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heit oder einen anderen in seiner Person sich ereignenden Zufall zurückzubleiben genöthigt wird, so ist nur die Hälfte des Ueberfahrtsgeldes zu zahlen.

Wenn nach dem Antritte der Reise der Rücktritt erklärt wird oder einer der erwähnten Zufälle sich ereignet, so ist das volle Ueberfahrtsgeld zu zahlen.

1. Wie die Bestimmung des § 580 Abs. 1 beruht der Abs. 1 des § 668 lediglich auf Zweckmäfsigkeitsrücksichten. Man machte auf der Hamburger Konferenz geltend, es sei billig, dem Verfrachter einen Entschädigungsanspruch zu gewähren, wenn es für den Reisenden unmöglich geworden, die beabsichtigte Reise auszuführen, da jener in der Regel Auslagen bestritten, z. B. Proviant angekauft haben würde, es auch fraglich sei, ob der Verfrachter den Platz des Reisenden wieder besetzen könne. Auf der anderen Seite wollte man Streitigkeiten vermeiden, die sich über die Frage erheben könnten, ob die Ausführung der Reise für den Reisenden unmöglich geworden, wenn ihm nur aus diesem Grunde das Recht, vom Vertrage zurückzutreten, gewährt wäre. Und so wurde der Rücktritt des Reisenden vor Beginn der Reise lediglich von seiner Willkür abhängig gemacht, aber in jedem Falle nur gegen Entrichtung des halben Überfahrtsgeldes gestattet (Prot. S. 2514 ff.). Ob darin Vergütung für Beköstigung mit enthalten, ist unerheblich.

2. Ist die Reise durch einen in der Person des Reisenden sich ereignenden Zufall, wie Krankheit oder Tod, unmöglich geworden, so ist das Recht desselben oder seiner Erben, nur die Hälfte der Fracht zu bezahlen, nicht durch eine ausdrückliche Rücktrittserklärung bedingt (Prot. S. 4036). Ob es zulässig ist, einen Reisenden, der an einer ansteckenden Krankheit leidet, zwangsweise in einem Zwischenhafen auszuschiffen, oder vor Beginn der Reise einem solchen die Mitbeförderung zu verweigern, wird sich zunächst nach den lokalen polizeilichen Schutzgesetzen oder Verordnungen richten, vgl. § 36 Ausw.-Ges. Aber auch in Ermangelung solcher wird die Ausschliefsung oder Ausschiffung zulässig sein, wenn die Krankheit nach den Einrichtungen des Schiffes andere darauf befindliche Personen gefährdet, wie einige fremde Gesetze ausdrücklich bestimmen. (So Chile Art. 1076, Ägypten Art. 148, Türkei Art. 150.) Soweit die Rechte des Reisenden cessibel sind (vgl. § 664), kann er sich durch Gestellung eines anderen Reisenden gegen Verlust schützen (vgl. Spanien Art. 606).

3. Die Reise mufs als angetreten betrachtet werden, sobald das Schiff, um in See zu stechen, den Anlegeplatz verlassen hat1). Besondere Vorschriften enthält § 29 Ausw.-Ges.

1) Nach dem finnländischen Seegesetz (Art. 105) kann der Reisende gegen Zahlung der Hälfte des Passagegeldes nur dann vom Vertrage zurück

§ 668.

Der Ueberfahrtsvertrag tritt aufser Kraft, wenn durch einen Zufall das Schiff verloren geht (§ 628 Abs. 1 Nr. 1).

1. Die §§ 668 und 669 enthalten die Regeln darüber, wie weit dem Vertrag nachfolgende zufällige Ereignisse, welche die Ausführung unmöglich machen oder erschweren, einwirken (vgl. N. 2 zu § 664).

2. Wenn durch einen Zufall sowohl das Schiff als die Person des Reisenden betroffen wird, so ist dies so zu beurteilen, als wenn der Zufall das Schiff allein betroffen hätte, und die Bestimmung des Paragraphen greift daher Platz (Prot. S. 2515 ff.). § 668 gilt sowohl dann, wenn das Schiff vor Antritt der Reise, wie wenn es nach Antritt der Reise vor Beendigung derselben verloren geht, vgl. § 670. Substitution eines anderen Schiffes ist ohne besondere Abrede unzulässig, vgl. §§ 671, 673 Abs. 3.

§ 669.

Der Reisende ist befugt, von dem Vertrage zurückzutreten, wenn ein Krieg ausbricht, in Folge dessen das Schiff nicht mehr als frei betrachtet werden kann und der Gefahr der Aufbringung ausgesetzt wäre, oder wenn die Reise durch eine das Schiff betreffende Verfügung von hoher Hand aufgehalten wird.

