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denen Empfänger gegenüber die Gründe der Vorschrift des § 656 zu: Erleichterung der Frachtberechnung, Ersparung neuer Messungen u. s. w. bei der Löschung (vgl. Hamburger Regel XI im Anhang dieses Abschnitts) 1).

2. Ist das Abgelieferte der Regel des § 620 gemäfs der Frachtberechnung zu Grunde zu legen, so entscheiden ohne besondere Abrede in betreff der Ermittelung von Mafs und Gewicht die Gebräuche des Hafens, wo die Löschung erfolgt, vgl. Bd. I S. 64 und S. 190 dieses Bandes. Ist die Ware auf der Reise mit fremden Substanzen vermischt, so ist das Gewicht der letzteren in Abgang zu bringen, soweit dieselben nicht geradezu Bestandteil der Ware geworden sind, wie die Feuchtigkeit bei hygroskopischen Gütern. Liefert also z. B. bei einer Getreideladung das Schiff den Auskehr (Fegsel) mit ab, so ist ein Abzug am Gewicht wegen der Beimischung gerechtfertigt. Daher ist dem Urteil Hans. XVIII Nr. 53 nicht beizustimmen, welches bei Ablieferung des mit aus geschüttetem Salpeter (der Ladung) vermischten Bilgenwassers dem Empfänger nicht gestattet, das Gewicht des Wassers in Abzug zu bringen 2).

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1) So legt ein bisher ungedrucktes Erkenntnis des O.L.G. Stettin vom 25. Mai 1894 U. Nr. 503 de 92, allerdings mit einer etwas abweichenden Begründung, der Frachtberechnung in betreff einer Holzladung, die aus einem amerikanischen Hafen nach Wolgast gebracht, und hier an den Befrachter selbst auf dessen Namen das Konnossement gestellt war abgeliefert wurde, die im Konnossement angegebenen Mafse zu Grunde, da die Chartepartie, welche in betreff der Fracht in Bezug genommen war, weder ausdrücklich die letztere nach ausgeliefertem Mafs bestimmte, noch (wie häufig) Messungen nach den Gebräuchen des Bestimmungshafens vorschrieb. Der Ablader kann freilich ohne besondere Vollmacht nicht den Frachtvertrag ändern (vgl. Bem. Nr. 5 zu § 556, Bem. Nr. 6 zu § 651), aber wenn dieser keine ausdrückliche Bestimmung enthält, so kann, soweit das Gesetz nur eine „im Zweifel" anzuwendende Vorschrift enthält, auch auf das gesehen werden, was mit dem Ablader als gesetzlichem Vertreter des Befrachters verhandelt wird, um den wahren Willen der Kontrahenten festzustellen. So legt auch die französisch-belgische Praxis der Angabe des Gewichts oder Mafses im Konnossement nicht blofs gegenüber dem Konnossementsinhaber, sondern überhaupt Bedeutung bei (Jacobs I S. 342).

2) In England gilt weder die Regel des § 620, noch die des § 656. Als Regel gilt vielmehr, dafs in Ermangelung einer Abrede oder eines entgegenstehenden Handelsgebrauchs Fracht nur zu zahlen ist für das niedrigste Gewicht (oder Mafs), also bei Waren, welche schwinden, nach abgeliefertem, bei Waren, welche zunehmen, nach eingenommenem Gewicht. Bei der Ablieferung ermitteltes Gewicht pflegt mit „nett weight delivered" ausgedrückt zu werden, „delivered" allein hält man für zweideutig. Das im Konnossement angegebene, von dem Schiffer anerkannte Gewicht (oder Mass) ist nur dann der Frachtberechnung unbedingt zu Grunde zu legen, wenn dies ausdrücklich bedungen ist. Die Regel ist also Nachprüfung bei der Ablieferung (vgl. Carver, sect. 576-581), doch scheint man, wenn der Schiffer die Konnossementsangabe nicht anerkannt hat, die Fracht aber nach eingenommenem Gewicht (Mafs) zahlbar ist, der Konnossementsangabe die Bedeutung eines prima facie, durch Gegenbeweis widerlegbaren Beweises beizumessen, Carver, sect. 581. In dem Fall Hans XIV Nr. 50 geht O.L.G. Hamburg anscheinend hierüber hinaus, also zu weit.

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3. Ist nach Vertrag das eingenommene Gewicht mafsgebend, so mufs doch abgesehen von besonderen Klauseln für thatsächlich verlorene Güter (im Gegensatz von blofsem Verlust durch Schwinden, Leckage etc.) auf Grund des § 617 ein Frachtabzug stattfinden. Ist nach ausdrücklicher Bestimmung die Fracht entweder nach eingenommenem oder ausgeliefertem Gewicht oder Mafs zahlbar, so steht im Zweifel nach der Regel des § 262 B.G.B. dem Schuldner die Wahl zu, wobei als eingenommen das im Konnossement angegebene Gewicht (§ 656) gilt.

