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Dort liegt die Sphinx am Brunnen,
Dort grünt der Feigenbaum,

Dort hinter diesen Fenstern
Verträumt' ich den ersten Traum.

Ich tret' in die Burgkapelle
Und suche des Ahnherrn Grab;
Dort ist's, dort hängt vom Pfeiler
Das alte Gewaffen herab.

Noch lesen umflort die Augen
Die Züge der Inschrift nicht1o,
Wie hell11 durch die bunten Scheiben
Das Licht darüber13 auch11 bricht12.

So stehst du, o Schloß meiner Väter,
Mir treu und fest in dem14 Sinn,
Und bist von der Erde verschwunden15,
Der Pflug geht über dich hin.

Sei fruchtbar, o theurer Boden,
Ich segne dich mild und gerührt16,
Und segn'1 ihn zwiefach, wer immer
Den Pflug nun über dich führt18.

Ich aber will auf mich raffen19,
Mein Saitenspiel in der Hand,
Die Weiten der Erde20 durchschweifen
Und singen von Land zu Land.

Adalbert von Chamisso.

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tive. 7 Den Burghof hinan, up into the court-yard. My. 9 Ich tret' in, 1 enter. 10 The prose order of this sentence would be: Die umflorten Augen Lesen noch nicht, &c., my veiled eyes do not yet read (decipher) the traces of the inscription. 11 Wie hell . . . auch, however clear. 12 Brechen, to break. 1 Over it, i. e. die Inschrift. 14 Mir in dem, in my. 15 Verschwinden, to disappear, to vanish. 16 Mild und gerührt, kindly and (though) moved. 1 Supply ich: I bless him doubly (zwiefach). 18 Führen is properly to lead, here to drive. 19 Sich aufraffen, to arise (quickly); the more usual order is: Ich will mich aufraffen. 20 Die Weiten der Erde, the wide world over.

21. Andenfen.

Ich denke dein2,

Wenn durch den Hain
Der Nachtigallen
Accorde schallen2.

Wann denkst du mein?

Ich denke dein

Im Dämmerschein

Der Abendhelles

Am Schattenquelle.
Wo denkst du mein?

Ich denke dein
Mit süßer Pein,
Mit bangem Sehnen1
Und heißen Thränen.
Wie denkst du mein ?

denke mein
Bis zum Verein5
Auf besserm Sterne!
In jeder Fernes

Denk' ich nur dein.

Friedrich Matthis so n.

21.

I think of thee; dein is the ancient and poetical genitive of du, the usual form is deiner. So mein below is for meiner, of me, see Gr. p. 428, § 90, obs. I. 2 Der Nachtigallen Accorde schallen, the nightingales warble their symphonies, lit. the accords of the nightingales resound. 3 Im Dämmerschein der Abendhelle, in the glimmerings of the evening twilight. * Longings, an infinitive used substantively. 5 Bis zum Verein, till our union. 6 In jeder Fer= ne, at every distance, however far removed.

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Kennst du das Land, wo die Citronen blühn2,
Im dunkeln Laub die Goldorangen glühn2,
Ein sanfter Wind vom blauen Himmel weht,
Die Myrthe still und hoch3 der Lorbeer steht?
Kennst du es wohl4?

Dahin! Dahin!

Möcht's ich mit dir, o mein Geliebter, ziehn2.

Kennst du das Haus? Auf Säulen ruht sein Dach,
Es glänzt der Saal, es schimmert das Gemach,
Und Marmorbilder stehn und sehn mich an7;
Was hat man dir, du armes Kind, gethan?
Kennst du es wohlt?

Dahin! Dahin!

Möcht's ich mit dir, o mein Beschützer, ziehn.

22.

1 MIGNON is one of the most interesting characters in Goethe's Wilhelm Meister. In her earliest childhood she was secretly carried off from her home in Italy by a company of strolling jugglers, and trained to perform feats on the rope, &c. Meister, who one day happened to witness the performances of this troop, during which the child was unmercifully abused, obtained possession of her, and became her protector. One morning he was surprised to find her before his door, singing this song to a cithern, which accidentally had fallen into her hands. "On finishing her song for the second time, she stood silent for a moment, looked keenly at Wilhelm, and asked him: Know'st thou the land ?" 'It must be Italy,' said Wilhelm (the history of the child was as yet a mystery to him); 'where didst thou get the little song?' 'Italy!' said Mignon, with an earnest air; if thou go to Italy, take me along with thee, for I am too cold here.' 'Hast thou been there already, little dear?' said Wilhelm. But the child was silent, and nothing more could be got out of her." Meister's Lehrjahre, book iii. chap. 1st. For blühen, glühen, ziehen. So also in the second stanza stehn und sehn for stehen und sehen. As has already been remarked, such elisions of the e are very frequent, especially in poetry. 3 Still and hoch here adverbs; they may, however, better be rendered as adjectives: where the modest (quiet) myrtle and the lofty laurel stands. 4 The original signification of this word is well; it is, however, often employed to indicate a supposition, a doubt, or a question, and then it is usually rendered by perhips or I suppose; but often the delicate shade of meaning which it imparts to a sentence cannot be translated very well, and it seems to be a mere expletive know'st thou it? tell! : 5 I would (like), imperf. subj. of mögen.

