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punct aus dargestellt und verändert. ich kann nun das vorhandensein eines solchen principiellen unterschiedes nicht zugeben. sagt doch Tacitus ausdrücklich: templum. . extructum loco cui nomen Rhacotis: fuerat illic sacellum Serapidi atque Isidi antiquitus sacratum, also kann doch auch nach der auffassung seiner quelle Serapis nicht erst als ein neuer gott aus Sinope eingeführt worden sein, sondern war auch hier wie bei Plutarch ein einheimisch ägyptischer gott. wird doch der sinopische gott von Tacitus zweimal geradezu als Pluto bezeichnet. wenn in der oben ausgeschriebenen stelle des Tacitus wie bei Diodor gesagt wird, nach einigen sei Serapis mit Osiris identisch, so folgt daraus noch kein bewustes bestreben den Serapis als einen alexandrinischen, den Griechen verdankten gott' mit 'einem ägyptischen gott zu confrontieren'. vielmehr ist darin nur das bestreben synkretistischer theologen zu erkennen, unter der menge verschiedener gottheiten gewissermaszen etwas aufzuräumen, ein verfahren das man ebenso auch bei rein griechischen gottheiten anwandte. lesen wir doch übrigens auch bei Plutarch: BÉATIOν dè . . εἰς ταὐτὸ συνάγειν . . τῷ Ὀείριδι τὸν Σάραπιν.

S. 14 gibt dann der vf. seine eigene ansicht über die herkunft des Sarapis: Senhapi bedeutete im ägyptischen «sitz des Apis» [Brugsch geogr. inschr. I 240] und gräcisiert gab dies wort Sinopion, name eines berges von Memphis [Eustathios zu Dion. perieg. 285. vgl. pseudo-Kallisthenes I 3, wo übrigens die lesart ganz unsicher ist]; aus diesem Senhapi-Sinopion würde dann das pontische Sinope geworden sein.' diese ansicht ist nicht neu; schon Guigniaut ao. s. 6 ff. führte dieselbe aus. G. konnte sich nicht verhelen (s. 8) 'que cette conjecture, quelque probable qu'elle paraisse en elle-même, ne repose point sur des bases très-solides'; das zeugnis des Eustathios stehe zu vereinzelt da, und anderseits sei die einführungslegende zu detailliert, um ganz verworfen zu werden. darum kam G. zu folgender vermittelnder ansicht (s. 10 f.): 'qu'est ce qui nous empêche maintenant, en supposant que le fait rapporté par Eustathe soit authentique, de penser que Ptolémée ou ses prêtres auront trouvé dans une ressemblance verbale d'épithètes, dans celle du Sérapis de Sinopium avec le Jupiter-Pluton de Sinope, un motif déterminant pour faire tomber leur choix sur cette dernière divinité?' Lumbroso legt seine anschauung nicht so ausführlich dar, er scheint jedoch die einführung aus dem Pontos für völlig erfunden zu halten.

Diese hypothese nun hat sehr wenig wahrscheinlichkeit. für seine erklärung des Сivúñιov õpоc als Senhapi beruft sich der vf. auf Brugsch. wenn ich aber diesen richtig verstanden habe*, so

geogr. inschr. I 240: nach Eustathios comm. zu Dion. perieg. hiesz der ort in der wüste, wo das Serapeum gelegen war und welchen die inschriften des Serapeum «die unterwelt westlich von Memphis» benennen, Civшmoν Ŏроć, wahrscheinlich entstanden aus der hieroglyphisch-demotischen benennung desselben Sen-h-api <<sitz des Apis». der gewöhnliche name des ortes in den inschriften an ort und stelle ist: kem-kå oder ka-kem <der schwarze stier».'