§ 621.

Aufser der Fracht können Kaplaken, Prämien und dergleichen nicht gefordert werden, sofern sie nicht ausbedungen sind.

Die gewöhnlichen und ungewöhnlichen Kosten der Schiffahrt, wie Lootsengeld, Hafengeld, Leuchtfeuergeld, Schlepplohn, Quarantänegelder, Auseisungskosten und dergleichen, fallen in Ermangelung einer entgegenstehenden Abrede dem Verfrachter allein zur Last, selbst wenn er zu den Mafsregeln, welche die Auslagen verursacht haben, auf Grund des Frachtvertrags nicht verpflichtet war.

Die Fälle der grofsen Haverei, sowie die Fälle der Aufwendung von Kosten zur Erhaltung, Bergung und Rettung der Ladung werden durch die Vorschriften des Abs. 2 nicht berührt.

1. Abs. 1 betrifft „Nebengebühren" (§ 614) des Verfrachters. Die Vorschrift schliefst die Forderung solcher auf Grund stillschweigenden Übereinkommens (z. B. bei vorhandenen beiden Teilen bekannten Gebräuchen) nicht aus. Das Wort „ausdrücklich" vor „bedungen" im Entwurf wurde gestrichen (Prot. S. 2341) 1). Über Kaplaken, Primage vgl. Bd. I S. 420 ff., Fracht „in full" schliefst Primage aus. Über eine Prämie (gratuity) bei Ablieferung in guter Ordnung (die besonders zu erweisen ist) vgl. H.G.Z. VII Nr. 120.

2. Die Unkosten, welche der Abs. 2 aufführt, fafste man früher meistens unter den Begriff der kleinen oder ordinären Havarie zusammen, indem man darunter alle besonderen Ausgaben verstand, die ein beladenes Schiff gewöhnlich während der Reise, bis es im Hafen festgemacht ist, zu machen hat, wenn dieselben nicht das Schiff allein, sondern Schiff und Ladung gleichmäfsig angehen (Pöhls, Seerecht II S. 627; Kaltenborn, Seerecht II S. 57; § 1774 Preufs. A.L.R. II, 8). Diese Unkosten wurden

1) H.G Z. VIII Nr. 50 (Oberger. Hamburg vom 22. Januar 1875) billigt demgemäfs in einem Fall, wo das Schiff nach Chartepartie an einem unladbaren Platz (Samana) die Ladung einnehmen sollte, Vergütung für auf Wunsch der Befrachter erfolgtes Versegeln nach dem nächsten, drei Meilen davon entfernten ladbaren Hafen (Cobeza) zu. Dies ist nur dann zu billigen, wenn der Vertrag nicht so auszulegen war, dafs die Ladung in dem Samana zunächst belegenen ladbaren Hafen einzunehmen sei (vgl. N. 1 zu § 560) oder falls ein Verschulden des Befrachters (der wissen mufste, dafs in Samana nicht geladen werden konnte) vorlag.

in Ermangelung einer vertragsmässigen Festsetzung in der Regel in der Weise auf Schiff und Ladung verteilt, dafs das Schiff ein Drittel, die Ladung zwei Drittel zu tragen hatte (§ 1782 Preufs. A.L.R. II, 8). Die neueren Gesetzgebungen haben regelmäfsig den Begriff der kleinen Havarie überhaupt aufgegeben, die gedachten Ausgaben als Unkosten des Schiffahrtsbetriebes aufgefafst und sie so durch das Schiff allein tragen lassen, indem von der Ansicht ausgegangen wurde, dafs diese Kosten nach der Meinung der Kontrahenten durch die Frachtgelder gedeckt werden sollten 1a). Auf diesem Standpunkt steht auch das D.H.G.B.