Kennst du den Berg und seinen Wolkensteg?
Das Maulthier sucht im Nebel seinen Weg;
In Höhlen wohnt der Drachen alte BrutR;
Ess stürzt der Fels und über ihn die Fluth.
Kennst du es wohlt?

Dahin! Dahin!

Geht unser Weg! o Vater, laß uns ziehn!

Göthe.

23. Die Krone des Alters.

Wen1 der Schöpfer ehret, warum sollen den1 nicht auch die Menschen ehren? Auf des Verständigen und Tugendhaften Haupte ist ein graues Haar eine schöne Krone.

Drei Greise feierten zusammen ihr Jubelfest und erzählten ihren Kindern, woher sie so alt geworden. Der eine, ein Lehrer und Priester, sprach: „Nie kümmerte mich1, wann ich zu lehren ausgings, die Länge des Weges; nie schritt ich anmaßend über die Häupter der Jugend hinweg, und hob die Hände nie auf zum Segnen, ohne daß ich wirklich segnetes und Gott lobte, dars um bin ich so alt geworden."

Der andere, ein Kaufmann, sagte: „Nie habe ich mich mit meines Nächsten Schaden bereichert; nie ist sein Fluch mit mir zu

68 is not translated. 7 Und sehn mich an, and look at me (as if to ask), what have they done to thee, poor child? was hat man dir, du armes Kind, ge= than? 8 The other order is: Die alte Brut der Drachen (Gr. p. 381, § 9), the ancient brood race) of dragons.

tuous.

23.

Den is the antecedent of wen, him whom. The sentence is: why should not men, too, honour him whom the Creator honours? 2 Auf dem Haupte des Verständigen und Tugendhaften, upon the head of the wise and vir3 Supply waren, had become. 4 Nie kümmerte mich, never did I mind. 5 Ausgehen, to go out. 6 Hinwegschreiten, to stride over, to trample upon; anmaßend, haughtily. 7 Aufheben, lift up; zum Eegnen, to bless. 8 Ohne daß ich wirklich segnete, lit. without that I actually blessed, i. e. without actually blessing. Ist... gegangen, did... go, from gehen. In German, as in English, all transitive verbs have haben for their auxiliary, but of intransitive verbs some assume haben and others sein. Verbs which imply motion either in general or to some particular object, and such as denote a

Bette gegangen, und von meinem Vermögen gab10 ich gern den Armen, darum hat mir Gott die Jahre geschenkt."

Der dritte, ein Richter des Volkes, sprach: „Nie nahm11 ich Geschenke; nie bestand12 ich starr auf meinem Sinne ; im Schwersten13 suchte ich mich jederzeit zuerst zu überwinden, darum hat mich Gott mit meinem Alter gesegnet." Da traten1 ihre Söhne und Enkel zu ihnen heran14, füßten ihre Hände und kränzten sie mit Blumen. Und die Väter segneten sie und sprachen: "Wie eure Jugend, sei auch euer Alter! Eure Kinder seien euch, was ihr uns seid15: auf unserm greisen Haar eine blühende Rosenkrone."

Das Alter ist eine schöne Krone; man findet sie aber nur16 auf dem Wege der Mäßigkeit, der Gerechtigkeit und Weisheit.

Herder.

24. Sonne und Mond.

Vom Rathe des Ewigen ging1 die schaffende Stimme aus1: "Zwei Lichter sollen am Firmamente glänzen, als Könige der Erde, Entscheider der rollenden Zeit?!"

Er sprach; es ward3. Aufging1 die Sonne, das erste Licht. Wie ein Bräutigam am Morgen aus seiner Kammer tritt — wie der Held sich freuet auf seiner Siegesbahn, so stand sie da, ge-~ kleidet in Gottes Glanz. Ein Kranz von allen Farben umfloßs ihr Haupt, die Erde jauchzete, ihr dufteten die Kräuter, die Blumen schmückten sich.

Neidend stand das andre Licht und sah, daß es die Herrliche nicht zu überglänzen vermochtes. "Was sollen," sprach sie mur

transition from one state to another, assume sein. For a list of these verbs see Gr. p. 454, § 132. 10 Geben, to give. 11 Nehmen, to take. 12 Auf etwas bestehen, to insist on a thing; starr, obstinately. 13 In the most difficult (cases). 14 Traten... zu ihnen heran, stepped up to them. 15 May your children be to you, what ye are to us. 16 Man findet sie aber nur, but it is only found.

24.

1 Ausgehen, to proceed. 2 Entscheider der rollenden Zeit, adjusters, rulers of the rolling time. 3 It was done. 4 Up rose, aufgehen. 5 As; aus seiner Kammer tritt, goes forth from his chamber. 6 Umfließen, to flow around, encircle. 7 Envious. Daß es nicht... vermochte, that she could not; die

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