Das Recht des Rücktritts steht auch dem Verfrachter zu, wenn er in einem der vorstehenden Fälle die Reise aufgiebt oder wenn das Schiff hauptsächlich zur Beförderung von Gütern bestimmt ist und die Unternehmung unterbleiben muss, weil die Güter ohne sein Verschulden nicht befördert werden können.

1. Vgl. § 670 über die Folgen, je nachdem das Ereignis vor oder nach Antritt der Reise eintritt. Dafs dem Reisenden das

treten, wenn die Reise für ihn unmöglich geworden ist. Nach dem belgischen Code de comm. mufs der Kapitän den Rücktritt des Passagiers bei Zahlung der Hälfte des Überfahrtsgeldes sich gefallen lassen, wenn der Rücktritt acht Tage vor Antritt der Reise erklärt wird. Er hat nur Anspruch auf ein Viertel des Passagegeldes (und zwar des reinen Passagegeldes nach Abzug der Kosten des Unterhalts, wenn diese im Passagegelde einbegriffen sind), wenn der Passagier gestorben oder durch schwere Krankheit oder höhere Gewalt verhindert ist, die Reise anzutreten (Art. 128). Ist der Reisende unterwegs gestorben oder durch Krankheit genötigt, das Schiff zu verlassen, so ist nur Passagegeld zu zahlen à proportion de ce que le voyage est avancé. Verläfst derselbe jedoch ohne Grund unterwegs das Schiff, so ist das ganze Überfahrtsgeld zu entrichten (Art. 131). Nach dem holländischen H.G.B. (Art. 524) und spanischen H.G.B. (Art. 696) wird nur in dem Falle, wo der Passagier vor Antritt der Reise gestorben, das Überfahrtsgeld auf die Hälfte (und zwar des reinen Passagegeldes nach Abzug der Unterhaltskosten) ermäfsigt. Mit uns konform Skandinavien (§ 169), Ägypten (Art. 139), Türkei (Art. 140), Brasilien (Art. 630), Chile (Art. 1073, 1079), zum Teil mit Modifikationen, wenn in dem Überfahrtsgeld auch eine Vergütung für Beköstigung während der Reise enthalten ist.

Recht eingeräumt wird, vom Vertrage zurückzutreten, nicht_nur, wenn das Schiff unfrei geworden, sondern auch, wenn die Reise durch eine das Schiff betreffende Verfügung von hoher Hand aufgehalten wird, wurde dadurch motiviert, dafs man es ihm, da ihm in der Regel an unverweilter Ausführung der Reise gelegen, billigerweise nicht zumuten könne, monatelang in einem Hafen auf Aufhebung der Verfügung zu warten (Prot. S. 2516). Hiermit stimmt es freilicht nicht überein, dafs (nach § 671) der Reisende sich den durch eine Ausbesserung des Schiffs verursachten Aufenthalt gefallen lassen mufs.

2. Für den Verfrachter ist das Recht, wegen der im Abs. 1 genannten Ereignisse vom Vertrage zurückzutreten, noch an die weitere Voraussetzung geknüpft, dafs die beabsichtigte Reise überhaupt unterbleibt.

3. Dem Verfrachter, der es bei einer bestimmten Reise hauptsächlich auf den Gütertransport abgesehen hat, wird das Recht gegeben, von dem Überfahrtskontrakte zurückzutreten, wenn ohne seine Schuld die Beförderung der Güter unterbleibt, weil in solchem Falle der Verfrachter eigentlich nur unter der stillschweigend verstandenen Bedingung dem Reisenden gegenüber sich verpflichtet hat, dafs die Reise überhaupt zur Ausführung“ gelangt, der Reisende selbst hierüber auch regelmässig von vorn herein durch die Bekanntmachungen des Verfrachters oder seines Mäklers unterrichtet ist (Prot. S. 2516).

§ 670.

In allen Fällen, in denen nach den §§ 668, 669 der Ueberfahrtsvertrag aufgelöst wird, ist kein Theil zur Entschädigung des anderen verpflichtet.

Ist jedoch die Auflösung erst nach dem Antritte der Reise erfolgt, so hat der Reisende das Ueberfahrtsgeld nach dem Verhältnisse der zurückgelegten zur ganzen Reise zu zahlen.

Bei der Berechnung des zu zahlenden Betrags ist die Vorschrift des § 631 mafsgebend.