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3. Unter den Auslagen, welche durch Mafsregeln, zu denen der Verfrachter auf Grund des Frachtvertrages nicht verpflichtet ist, verursacht werden, sind Auseisungskosten und ähnliche aufserordentliche Reisekosten (vgl. z. B. Bolze II Nr. 963) zu verstehen. Für Kosten dieser Art, welche gewissermassen die Mitte halten zwischen grofser und kleiner Havarie", hatte der preufsische Entwurf (Art. 507) das alte Recht beibehalten. Diese Ausnahme wurde aber auf der Hamburger Konferenz beseitigt, indem man geltend machte, dafs solche aufserordentliche Auslagen in der Regel nicht unbedingt erforderlich wären, dafs vielmehr dem Schiffer meistens die Wahl zwischen der Aufwendung derselben und dem Abwarten der natürlichen Beseitigung des betreffenden Hindernisses" bliebe, und ferner, dafs derselbe, wenn nicht sein eigenes Interesse" ihn zu solchem Aufwande" veranlafste, sich in der Regel zuvor mit den Ladungsinteressenten in Benehmen setzen" und sie „vertragsmäfsig“ dazu bewegen könnte, einen Teil jener Kosten zu tragen 2) (Prot. S. 2341 f.). Natürlich wird der Schiffer zu einem solchen Abwarten nicht berechtigt sein, wenn er „infolge einer ausdrücklichen oder selbstverstandenen Bestimmung des Frachtvertrages" (weil dieser sich nicht in anderer Weise ausführen läfst) zur Ergreifung der in Rede stehenden Mafsregel verpflichtet ist (Prot. S. 3931). In einem solchen Falle verliert die Mafsregel den Charakter einer aufserordentlichen, z. B. das Schleppen auf der Weser bis Geestemünde auf der Winterreise, vgl. Hans. I Nr. 92, III Nr. 32 (Urt.

1a) So der franz. Code de comm. Art. 406; holländ. H.G.B. Art. 708, 702; skandinav. Seegesetz § 153; finnländ. Seegesetz Art. 112 Abs. 3; vgl. belg. Code de comm. II Art. 99. In England werden die several petty charges der Schiffahrt noch als average bezeichnet, z. B. in der bisweilen vorkommenden Klausel: „with primage and average accustomed". Was darunter gehört und wer sie zu tragen hat, hängt von den Gebräuchen ab. Früher namentlich wurde als Äquivalent für diese Unkosten mitunter ein kleiner Betrag, zuweilen durch einen geringfügigen Prozentsatz der Fracht ausgedrückt, in der Chartepartie oder dem Konnossement ausgeworfen. Vgl. Abbott S. 531; Maclachlan S. 472, 559; Carver, sect. 587.

2) In Lübeck bestand früher eine besondere gesetzliche Vorschrift über das Tragen der Kosten des Ein- und Auseisens. Da diese Bestimmung im Widerspruch steht mit dem D.H.G.B., so hat dieselbe heutzutage keine verbindliche Kraft mehr.

des Reichsger. vom 1. April 1882), Abbringung des Schiffs in regelmässig befahrenen seichten Stromengen ohne aufserordentliche Mafsregeln, Hans. V Nr. 53, VI Nr. 72; eine Leichterung, welche im regelmässigen Verlauf der Reise erfolgen muss (vgl. § 706 Nr. 2 letzter Absatz), oder Benutzung von Leichterfahrzeugen zum Zweck usanzgemässer Beladung in gleichem Fall, z. B. auf der Reede von Archangel aufserhalb der Barre, H.G.Z. VIII Nr. 148. Quarantänekosten fallen dem Schiff ohne Rücksicht auf den Grund ihrer Entstehung zur Last (also auch wenn der Aufenthalt nur geschieht zu einer Desinfektion der Ladung), ebenso Kosten, welche zur Ermöglichung einer früheren Ausladung gemacht werden, z. B. Kosten einer Leichterung, wenn aus dem Schiff selbst nicht ausgeladen werden darf (Hans. XV Nr. 72). Dagegen fallen darunter nicht die Kosten einer Löschung u. s. w. in einem anderen Hafen, den das Schiff zur Vermeidung der Quarantäne laut Klausel anlaufen konnte (vgl. R.G.Entsch. Bd. 25 S. 94).

4. Unter havarie grosse fallen nach dem eben Gesagten auf keinen Fall Kosten für Mafsregeln, die im regelmässigen Lauf der Reise erfolgen müssen, selbst wenn damit unmittelbare gemeinsame Gefahren vom Schiff und von der Ladung abgewandt werden, Hans. I Nr. 92, und die Aufwendungen dafür im Einzelnfall höher sind als gewöhnlich Hans. III Nr. 32 (Reichsgericht vgl. oben)3). Wann im übrigen Kosten unter havarie grosse fallen oder doch wie Berge- und Hülfslohn in den Fällen gemeinsamer Rettung nach Art derselben verteilt werden s. §§ 635, 700, 706, 753 und Bem. Nr. 9 und 10 zu § 700. Kosten, die allein zur Erhaltung oder Rettung der Ladung aufgewandt werden, kann Verfrachter von der Ladung zum vollen Betrag zurückfordern, mit Ausnahme solcher, die durch Mafsregeln entstanden sind, zu denen das Schiff nach Gebrauch ohne Gewährung besonderen Entgelts neben der Fracht verpflichtet ist, wie z. B. die erforderlichen Ventilationen, das Umstechen einer Getreideladung, soweit dasselbe auf dem Schiff ausführbar ist (anders Aus- und Wiedereinladung zum Zweck besserer Bearbeitung); für Fütterung und Verpflegung von Tieren unterwegs pflegt besonders bezahlt zu werden.

