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Eisenbahnverwaltung gegen entsprechende Gebühren gestellt zu sehen und alle Maßregeln, welche die Transporte zu vermehren, ohne Schädigung der Fracht zu verbilligen, und für Jedermann bequem einzurichten geeignet sind, dürften für die Eisenbahnverwaltung vortheilhaft und mindestens zu probieren sein. Man wird ja sehen was die Versender dazu sagen. Jede Entwicklung muß nur einmal einen Anfang nehmen. Welche Bedenken wurden gegen die Erbauung der ersten Eisenbahnen von allen Seiten vorgebracht, als Männer selbständigen Denkens und voll Kraft der Vorstellung diese Idee faßten, die sich so glänzend bewährt und die Welt umgestaltet hat! Es ist oft gui, allzu konservative und auf das Bestehende eingeschworene Männer an die Geschichte des Bestehenden zu erinnern, das auch einmal etwas Neues war. Für den Massen- . transport ist vorläufig genügend gesorgt; Millionen sind noch neuerdings von der Verwaltung angelegt zur Vergrößerung des Fassungsraums der Wagen für die Ladungen durch Erhöhung ihrer Tragfähigkeit auf 12 500 und 15 000 kg und durch Be= schaffung von Wagen zu 20 000 kg, ein Anlagekapital, welches wesentlich für die großen Versender aufgewendet ist und, wie es scheint die erhofften Früchte nicht bringen will, da von diesem Wagen oft nur wenig Gebrauch gemacht, respektive die volle Beladung oder der Gebrauch dieses Wagens abgelehnt wird. Man sollte doch auch einmal im Interesse des Kleinverkehrs zur Stärkung der wirthschaftlich Schwachen ein paar Millionen Anlagekapital übrig haben! Es mag noch angedeutet sein, wie wünschenswerth es für die massenhaften Umzüge wäre, wenn die Eisenbahnverwaltung ihrerseits Packgefäße dafür stellte, die am Bestimmungsorte oder in seiner Nähe wieder Verwendung finden könnten.

Der Uebergang zur Verpackung zahlreicher Sendungen in handliche feste Kolli wird auch mit großer Wahrscheinlichkeit eine ein= fachere Tarifirung und eine einfachere Abfertigung mit sich bringen und damit wiederum eine Minderung der Selbstkosten. Das Gewicht einer Frachtsendung wird jezt mindestens mit 20 kg berechnet. Wenn man den billigen Kistentarif in drei Stufen eintheilte für Kisten von bestimmten Meistmaßen bis zu 25 kg, 50 kg und 75 kg Meistgewicht, so hätte man das Zentnerpacket, halbe und anderthalbfache Zentnerpacket für den Eisenbahnverkehr. Nicht das Mindeste würde entgegenstehen, auf diese Packete dieselbe einfache Art der Abfertigung anzuwenden, deren sich die Post bedient, mit Begleitadressen und Talon für den Empfänger. Die