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sagt er nicht etwa, dasz sich inschriftlich die benennung Senhapi finde, aus der Sinopion entstanden sei, sondern er vermutet nur dasz das von Eustathios überlieferte Sinopion wahrscheinlich Senhapi sei. somit bleibt diese ganze sache lediglich auf das zeugnis des Eustathios gestellt, und danach musz ich gerade diese angabe, die licht in das dunkel bringen soll, für eine reine fabel erklären, wie ich es schon de Sarapide s. 20 anm. andeutete. diese erfindung sollte den anspruch von Memphis die heimat des Serapis zu sein (vgl. Tacitus: alii sedem ex qua transierit Memphim perhibent) mit dem von Sinope gewissermaszen versöhnen. aber abgesehen hiervon erheben sich bei der annahme des vf. noch andere schwierigkeiten. nach Lumbroso übernahm also Ptolemãos den cult des Apis aus Memphis nach Alexandreia und (s. 15) 'acceptierte und bestätigte dessen assimilation mit Pluton, so dasz Memphis und Alexandreia, das eine auf ägyptisch, das andere auf griechisch, denselben cultus hatten.' wo kam dann aber das colossale götterbild in Alexandreia mit dem kalathos, dem Kerberos und der schlange her? diese frage kann wie ich glaube nicht genügend beantwortet werden. davon ist doch nichts bekannt, dasz etwa vorher in Alexandreia in Plutoncult mit jenem bilde bestanden und Ptolemäos den ägyptischen namen auf diesen griechischen cult übertragen habe; auch ist es kaum glaublich, dasz Ptolemäos den Apiscult aus Memphis mit seinem ägyptischen namen aber ohne sein ägyptisches cultus bild in Alexandreia eingeführt hätte. etwas ganz anderes ist es schon, wenn der könig den coloss des Pluton aus irgend welchem grunde von Sinope kommen läszt, ihm aber in Alexandreia nicht unter seinem griechischen, sondern unter dem seiner meinung nach gleichbedeutenden ägyptischen namen einen tempel erbaut so etwa hat sich Plutarch die sache gedacht, so auch viele von den neueren.

Somit kann ich Lumbroso, was seine auseinandersetzung über den ursprung des Sarapis betrifft, in keinem puncte recht geben. DANZIG. EUGEN PLEW.

18.

ZU DEN BERNER LUCANSCHOLIEN.

VI 488 gelidos his explicat o. ut frigidus orbis flectitur aestiuae colubrae' steht bei Usener s. 208, 20 mit der anmerkung 21 infrigia O (h. litt. rubro) fa citae ua cecolubras C. fragmentum versuum mihi ignotorum, fortasse Macri.' ich glaube, die worte der hs. führen auf folgendes: in Phrygia Ophiussa sita est, qua se colubras... dann folgte wol eine notiz ähnlich der Strabonischen (s. 588) ἐνταῦθα μυθεύουσι τοὺς Ὀφιογενείς συγγένειάν τινα ἔχειν πρὸς τοὺς ὄφεις usw. dies ist von der stadt Parion gesagt, die der insel Ophiussa gegenüber liegt.

BERLIN.

FRANZ EYSSENHARDT.

19.

ARISTOTELES ALS KRITIKER DES EURIPIDES.

Keiner der griechischen tragiker hat, zumal in neuerer zeit, so verschiedenartige beurteilungen erfahren wie Euripides. da nun, wie mir scheint, der grund dieser so weit auseinandergehenden ansichten groszenteils in den beurteilungen zu suchen ist, welche schon die kritiker des altertums dem Euripides widerfahren lieszen, so ist es wol zulässig, wenn man das urteil der kritiker des altertums über Euripides thunlichst aufzuklären und festzustellen sucht. die beiden hervorragendsten kritiker, welche Euripides noch im altertum gefunden hat, sind Aristophanes und Aristoteles; deshalb stützen sich auch gerade auf diese beiden männer die meisten neueren beurteiler des Euripides, welche in der regel, indem sie annehmen, Aristophanes habe sehr ungünstig, Aristoteles sehr günstig über Euripides geurteilt, sich je nach ihrem dafürhalten auf die seite des einen oder die des andern stellen. beide auffassungen sind aber nach unserer ansicht einseitig. uns scheint vielmehr wenn es erlaubt ist dies hier vorweg zu nehmen bei genauerer betrachtung eine gewisse übereinstimmung beider urteile sich zu ergeben, wenn nur gehörig berücksichtigt wird dasz wir es zwar bei Aristoteles mit einem kritiker von fach zu thun haben, bei Aristophanes dagegen mit einem komiker, dessen wirkliches kunsturteil erst aus seinen komödien gleichsam herausgeschält werden musz. da nun zur aufklärung des verhältnisses beider urteile zu einander zunächst das vielfach nur einseitig aufgefaszte urteil des Aristoteles über Euripides festgestellt werden musz, so soll uns diese aufgabe hier zunächst beschäftigen.

