenn er die sache nicht unterstütze, ist freilich nicht blosz im antiken (wie der vf. meint), sondern im religiösen glauben überhaupt tief begründet. es erscheint aber dem wenn auch an entschlossenheit allmählich gewinnenden, aber doch dem manne gegenüber mehr zurückhaltenden charakter der jungfrau unangemessen, gerade ihr den teil des gebetes zuzuteilen, in welchem immerhin eine art von trotz und eine leise drohung der gottheit gegenüber zu tage tritt. auch v. 483 ff., wo Orestes eine ähnliche warnung gegen den vater ausspricht, zeigt sich Elektra zarter in dem ausdruck ihres gefühls, indem sie es vermeidet gerade auf dieses vom bruder hervorgehobene motiv einzugehen und eine mildere weise den vater zu bestimmen vorzieht.

Hiermit glauben wir die für die vorgeschlagene verteilung des ganzen abschnittes angeführten gründe als nicht stichhaltig nachgewiesen zu haben. wie Weil mit den 'bis quini et bis seni versus' wenig glücklich gewesen ist, so ist es dem vf. auch mit der begründung der neunzahl nicht gelungen, und es liegt vielmehr die vermutung nahe, dasz diese verführerische zahl bei den 'so ungesucht sich ergebenden syzygien' bedeutender mitgespielt hat als er einräumen möchte. ein treffendes urteil über diese zahlentheorie überhaupt hat neulich Wecklein im philol. XXXI s. 746 ausgesprochen: *parallelismus und antithese des inhalts wirkte auch in längeren gegenreden, in monologen, sogar in schilderungen und erzählungen bei dem für ebenmasz und form so empfänglichen sinne der Griechen und dem auf hohe formvollendung gerichteten streben des Aeschylos in natürlicher weise auf die äuszere gestalt der reden ein und erzeugte ein besonders bei dem gemessenen vortrag des griechischen schauspielers wahrnehmbares und wolthuendes ebenmasz der einzelnen glieder, welches keinem zahlenschema unterworfen war, wol aber durch ein zahlenschema a posteriori näher bestimmt und in seiner ausdehnung erkannt und den für solches ebenmasz weniger empfänglichen veranschaulicht werden kann.' dem mag jeder unbefangene beistimmen; wir dürfen uns aber dabei nicht verhelen dasz die sucht das vielfach unbewuste wirken des symmetriscben gefühls,

wie es in der griechischen und römischen dichtung zu tage tritt, in bestimmten zahlen verhältnissen darzustellen häufig zu subjectiver willkür und resultatlosem spiel mit der überlieferung des textes geführt hat.

Indem wir das urteil über die zu den Choephoren vorgebrachten emendationen hiermit abschlieszen, können wir nicht umhin auszusprechen, dasz die so gewonnenen früchte dieser schrift keineswegs im verhältnis stehen zu der aufgewandten mühe. der vf. zeigt eine genaue kenntnis der einschlägigen litteratur; seine kritik, weit entfernt von der manier mancher heiszsporne der conjecturenjagd, fuszt im allgemeinen auf einem gesunden, maszvollen sinne für das dem dichter angemessene, und so haben wir auch im einzelnen anerkennenswertes hervorheben können. aber gerade in den hauptsächlichen puncten scheiterten seine versuche an der schwierigkeit auf einem felde, dem schon so hervorragende anstrengungen zu gute gekommen sind, neues und befriedigendes zu leisten.

Von den in den "kritischen miscellen' s. 61-86 vorgeschlagenen änderungen scheinen uns folgende geeignet einer eingehenden kritik gegenüber stand zu halten. Vergilius Aen. IV 370 wird dem zusammenhange entsprechender vor v. 369 gestellt. Cornelius Nepos Chabr. 1, 3 wird Halms annahme einer lücke gebilligt und also gelesen: ex quo factum est ut postea iis statibus in statuis ponendis uterentur, quibus athletae ceterique artifices, cum victoriam essent adepti. Cicero de orat. I 3, 11 minimam copiam poetarum et oratorum exstitisse statt poetarum egregiorum. Marius Victorinus s. 111 K. at Pleias venit Alpibus aëria nive an stelle des hsl. adplenius venit usw. das fragment des Euripideischen Erechtheus bei Stobäos flor. 121, 15 ist nach Salmasius und Heimsoeth zu lesen: Éɣw dÈ TOÙC Kaλŵc τεθνηκότας | ζῆν φημὶ μᾶλλον τοῦ βλέποντος οὐ καλῶς. ein frag ment der Auge des Euripides (277 N.) bei demselben ebd. 49, 3 ist also zu verbessern : κακῶς δ ̓ ὄλοιντο πάντες οι μοναρχία | χαίρουσιν ὀλίγων τ ̓ ἐν πόλει τυραννίδι.

