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eine schneidende Kälte mit sich. Der Monat März war nicht viel besser; die Kälte stieg noch bis auf - 19°; jeden dritten Tag im Durchschnitt trat Sturm ein und nur fünf Tage im Monat war einigermassen Windstille. Im April wurde das Wetter plötzlich behaglicher, und an nicht weniger als funfzehn Tagen war es ziemlich still, doch sank das Thermometer noch bis unter -14°, und obschon einzelne Tage mit Thauwetter eintraten und die Wärme selbst über - 9° stieg, begann doch der Monat Mai, ohne dafs die schweren Schneemassen, die sich auf dem Lande aufgehäuft hatten, ein erkennbares Anzeichen ihres Verschwindens gegeben hätten. Im Gegentheil schneite es in den ersten Tagen des Mai unaufhörlich, und der Schnee lag in jener Zeit zwischen den Häusern der Colonie zuweilen 8 Ellen hoch, so dafs die niederen Hütten der Grönländer ganz unter demselben begraben waren, und man über ihre Dächer hinwegschritt; man musste Gänge zu den Thüren und Fenstern derselben aufdecken, und auch zwischen den dänischen Häusern wurde die Communication nur mühsam mit Hilfe von schmalen Hohlwegen zwischen Schneewänden von 3 bis 7 Ellen Höhe aufrecht erhalten. Am 5. Mai klärte sich die Luft bei einem nördlichen Sturm und -5° Kälte auf. Der neugefallene Schnee wirbelte über die Fjelde dahin und verhüllte Alles in einen dichten Nebel, und die Hohlwege wurden so verweht, dafs sie auf's Neue ausgegraben werden mussten. Noch am 6. Mai hatte man des Morgens 6° Kälte. Erst nach diesem Tage nahm der Schnee nicht mehr zu und kurze Zeit darauf trat starkes Thauwetter mit Regenschauern ein, wodurch die Flüsse in Gang kamen. So endete dieser langanhaltende Winter, der für die grönländische Bevölkerung dieses Districts viel Noth und Ungemach herbeiführte. Es ist daraus ersichtlich, dafs sich die Strenge des Klimas nicht sowohl in besonders hohen Kältegraden, als in der langen Dauer derselben und der Langsamkeit, mit der die darauf folgende nur geringe Sommerwärme die Spuren des Winters zu vertilgen vermochte, aussprach. Was wir in dieser Hinsicht hier hervorheben wollen, dürfte vielleicht in Betracht der Lage des Ortes, (nicht weit von dem Parallel Christiania's) als auffallend erscheinen; aber der Verfasser hatte Gelegenheit die Thatsache mit eigenen Augen zu beobachten: noch am 18. Mai war der Garten des Missionärs bei Lichtenau mit altem Schnee bedeckt, welcher überdies gerade an diesem Tage gegen Abend unter dem kalten und scharfen Nordwinde fest wie Eis gefroren war; man hatte es vergeblich versucht ihn durch Aufhauen und Ausbreiten in der Sonnenwärme zu schmelzen. Zu derselben Zeit hatten auch ganz kleine Scheeren, die von der Meeresbrandung halb bespült wurden, noch eine Eis- und Schneedecke, die weder die aushöhlende Brandung, noch die von allen

