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Mir meldet er aus Linz, er läge krank;
Doch hab' ich sichre Nachricht, daß er sich
Zu Frauenberg versteckt beim Grafen Gallas.
Nimm 2 beide fest und schick' sie mir hieher.
Du übernimmst 3 die spanischen Regimenter,
Machst immer Anstalt und bist niemals fertig,
Und treiben sie Dich, gegen mich zu ziehn,
So sagst Du Ja, und bleibst gefesselt 4 stehn.
Ich weiß, daß Dir ein Dienst damit geschieht,5
In diesem Spiel Dich müßig zu verhalten.
Du rettest gern, so lang Du kannst, den Schein;
Extreme Schritte sind nicht Deine Sache,"

1 That is, General Altringer. See page 261, note 7.

2 festnehmen, to arrest.

3 Du übernimmst, you take the command of

4 gefesselt, as if fettered.

5 daß geschieht, that a service is done to you (by enabling you).

6 Deine Sache, say to your taste. Cf. Int. p. xxi.

Drum hab' ich diese Rolle für Dich ausgesucht;
Du wirst1 mir durch Dein Nichtsthun diesesmal
Am nüßlichsten — Erklärt sich unterdessen
Das Glück für mich, so weißt Du, was zu thun.
(Mar Piccolomini tritt ein.)

Jezt, Alter,2 geh'. Du mußt heut Nacht noch fort.
Nimm meine eignen Pferde. Diesen da

Behalt' ich hier Macht's mit dem Abschied kurz!3
Wir werden uns ja‚a denk ich, Alle froh

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Wallenstein.

Der bin ich nicht mehr,

Wenn Du des Kaisers Officier Dich nennst.

Mar

So bleibt's dabei, Du willst das Heer verlassen?

1 Du wirst, you will be; Nichtsthun, inactivity.

2 Alter, translate: old friend. 3 Macht's kurz, make your farewell short.

4 See page 58, note 5.

5 Wir noch, we shall yet see each other, that is, before Octavio will set out on his mission.

6 So bleibt's dabei, is it then settled

Wallenstein.

Ich hab' des Kaisers Dienst entsagt.

Mar.

Und willst dis Heer verlassen?

Wallenstein.

Vielmehr hoff' ich.

Mir's enger noch und fester zu verbinden.

(Er setzt sich.)

Ja, Mar. Nicht eher wollt' ich Dir's eröffnen,
Als bis des Handelns Stunde würde schlagen.
Der Jugend glückliches Gefühl ergreift
Das Rechte leicht, und eine Freude ist's,
Das eigne Urtheil prüfend auszuüben,
Wo das Erempel rein zu lösen ist.
Doch, wo von zwei gewissen Uebeln eins
Ergriffen werden muß, wo sich das Herz

2

Nicht ganz zurückbringt aus dem Streit der Pflichten, Da ist es Wohlthat,3 keine Wahl zu haben,

Und eine Gunst ist die Nothwendigkeit.

Die ist vorhanden. Blicke nicht zurück.

Es kann Dir nichts mehr helfen. Blicke vorwärts!
Urtheile nicht! Bereite Dich zu handeln!
- Der Hof hat meinen Untergang beschlossen,
Drum bin ich Willens, ihm zuvor zu kommen.
Wir werden mit den Schweden uns verbinden.
Sehr wackre Leute sind's und gute Freunde.

(Hält ein, Piccolomini's Antwort erwartend.)

1 Das ist, to exercise one's judgment with deliberation, where the problem can be clearly solved.

2 ganz, wholly, that is, in its original unstained innocence. Wohlthat, blessing.

Ich hab' Dich überrascht. Antwort' mir nicht.

Ich will Dir Zeit vergönnen, Dich zu fassen.

(Er steht auf und geht nach hinten. Mar steht lange unbeweglich, in den heftigsten Schmerz versezt; 1 wie er eine Bewegung macht, kommt Wallenstein zurück unc stellt sich vor ihn hin.)

Mar.

Mein General! Du machst mich heute mündig.

3

Denn bis auf diesen Tag war mir's erspart,

Den Weg mir selbst zu finden und die Richtung.
Dir folgt' ich unbedingt. Auf Dich nur braucht' ich
Zu sehn und war des rechten Pfads gewiß.
Zum ersten Male heut verweisest Du

Mich an mich selbst und zwingst mich, eine Wahl
Zu treffen zwischen Dir und meinem Herzen.

Wallenstein.

Sanft wiegte Dich bis heute Dein Geschick,
Du konntest spielend Deine Pflichten üben,
Jedwedem schönen Trieb Genüge thun,

Mit ungetheiltem Herzen immer handeln.

So kann's nicht ferner bleiben. Feindlich 5 scheide.1
Die Wege sich. Mit Pflichten streiten Pflichten.
Du mußt Partei ergreifen in dem Krieg,

Der zwischen Deinem Freund und Deinem Kaiser
Sich jest entzündet.

Mar.

Krieg! Ist das der Name? Der Krieg ist schrecklich, wie des Himmels Plagen, Doch er ist gut, ist ein Geschick, wie sie.?

1 versett, plunged.

2 mündig machen, to emancipate. 3 war mir's, say: I was.

4 wiegen, to cradle.

5 Heindlich fich, the roads separute in opposite directions.

6 Partei ergreifen, choose your party.

7 ift fie, is a decree of fate, as they (are). War, being a judg ment of heaven, must needs be for some ultimate good.

Ist das ein guter Krieg, den Du dem Kaiser
Bereitest mit des Kaisers eignem Heer?
O Gott des Himmels, was ist das für eine
Veränderung! Ziemt solche Sprache mir
Mit Dir, der wie der feste Stern des Pols
Mir als die Lebensregel vorgeschienen! 1
O, welchen Riß erregst Du mir im Herzen!
Der alten Ehrfurcht eingewachs'nen 2 Trieb
und des Gehorsams heilige Gewohnheit
Soll ich versagen lernen Deinem Namen?
Nein, wende nicht Dein Angesicht zu mir!
Es war mir immer eines Gottes Antlig,3
Kann über mich nicht gleich die Macht verlieren;
Die Sinne sind in Deinen Banden noch,

5

Hat gleich die Seele blutend sich befreit!

Mar, hör' mich an!

Wallenstein.

Mar.

, thu' es nicht! Thu's nicht!

Sieh! Deine reinen, edeln Züge wissen
Noch nichts von dieser unglücksel'gen That.
Bloß Deine Einbildung befleckte ste,

Die Unschuld will sich nicht vertreiben lassen
Aus Deiner hoheitblickenden Gestalt.6

Wirf ihn heraus,7 den schwarzen Fleck, den Feind.

1 Mir vorgeschienen, have been shining before me as a rule of life. 2 eingewachsen, deep-rooted. 3 Es-Antlig, it was always to me like the face of a god. 4gleich, at once.

5 gleich, for obgleich, although.

6 Aus Gestalt, from your majestic aspect. In the expression hoheitblickend" (lit. 'majesty-looking'), the verb bliden" is used transitively, a practice which is to be followed in poetry only.

7 herauswerfen, to eject.

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