ganze umständliche Behandlung der Frachtbriefe, die genaue Gewichtsermittelung, die Herstellung der Karten, die weitläufigen Buchführungen und Kontrollarbeiten würden erspart oder wesentlich vereinfacht. Gegen Gewährung des billigen Tarifs könnte man dem Versender auch die Herstellung eines Duplikats der Begleitadresse auferlegen, das auf der Versandstation zurückblicbe und fast alle Buchungen ersparte. Ferner könnte man den Frankirungszwang einführen und die Erhebung einer Nebengebühr für mangelnde Frankirung. Was für Zeit geht nicht verloren bei nachträglicher Einziehung der Frachten! Einfach müssen die Dinge gestaltet werden, Arbeit, Buchführung und Kontrole müssen auf ein geringes Maaß zurückgeführt werden, dann kann man billig fahren und ein flotterer Gang der Beförderung wird erzielt werden. Manus manum lavat, auch die Interessenten müssen sich in andre Gestaltungen und andre als die gewohnten Formen finden, wenn sie die Transporte rasch und billig ausgeführt sehen wollen und das ist schließlich die Haupt= sache. Ihre Leute und Gespanne verlieren jeßt oft eine unendliche Zeit, die sie bezahlen müssen. In Deutschland tritt man allerdings ungern auf solche Wege; der Deutsche hat viele Bedürfnisse, fügt sich ungern, und folgt schwer führenden Gedanken. Jeder hat so leicht seinen besonderen Wunsch bei irgend einem Nebenpunkte, und wenn der nicht erfüllt wird, dann schüttet er das Kind mit dem Bade aus und will von der ganzen Sache Nichts wissen. Londoner Kaufleute des Welthandels haben es oft ausgesprochen, daß unter allen Nationen die Deutschen am Meisten geneigt sind, Ausstellungen zu machen und über Kleinigkeiten zu stolpern. Man muß die eignen Fehler erkennen, wenn man sie bessern und ihre Nachtheile vermeiden will. Für das große Geschäft der Eisenbahnen will die Abstufung des gewöhnlichen Frachtguts für die Frachtberechnung von 10 kg zu 10 kg allzu apothekermäßig erscheinen. Man könnte bei den vorgeschlagenen billigen Säßen von höchstens zwei Dritteln des jeßigen Tarifs für die handlichen und den Erfordernissen der Wagenausnüßung entsprechenden Frachtpackete getrost drei Stufen von 25 zu 25 kg einführen und die Tarifirung nach Zonen von einer Anzahl von Kilometern einrichten, oder nach Tarquadraten, so daß Beamte und Publikum leicht und sicher die Fracht für die Kisten feststellen könnten; sogar das Freimarkensystem könnte auch auf diese Packete und die Begleitadressen zur Anwendung gebracht werden. Die Feststellung, ob eine Zentnerkiste, halbe oder Anderthalbzentnerkiste aufgegeben wäre, würde gegenüber der genauen

Gewichtsfeststellung mittelst Dezimalwaage außerordentlich vereinfacht werden und durch eine Zeigerwaage erfolgen können, über welche die Kisten liesen. Vielleicht könnte man sich sogar mit Stichverwicgung begnügen, Deklaration der Packetstufe verlangen und eine Vertragsstrafe auf unrichtige Angaben des Versenders legen. Kisten von einem 75 kg übersteigenden Gewichte und alle übrigen Güter hätten ohne Weiteres die gewöhnliche Fracht zu zahlen und würden wie gewöhnlich abgefertigt. Die Annahme und Ausgabe, beziehentlich Zustellung der vorgeschlagenen Eisenbahnpackete möchten sich dann ebenso rasch und leicht vollziehen, wie der Packetverkehr der Post und das Publikum könnte die Mitwirkung einer ebenfalls zu bezahlenden Mittelsperson entbehren. Man lieferte einfach seine Kisten mit frankirten Begleitadressen an der bestimmten Stelle ab und die Verladung könnte sofort erfolgen, ohne daß die Papiere noch durch ein halbes Dußend Beamte an anderer Stelle behandelt würden und ähnlich würden die Auslieferung und Zustellung be= schleunigt werden. Steht unsere Zeit im Zeichen des Verkehrs, so sollte der Verkehr unter dem Zeichen der Einfachheit, Schnelligkeit und Billigkeit stehen.

Die Zonen möchten von 10 zu 10 Kilometern einzurichten sein, vielleicht von 20 zu 20 Kilometern. Mit Rücksicht auf die außer= ordentliche Billigkeit der Säße müßte jedoch von aller und jeder Staffelung und Geographieverbesserung abgesehen werden. So ist auch jezt der Streckensaß für Stückgut nicht gestaffelt, wohl aber der Abfertigungssag und zwar nicht vorwärts, sondern rückwärts; die Abfertigungsgebühr steigt jezt von 10 zu 10 Kilometern und erreicht das Maximum von 20 Pfennigen für die 100 Kilogramm bei Ueberschreitung der Grenze von 100 Kilometer. Die Transporte werden also bis zu 100 Kilometern mit der größeren Länge der Beförderungsstrecke verhältnißmäßig theurer. Es ist merkwürdig, was für entgegengeseßte Prinzipien die Tarifkünstler befolgt haben. Auch diese steigende Staffelung der Abfertigungsgebühr sollte man bei Einführung des billigen Kistentarifs für diesen fallen lassen, da die Differenz für die Kiste von höchstens 75 Kilogramm nur gering ist. Eine fallende Skala dieses Kistentarifs oder des allgemeinen Stückguttarifs für weitere Strecken empfiehlt sich nicht, da die Leistung der Eisenbahn ebenso wie im Personenverkehr stets dieselbe bleibt und damit auch die Selbstkosten. Umladungen kommen auch auf langen Beförderungsstrecken in der Regel immer wieder vor Für alle Transporte sinken die Selbstkosten wesentlich nur