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Seiten frei einwirkende Atmosphäre, in Verbindung mit den Strahlen der Sonne im Stande gewesen waren, auf eine geringere Dicke, als ein Paar Ellen zu reduciren. Noch am 25. Mai war das Eis auf dem ganzen Landsee von Julianehaab fest und hart genug um darauf zu gehen; es wurde gemessen und noch eine Elle und acht Zoll dick gefunden. Selbst am 8. Juni war derselbe Landsee, nach einem starken Nachtfrost, in seiner ganzen Ausdehnung fest und hart genug gefroren, um begangen zu werden; nur längs des Landes befand sich eine schmale offene Rinne, die mit Leichtigkeit übersprungen werden konnte. Erst nach diesem Tage wurde die Passage über diesen See etwas schwieriger. Am Morgen des 15. Juni stand das Thermometer noch auf 1° und es schneite dicht und ununterbrochen bis zum Nachmittage. Das ganze Land wurde dadurch wieder weifs, der neu gefallene Schnee blieb den nächsten Tag über nicht allein auf den Fjelden, sondern auch in den kleinen Gärten der Colonie und selbst auf den Dächern der Häuser liegen. Die Thiere mufsten wieder in den Stall gebracht werden, mit einem Worte, es war wie mitten im Winter in Dänemark. Aber noch viel übler waren die Witterungsverhältnisse in dem nordwestlichen Theile dieses Districts, der weiter in das Meer hinausreicht, und in dem vielleicht überhaupt mehr Schnee fällt und andererseits die häufigeren von der See kommenden Eisnebel den Sommer rauher und kälter machen und die Wirkung der Sonnenstrahlen abschwächen. Was hier in den Tagen vom 29. Juni bis zum 1. Juli zu sehen war, lautet fast fabelhaft. Beinahe alle kleineren Meeresbuchten und viele Fahrwasser zwischen den Inseln waren in dieser Zeit noch mit Eis vom vorigen Winter belegt, und an einzelnen Stellen hatte dasselbe noch nicht einmal längs des Landes, wo es doch sonst häufig von dem Steigen und Fallen des Wassers gehoben und gebrochen wird, wegzuthauen angefangen; der Schnee, der das ganze Uferland bedeckte, dehnte sich auch über das Eis aus und verwischte die Grenze zwischen beiden. Von dem langen Sunde Torsukatek aus, der sonst im Sommer von Schiffen zur Durchfahrt benutzt wird, jetzt aber in seinem engsten Theile kaum einen schmalen Wasserstreifen längs des Landes, breit genug für ein Weiberboot, besafs, unternahm man den Versuch auf der nördlichen Seite eine Tour von ungefähr einer Meile landeinwärts auszuführen. Sobald man das Land betreten hatte, kam man durch tiefen Schnee, darauf über ein paar kleinere Hügel, von denen nur die Gipfel schneefrei waren, während die Abhänge und die dazwischen liegenden Thalstriche in eine dicke Schneedecke gehüllt waren. Von diesen Hügeln stieg man zu einem reichlich Meile langen Landsee hinab, der ein tiefes von sehr steilen und düsteren Klippenwänden eingeschlossenes Thal ausfüllt. Auf

diesem Landsee war buchstäblich gesprochen noch keine Spur von irgend einem Thauwetter zu finden; in der Mitte desselben war das Eis noch fest und hart, und längs der Ufer lag Schnee, der sich wie ein ebener Abhang über das umgebende Land ausbreitete, so dass man die Scheidung von dem See und dem Lande selbst nicht zuverlässig angeben konnte. Von diesem See aus kam man über eine Strecke Landes, die halb mit Schnee bedeckt, halb entblöfst war, zu einem anderen gröfseren See, der ganz in derselben Weise mit festem Eise geschlossen war; nur an dem entgegengesetzten Ende dieses letzten See's, an welchem derselbe einen Strom in's Meer absendet, war eine offene Stelle, so dass man nur auf einem Umwege ungefährdet an diesem Punkte vorüber kommen konnte. Der Flufs selbst hatte schon eine ziemlich starke Strömung. Weiterhin waren die höheren Bergabhänge, die man passiren musste, um über die Halbinsel zu gelangen, so mit Schnee bedeckt, dafs man ohne Schneeschuhe nicht gut weiter kommen konnte. Dies zeigte sich am 29. Juni und man darf daher vermuthen, dafs die hier erwähnten Landseen vor dem Ende des Monat August nicht völlig aufgethaut sind.