Am verbreitetsten ist, was das Aristotelische urteil über Euripides betrifft, die ansicht, Aristoteles habe Euripides für den besten tragiker erklärt und ihn demnach selbst Sophokles vorgezogen. diese ansicht welche, wie ich nachzuweisen versuchen will, auf der einseitigen auffassung einer stelle der poetik 1453a 24-31 (13, 9 und 10) beruht, hat schon im vorigen jahrhundert einen sehr gewichtigen vertreter in Lessing gefunden, der in der Hamburgischen dramaturgie (stück 49) uns zunächst das Aristotelische urteil über Euripides in seiner auffassung vorführt, dann die hohe bedeutung hervorhebt, welche der umgang des Sokrates auf Euripides ausgeübt habe, und darauf fortfährt: 'aber den menschen und uns selbst kennen, auf unsere empfindungen aufmerksam sein, in allem die ebensten und kürzesten wege der natur ausforschen und lieben, jedes ding nach seiner absicht beurteilen, das ist es . . was Euripides von dem Sokrates lernte und was ihn zu dem ersten in seiner

1 ganz abgesehen von noch früheren zeiten, wo zb. Dorotheus Camillus sein werk geradezu betitelte: Euripidis tragicorum omnium principis etc. tragoediae latine nunc denuo editae' (Bern 1550).

Jahrbücher für class. philol. 1874 hft 2.

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kunst machte.' aus diesen worten scheint mir nicht nur hervorzugehen, dasz Lessing in Aristoteles einen sehr günstigen beurteiler des Euripides sah, sondern dasz er sich auch selbst diesem vermeintlich so günstigen urteil anschlosz. wenn wir nun auch, ganz abgesehen von den anderweitigen eminenten verdiensten Lessings, ihm schon deshalb zu groszem danke verpflichtet sind, weil er ein ganz neues und gesundes studium der Aristotelischen poetik angebahnt hat, so glauben wir doch seiner auffassung des Aristotelischen urteils über Euripides nicht ohne weiteres beitreten zu dürfen.

Uebrigens haben nach Lessing, bis in die allerneueste zeit, zahlreiche gelehrte dieselbe oder doch eine der Lessingschen auffassung sehr nahe kommende ansicht über das Aristotelische urteil ausgesprochen, allerdings ohne, wie das Lessing gethan hat, jene vermeintliche ansicht des Aristoteles auch zu ihrer eigenen zu machen. zu diesen gelehrten zählt in erster linie Welcker, welcher (Aeschylische trilogie Prometheus s. 530) also schreibt: 'diese neueste tragödie ist ihm (dem Aristoteles) der kunst nach die schönste, und Euripides, dessen composition sonst nicht zu loben, weil seine tragödien jene wendung nehmen (vom glück zum unglück), gilt ihm als der tragischste unter den tragödiendichtern."2 ähnlich faszt Eduard Müller (gesch. der theorie der kunst II s. 140) das Aristotelische urteil auf, wenn er schreibt: 'groszes lob verdiene (nach der meinung des Aristoteles) Euripides, in dessen tragödien meist ein unglücklicher ausgang sich finde, weshalb auch kein dichter in höherem grade tragisch sei als er.' derselben auffassung scheint auch Bernhardy (grundrisz der griech. litt. II2 2 s. 188) gefolgt zu sein, indem er den worten Schillers (briefwechsel mit Goethe III 97) 'uns fehlt gröstenteils die ganze basis seines (des Aristoteles) urteils' folgendes hinzufügt: 'diese basis ist aber unbezweifelt Euripides oder die pathologische tragödie, von welcher Aristoteles, wie dem geschmack und standpunct seiner zeit gemäsz war, ausgieng; begreiflich hat er aus ihrem schematismus das mehr der regeln entnommen.' noch klarer spricht sich Bernhardy (ao. s. 356) aus: 'früher schon hatte Aristoteles in ihnen (den stücken des Euripides) die besten normen für den bühnenkünstler gefunden und sie zum grunde gelegt, als er die gesetze der tragischen dramaturgie in eine theorie brachte.' dieselbe ansicht teilen noch zahlreiche andere gelehrte, wie zb. Hartung (Eur. restit. I 503) und Wolter (Aristophanes und Aristoteles als kritiker des Eur. s. 5).