$ 622.

Ist die Fracht nach Zeit bedungen, so beginnt sie in Ermangelung einer anderen Abrede mit dem Tage zu laufen, der auf den

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3) Gegen diese Entscheidung polemisiert Heck, Grofse Haverei S. 130, 155 ff. Er will grofse Haverei eintreten lassen, auch wenn die Mafsregel nicht aufserordentlich war, wohl aber wegen unvorhergesehener Hinderder Kostenaufwand. Auf solche Hindernisse mufs der Verfrachter aber gefafst sein. Nur der Eintritt wirklicher Seenot und dadurch verursachter gröfserer Aufwand für die an sich regelmäfsige Hülfeleistung Dritter kann eine Ausnahme machen, wie das Reichsgericht richtig annimmt, vgl. Bem. Nr. 10 zu § 700.

jenigen folgt, an welchem der Schiffer anzeigt, dafs er zur Einnahme der Ladung, oder bei einer Reise in Ballast, dafs er zum Antritte der Reise fertig und bereit sei, sofern aber bei einer Reise in Ballast diese Anzeige am Tage vor dem Antritte der Reise noch nicht erfolgt ist, mit dem Tage, an welchem die Reise angetreten wird.

Ist Liegegeld oder Ueberliegezeit bedungen, so beginnt in allen Fällen die Zeitfracht erst mit dem Tage zu laufen, an welchem der Antritt der Reise erfolgt.

Die Zeitfracht endet mit dem Tage, an welchem die Löschung vollendet ist.

Wird die Reise ohne Verschulden des Verfrachters verzögert oder unterbrochen, so muss für die Zwischenzeit die Zeitfracht fortentrichtet werden, jedoch unbeschadet der Vorschriften der §§ 637, 638.

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1. Die Zeitfracht (time charter) ist nicht mit der Vermietung eines Schiffs an einen Ausrüster zu wechseln. Über die Unterscheidung beider Fälle und die sich aus der Zeitfracht ergebenden Rechte und Pflichten s. Bd. I S. 299 ff. und Bem. Nr. 3 zu § 556. Da kein Mietsvertrag vorliegt, kommen die Grundsätze des bürgerlichen Rechts über Miete, z. B. in betreff stillschweigender Verlängerung, nicht zur Anwendung, vgl. R.O.H.G.Entsch. XVIII S. 80 ff. und Oberger. Hamburg vom 26. Oktober 1877, H.G.Z. VIII Nr. 5. Bei der Zeitfracht lassen sich folgende Kategorien unterscheiden:

a. Zeitfracht ohne Beziehung auf bestimmte Reisen, bei
welcher das Schiff (der Regel nach innerhalb eines ge-
wissen Gebietes) auf bestimmte Zeit (meistens monat-
weise) verfrachtet wird: eigentliche Zeitfracht.
b. Zeitfracht für eine bestimmte Reise oder mehrere be-
stimmte Reisen ohne Liegegeld oder Überliegezeit.

c. Zeitfracht für eine bestimmte Reise oder bestimmte
Reisen mit Verabredung von Liegegeld oder Über-
liegezeit.

Auf die eigentliche Zeitfracht kommen nicht die Vorschriften zur Anwendung, welche lediglich Verfrachtung für eine bestimmte Reise oder zusammengesetzte Reisen voraussetzen, wie z. B. die Bestimmungen der §§ 580 ff. über Fautfracht,. ferner über Ladeund Löschzeit, Liegegeld u. s. w., vgl. Prot. S. 2345, 3932, H.G.Z. VIII Nr. 5, Jur. Wochenschr. 1898 S. 667 Nr. 32. Wenn Liegegeld oder Überliegezeit (d. h. für die Beladung) vereinbart wird, so liegt nur Verfrachtung für eine bestimmte Reise vor, bei welcher nicht wie sonst die Fracht in einer Summe oder nach Gewicht, Mafs u. s. w., sondern nach der Zeit, welche dieselbe (d. h. nur die eigentliche Reise einschliefslich der Löschung) in Anspruch nimmt, bemessen wird. In solchen Fällen kommen also für die „Zeit der Vorbereitung die für die gewöhnlichen Fälle der Frachtbestimmung geltenden Vorschriften zur Anwendung" (Prot. S. 3932 ff.). Auf diese Fälle (oben c) beziehen sich die Vorschriften des zweiten Absatzes des Paragraphen. Auf diese

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