Der Sommer, oder die Monate Juni, Juli und August des Jahres 1854 hatten eine Mitteltemperatur von + 71°, das Maximum belief sich auf + 16°, das Minimum betrug -1°; der Juli war sehr milde, da die Temperatur nie unter + 5° sank, was eine ungewöhnliche Erscheinung ist. Wohl hauptsächlich der grofsen Schneemasse wegen, die erst so spät verschwand, gedieh die Vegatation im Ganzen nur mäfsig; die Beeren reiften nur im Innern der Fjorde. Während man in den Districten Omenak und Jakobshavn in Nordgrönland im Allgemeinen reife Beeren in aufserordentlicher Menge findet, konnte man in diesem Sommer zunächst der Colonie Julianehaab nur ganz vereinzelt dergleichen auftreiben, meistentheils waren sie grün geblieben und nicht einmal ausgewachsen.

Der darauf folgende Winter von 1854-1855, der weiter nach Norden hinauf sehr strenge war, zeichnete sich bei Julianehaab durch seine Beständigkeit und verhältnifsmässige Milde aus. Allerdings trat schon im September Frostwetter ein, und das Land wurde unter heftigen Nordstürmen schon bald nach dem 20sten mit Schnee bedeckt; im October hatte man 7° Kälte und ziemlich viel Schnee, derselbe ging im November unter vorherrschenden Südostwinden wieder ganz weg. Im December sank das Thermometer auf -17° und bezeichnete damit die stärkste Kälte, die sich während des ganzen Winters zeigte; in diesem Monat, wie auch im Januar fiel eine ungeheure Menge Schnee. Im Februar trat eine sehr merkwürdige Wetterveränderung ein; der Südostwind fand sich plötzlich ein und führte einen warmen Luftstrom

mit sich; er klärte die Luft ganz auf, wurde dann schwächer und wehte fortan ganz gleichmäfsig 8 bis 14 Tage hindurch, nur hin und wieder mit Windstille abwechselnd. In der ganzen Zeit war der Himmel ununterbrochen klar, das Thermometer hielt sich ungefähr auf dem Gefrierpunkte, so dafs sich kein fliefsendes Wasser zeigte. Diese Tage waren schöner und anmuthiger, als es die beste Sommerzeit zu sein pflegt. Der Monat März hielt sich, wie der Februar zwischen 6° Wärme und 12° Kälte, war aber sehr stürmisch und es fand sich namentlich um die Zeit der Tag- und Nachtgleiche der Südostwind mit orkanartiger Gewalt ein. Im März und April fiel wieder eine aufserordentliche Menge Schnee, so dafs beim Beginn des Sommers ungefähr eine ebensogrofse Masse desselben vorhanden war, als im vorhergegangenen Jahre. Er begann jedoch etwas zeitiger zu verschwinden und der Sommer selbst war ungewöhnlich beständig und angenehm. Da es sich in den vorigen Jahren als unnütz erwiesen hatte, vor dem Monat Mai den Schnee aus den Gärten zu schaffen, weil doch wiederholt neuer Schneefall eintrat, liefs man ihn in diesem Jahre bis zum 1. Mai liegen und zu dieser Zeit bedeckte er den ganzen Garten noch 2 bis 3 Ellen hoch und war in der untersten Region fest wie Eis. Auf den Landseen war am 25. April das Eis 1 Elle und 8 Zoll dick, also nur einen Zoll dünner, als im vorhergegangenen Jahre. Es zeigte sich also, dafs die Strenge des Winters nicht immer nach der Menge Schnee und Eis, welche man im Frühjahr vorfindet, beurtheilt werden kann, wie auch andererseits weniger der Kältegrad, als das stürmische und rauhe Wetter den Winter unbehaglich macht. Anfangs Juni schneite es ununterbrochen einen Tag und zwei Nächte hindurch, so dafs der Weg auch in der allernächsten Umgebung der Häuser fast unpassirbar war. Am 14. Juni lag noch festes Eis auf einem grofsen Theile der Binnenseen, die jedoch eine Woche früher, als im vergangenen Jahre aufthauten. Mit dem Monat Juni hörten die erwähnten bei Julianehaab veranstalteten Beobachtungen der Witterungsverhältnisse auf.