Alle diese und andere ähnliche aussprüche scheinen nun bei genauerer prüfung der einschlägigen stellen in der poetik des Aristoteles teilweise der begründung zu entbehren, indem, wie schon Susemihl (Aristoteles über die dichtkunst s. 21 ff.), dessen aus

2 diese ansicht sprach Welcker im j. 1824 aus, während er in seiner übersetzung von Aristophanes fröschen s. 261 im j. 1812 noch anderer ansicht gewesen war.

führung wir in dem folgenden auch mitbenutzen werden, angedeutet hat, die stelle der poetik s. 1453 24-31 (13, 9 und 10) nur ganz einseitig, alle übrigen stellen aber, welche von Euripides handeln, fast gar nicht zur betrachtung herangezogen wurden. demnach werden wir uns zuerst mit der frage zu beschäftigen haben: was hat Aristoteles in der poetik s. 1453a 24-31 (13, 9 und 10) wirklich über Euripides geurteilt? und dann werden wir zweitens alle übrigen stellen der poetik zur betrachtung heranziehen müssen, welche zur beleuchtung des Aristotelischen urteils etwas beizutragen vermögen.

I

Jene so oft citierte stelle der poetik s. 1453a 24—31 (13, 9 und 10) lautet: διὸ καὶ οἱ Εὐριπίδῃ ἐγκαλοῦντες τὸ αὐτὸ ἁμαρτάνουσιν, ὅτι τοῦτο δρᾷ ἐν ταῖς τραγῳδίαις καὶ πολλαὶ αὐτοῦ εἰς δυστυχίαν τελευτῶσιν· τοῦτο γάρ ἐστιν, ὥσπερ εἴρηται, ὀρθόν. σημεῖον δὲ μέγιστον· ἐπὶ γὰρ τῶν σκηνῶν καὶ τῶν ἀγώνων τραγικώταται αἱ τοιαῦται φαίνονται, ἂν κατορθωθῶσιν, καὶ ὁ Εὐριπίδης, εἰ καὶ τὰ ἄλλα μή εὖ οἰκονομεῖ, ἀλλὰ τραγικώτατός γε τῶν ποιητῶν φαίνεται. es finden sich also in dieser stelle allerdings die nur zu oft und zu stark hervorgehobenen worte кai ó Euρinídηс . . τραγικώτατός γε τῶν ποιητῶν φαίνεται. um aber den sinn und die bedeutung dieser worte richtig zu erfassen, ist es zunächst notwendig die bedeutung des adjectivums тpaɣikóс in der Aristotelischen poetik zu ermitteln und zu diesem zweck die fünf in der poetik vorhandenen stellen zu betrachten, an denen dasselbe sich entweder selbst findet, oder die doch zur erklärung dieses adjectivums wesentlich beitragen. zwei von diesen stellen, an denen ʼn τρayıкý nur im gegensatz zu πояошкη gebraucht ist, 1461 27 (26, 1) und 14622 (26, 5) bedürfen keiner weitern betrachtung, da der begriff von Tрayikóc durch sie nicht erklärt wird. dagegen findet sich eine ziemlich genaue und präcise erklärung dieses begriffes 1452b 39 (13, 3), wo das gegenteil von īpaɣıкúτατоν, nemlich das aτparuδότατον folgendermaszen erklärt wird: οὐδὲν ἔχει ὧν δεῖ· οὔτε γὰρ φιλάνθρωπον οὔτε ἐλεεινὸν οὔτε φοβερόν ἐστιν. drei eigenschaften sind also von derjenigen darstellung zu verlangen, welche tragisch wirken soll: sie musz furcht und mitleid erregen, dabei aber auch unser gerechtigkeitsgefühl befriedigen (vgl. Susemihl ao. anm. 121). diese erklärung des begriffs vom tragischen erleidet durch die vierte hier zu beachtende stelle 1453 38 ff. (14, 16) wol kaum eine einbusze: denn dort heiszt es: TOútwv dè tò μèv TivÚσκοντα μελλῆσαι καὶ μὴ πρᾶξαι χείριστον, τό τε γὰρ μιαρόν ἔχει, καὶ οὐ τραγικόν, ἀπαθές γάρ. denn ein tragisches πάθος kann so nicht entstehen; ohne ein πά0ос aber kann wiederum weder von furcht und mitleid noch von tragischem gerechtigkeitsgefühl die rede sein. diese stelle verändert demnach die oben gegebene begriffsbestimmung des tragischen nicht, statuiert vielmehr nur eine bedingung, ohne welche das tragische gar nicht entstehen kann.

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