dann, wenn es sich darum handelt, Massen in geschlossenen Zügen von einem Punkte über eine weite Strecke bis zu einem anderen Punkte ohne jede Behandlung, Rangirung, Umladung u. s. w. lediglich unter Wechsel der Maschinen rasch durchzufahren; und auch dann nur, unter der Voraussetzung, daß die leer gewordenen Wagen mindestens zum Theil Rückfracht erhalten können und nicht Lokomotive und Wagen regelmäßig eine volle Leertour zurückzulegen haben. Wir fahren jezt bei der Be= förderung der Güterwagen unterwegs eben so viele Rangirkilometer wie Beförderungskilometer. Dieser Umstand spricht wesentlich dafür, daß mit der Länge der gewöhnlichen Transporte die Selbstkosten für die lezten 300 Kilometer gegen die ersten 300 Kilometer nicht erheblich fallen.

gemeinsames Geschäft

Die Eisenbahnwirthschaft ist ein aller Steuerzahler. Ueberblicken wir die Folgen, die wir von einer Frachtherabseßung für das betriebsgemäß verpackte Stückgut und von der betriebsgemäßen Organisation dieses Verkehrs erwarten. Es wird gespart werden an unnöthigen Zugkosten für die Beförderung solcher Wagen, die kaum zum fünften Theile beladen sind; die Rangirarbeiten, die Aufenthalte der Züge, die AbfertigungsKontroll- und Handarbeiten werden sich vermindern; man wird für das Stückgut weniger Wagen brauchen und damit werden die Zinsen des Anlagekapitals und die Kosten der Unterhaltung und Erneuerung sinken. Ferner wird ein der Eisenbahn vielfach entrissener Verkehr und dessen Einnahmen für die Allgemeinheit wieder gewonnen werden; und alle die Betriebe und Haushaltungen, deren Bezüge im einzelnen unter dem Maße einer Ladung bleiben - insbesondere die kleinen gewerblichen Betriebe, das Handwerk, die größeren und kleineren Landgüter werden ihre Bedürfnisse und Materialien billiger beziehen, ihre Stückguterzeugnisse billiger versenden und damit sich der Abhängigkeit von den Zwischenhånden entziehen können. Das aber wird diesen zahl= reichen Existenzen, deren Gedeihen durch die moderne Entwicklung des Verkehrs so sehr gefährdet ist, vom höchsten Nugen sein.

Wilhelm Roscher †.

Bon

Karl Bücher.

Ein deutsches Professorenleben von typischer Vollendung ist mit Wilhelm Rojcher zur Neige gegangen; ein Leben, arm an äußeren Ereignissen, aber voll stillen gedeihlichen Wirkens; fern dem lärmenden Treiben des Tages, aber nicht weltfremd und weltflüchtig, sondern mitten inne stehend in der großen Geistesbewegung jeiner Zeit, ja diese vielfach fördernd und mitbestimmend. Und ein guter Mensch ist in ihm von uns geschieden, edel und hülfreich, bescheiden und wohlwollend, abgeneigt allem falschen Schein. Aber auch ein weiser Mann ist er gewesen, der bedächtig seines Weges ging, rückwärts und vorwärts schauend und in seltenem Maße die schwere Kunst verstand, sein ganzes Dasein harmonisch zu gestalten.

Es findet sich in diesem Leben, soweit der jüngere Fachgenosse es zu überschauen vermag, kein Sturm und Drang, keine schroffen Wechsel, keine raschen glänzenden Thaten; dafür aber um so mehr geduldige, ihres Zieles sichere Arbeit, um so nachhaltigere Erfolge. Wie nach einem im Voraus bis in alle Einzelheiten sorgfältig überlegten Plane hat Roscher dieses Leben gestaltet, und ein gütiges Geschick hat ihm beschieden, daß kein Theil seines Planes unausgeführt geblieben ist.

Diese Planmäßigkeit zeigt Roscher vor allem in der Erfüllung der wissenschaftlichen Lebensaufgabe, welche er sich selbst gestellt hatte: der Begründung einer historischen Nationalökonomic. In dem Grundriß zu Vorlesungen über die Staatswirthschaft nach geschichtlicher Methode“, den er im Frühjahr 1843 noch als Göt

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