Es ist möglich, dafs die beiden hier beschriebenen Winter in Bezug auf ihre Schneemenge und lange Dauer etwas Aufsergewöhnliches waren, denn man hat auch Winter von auffallender Milde und mit früh eintretendem Thauwetter erlebt, aber im Allgemeinen und namentlich mit Rücksicht auf die Mitteltemperatur des ganzen Jahres dürfen diese Jahre gewifs als passender Maafsstab dienen. Man nahm allgemein an, dass die Mitteltemperatur des ganzen Jahres für Julianehaab etwas unter dem Gefrierpunkt sei; dies stimmt aber nicht ganz mit den hier angeführten Beobachtungen, nach welchen sie sich auf +2°, also etwa 1 höher, stellt. Dieses entspricht der Temperatur in den nördlichen Lappmarken und dem nördlichsten Theil von Island. Der

rauhe Charakter des Klimas äufsert sich nicht sowohl in einer strengen Winterkälte, als in dem Mangel an Sommerwärme. Der Winter ist nicht viel kälter, als in Norwegen und Schweden unter denselben Breitegraden und bei weitem nicht so kalt, als in viel südlicher liegenden Gegenden Rufslands; aber die Sommerwärme, auf welcher die Vegetation allein beruht, fällt so gut wie ganz fort. Die im Vorigen beschriebenen Sommer bei Julianehaab müssen auch für besonders warm angesehen werden; nach Beobachtungen, die von Herrn Kleinschmidt bei Lichtenau angestellt wurden, erreichte in dem Zeitraum von vier vollen Jahren nur ein einziger Tag eine Wärme von über 15 Grad und nur vier Tage eine Wärme von über 12 Grad. Dies rührt von der Nachbarschaft des kalten Meeres auf der einen und des festen Innenlandeises auf der anderen Seite her. Wenn man die Tage, an denen der warme Landwind weht, ausnimmt, kann das wärmste Sonnenwetter, zu welcher Zeit es auch immer sein möge, durch Seewind mit eiskalten Nebeln unterbrochen werden: nur in der Mitte zwischen diesen beiden erwähnten kalten Regionen, nämlich im Innern der Fjorde, wo die hohen Fjelde Wetterschutz gewähren, ist man einigermassen gegen die Eisnebel des Meeres geschützt; aber auch dort hat die Sonne kaum im Laufe des Vormittags das Land ein wenig erwärmt, so findet sich auch ein regelmässiger kalter Seewind ein. Auf den der Küste vorgelagerten Inseln kann das Thermometer zu jeder Zeit des Jahres auf + herabsinken und nur in zwei Monaten des Jahres ist man vor Nachtfrösten einigermaafsen sicher. Es zeigt sich also bei einem Vergleiche mit dem übrigen Grönland, dafs dem grofsen Unterschiede der geographischen Breite Nord- und Südgrönlands der Unterschied der Sommerwärme in den verschiedenen Colonien nicht entspricht, wogegen der Unterschied der Winterkälte desto gröfser ist. Fafst man die drei Sommermonate Juni, Juli und August und die drei Wintermonate December, Januar und Februar in's Auge, so zeigt sich, dafs die nördlichste Colonie Grönlands, Upernivik, eine Sommerwärme von fast +3, Julianehaab noch nicht + 7° besitzt, der Unterschied also nur + 4° beträgt. Dagegen hat Upernivik eine Wintertemperatur von fast -17°, Julianehaab aber kaum -5°; in dieser Jahreszeit wächst also der Unterschied auf mehr als 11 Grad an. Die Differenz für das ganze Jahr zwischen beiden Orten beträgt 9 Grad. Für die nördlichste Colonie in Südgrönland kann die Mitteltemperatur des ganzen Jahres auf -3° angenommen werden, woraus man auf das Klima des übrigen Südgrönlands schliefsen kann.

Von den Winden haben wir des warmen Südost erwähnt, der mit dem Sirokko oder ähnlichen localen warmen Laftströmen in anderen Ländern verglichen werden kann. Die Meinung, dafs er ein Zweig

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