NÜRNBERG.

JOHANN KARL FLEISCHMANN.

15.

ZU DEN SCHOLIEN DER ILIAS.

B 20 steht bei Bekker unter dem lemma Nŋλnîw vii] tŵ Néστορι ὡμοίωται ὡς συμβούλῳ καὶ φιλεταίρῳ ὡς Ναυσικάᾳ καὶ Πηνελόπη. die worte ὡς Ναυσικάᾳ καὶ Πηνελόπη können hier unmöglich an richtiger stelle stehen; sie müssen unter das andere lemma cτῆ δ ̓ ἄρ ̓ ὑπὲρ κεφαλῆς kommen und dies scholion also geschrieben werden: cτῆ δ ̓ ἄρ ̓ ὑπέρ κεφαλῆς] ὑπέρ κεφαλῆς ἵσταται ὡς Ναυσικάα [Ζ 21] καὶ Πηνελόπη [δ 803].

MÜNCHEN.

ADOLF ROEMER.

TARUM TRIPLEX.

16.

INDEX COMMENTATIONUM SOPHOCLEARUM AB A. MDCCCXXXVI EDICONFECIT HERMANNUS GENTHE, GYMNASIL MOENOFRANC(o)FURTENSIS PROFESSOR. Berolini MDCCCLXXIV. sumptibus fratrum Borntraeger (Ed. Eggers). V u. 134 s. gr. 8.

Es ist gewis ein dankenswertes unternehmen, von zeit zu zeit bibliographische übersichten über das innerhalb eines gewissen zeitraumes nicht nur für die gesamten schriftsteller des altertums, sondern selbst für einzelne bevorzugte derselben geleistete zu veröffentlichen. und da stehen die griechischen tragiker mit in erster linie: denn sie sind in letzter zeit so vielfach zum gegenstande genaueren studiums gemacht worden, dasz es nachgerade für jeden, der sich nicht eben diese besondere aufgabe gestellt hat, fast unmöglich geworden ist die gesamte litteratur auch nur eines einzigen von ihnen zu übersehen. prof. Genthe, auf dem gebiete der Sophokleslitteratur durch seine bearbeitung des Ellendtschen lexicon wol bekannt, hat es daher unternommen eine bibliographische zusammenstellung der vom j. 1836 ab hauptsächlich in Deutschland über Sophokles sowol in zeitschriften als auch selbständig erschienenen abhandlungen dem philologischen publicum darzubieten. die einteilung des buches ist eine recht verständige und leicht übersichtliche; die trefflichen indices locorum tractatorum und auctorum werden allen denen die sich mit Sophokles beschäftigen höchst willkommen sein. allein den anforderungen, die man heutzutage an bibliographische arbeiten zu stellen pflegt, hat prof. Genthe dennoch nicht sonderlich genügt. ist es ihm auf der einen seite nicht gelungen eine auch nur annähernde vollständigkeit zu erzielen, so leidet auf der andern das gegebene oft an der grösten ungenauigkeit. nicht einmal die gröszeren abhandlungen der am ende des buches aufgeführten zeitschriften sind vollständig excerpiert (Langbeins pädagogisches archiv und das correspondenzblatt für die gelehrten- und realschulen Württembergs. sind gar nicht berücksichtigt), geschweige denn dasz der vf. es für gut befunden bätte, aufsätze wie OJahns variae lectiones, ThKocks verisimilia, Roschers satura, Heimreichs miscellanea critica, Büchelers coniectanea, Bergks philologische thesen, Useners lectiones graecae ua., die doch viel treffliches enthalten, gehörigen ortes anzuführen. dasz Ritschl, Teuffel, Lübker, Welcker, Schömann ua. ihre zerstreuten aufsätze später gesammelt haben, ist von dem vf. wie es scheint absichtlich ignoriert worden, wenigstens citiert er nur Göttlings opuscula. und doch liegt es auf der hand, dasz gesammelte werke einem jeden leichter zugänglich sind als abhandlungen und gelegenheitsschriften, ganz abgesehen davon dasz hier oft noch die früher erschienenen einzelnen aufsätze in zweiter überarbeitung vorliegen. wir wollen zwar mit ihm nicht darüber rechten, dasz er bei einer gröszern anzahl von titeln dieselben nur gekürzt aufgeführt hat, da sein index am ende doch nur für philologen und nicht für

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