Hiernach ist, wenn während der Reise der Vertrag gelöst wird, nach Art der Distanzfracht, ein Teil des Überfahrtsgeldes zu zahlen 1). Dies gilt selbst dann, wenn der Reisende mit dem Schiff zusammen untergeht. Der Grundsatz des § 617 Abs. 1 ist hier also nicht acceptiert (vgl. § 667 Abs. 2). Ob das Überfahrtsgeld voll vorausbezahlt war, macht keinen Unterschied. mufs in diesem Fall pro rata des bei der Auflösung des Fracht

Es

1) Ähnlich Holland (Art. 525, 527), Finnland (Art. 105), Skandinavien (§ 170), Brasilien (Art. 631), jedoch nur, wenn die Aufhebung in einem Zwischenhafen erfolgt, Chile (Art. 1074, wenn die Teilreise dem Reisenden von Vorteil war). Dagegen gewährt nur Ersatz für gewährte Verpflegung in gewissen Fällen Belgien (Art. 130, 132).

vertrages noch nicht zurückgelegten Teiles der Reise zurückgezahlt werden. Eine entgegenstehende Abrede in letzterer Beziehung würde auch hier in der Abrede zu finden sein, dafs der Reisende das Überfahrtsgeld gegen Seegefahr zu versichern habe, vgl. Prot. S. 2521 und Bem. zu § 617.

§ 671.

Mufs das Schiff während der Reise ausgebessert werden, so hat der Reisende, auch wenn er die Ausbesserung nicht abwartet, das volle Ueberfahrtsgeld zu zahlen. Wartet er die Ausbesserung ab, so hat ihm der Verfrachter bis zum Wiederantritte der Reise ohne besondere Vergütung Wohnung zu gewähren, auch die nach dem Ueberfahrtsvertrag in Ansehung der Beköstigung ihm obliegenden Pflichten weiter zu erfüllen.

Erbietet sich jedoch der Verfrachter, den Reisenden mit einer anderen gleich guten Schiffsgelegenheit ohne Beeinträchtigung der übrigen vertragsmässigen Rechte des Reisenden nach dem Bestimmungshafen zu befördern, und weigert sich der Reisende, von dem Anerbieten Gebrauch zu machen, so hat er auf Gewährung von Wohnung und Kost bis zum Wiederantritte der Reise nicht weiter Anspruch.

Nach

Beköstigung ist nur dann zu gewähren, wenn dieselbe vertragsmässig für das Überfahrtsgeld mit zu gewähren war. Abs. 2 kann Verfrachter nicht ohne Zustimmung des Reisenden ein anderes Schiff substituieren. Die Weigerung der Zustimmung desselben hat nur Verlust des Unterhaltes bis zur Fortsetzung der Reise mit dem bisherigen Schiff zur Folge1).

§ 672.

Für die Beförderung des Reiseguts, welches der Reisende nach dem Ueberfahrtsvertrag an Bord zu bringen befugt ist, hat er, wenn nicht ein Anderes bedungen ist, neben dem Ueberfahrtsgelde keine besondere Vergütung zu zahlen.

1. Ob und wie viel Reisegut ein Reisender mit sich zu nehmen berechtigt ist, richtet sich nach dem Überfahrtsvertrage, und zwar entweder nach dem ausdrücklichen Inhalte desselben, oder nach den „denselben begleitenden Umständen". Hierauf wird durch den Ausdruck befugt ist" hingedeutet (Prot. S. 2509).

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1) Nach holländischem H.G.B. (Art. 526) hat während der in Rede stehenden Zeit der Reisende selbst für seine Beköstigung zu sorgen, wenn nicht eine Einigung in dieser Beziehung mit dem Schiffer zu stande kommt. Dagegen stimmen Belgien (Art. 133), Ägypten (Art. 141), Türkei (Art. 144), jedoch gestatten sie stets dem Verfrachter die Substitution eines anderen Schiffes gleicher Qualität. Chile (Art. 1075), Brasilien (Art. 631) gestatten dem Reisenden Fortsetzung der Reise mit einem anderen Schiff gegen Erlegung des Überfahrtsgeldes pro rata.

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2. Unter Reisegut sind nicht diejenigen Gegenstände allein zu verstehen, die der Reisende während der Fahrt auf dem Schiffe" gebraucht. Das Wort soll vielmehr nur den Gegensatz zu den Waren, den eigentlichen Frachtgütern, ausdrücken (Prot. S. 2510).

3. Nach dem Gesetz spricht die Vermutung gegen eine Verbindlichkeit des Reisenden, etwas besonderes für die Effekten zu bezahlen, welche er nach dem Überfahrtsvertrage mitzunehmen berechtigt ist. Eine solche Verbindlichkeit setzt daher stets ein besonderes Übereinkommen voraus (Prot. S. 2509)1).

$ 673.

Auf das an Bord gebrachte Reisegut finden die Vorschriften der §§ 561, 593, 617 Anwendung.

Ist das Reisegut von dem Schiffer oder einem dazu bestellten Dritten übernommen, so gelten für den Fall seines Verlustes oder seiner Beschädigung die Vorschriften der §§ 606 bis 610.

Auf sämmtliche von dem Reisenden an Bord gebrachte Sachen finden aufserdem die Vorschriften der §§ 563 bis 565, 619 Anwendung. 1. Das Gesetz unterscheidet:

a. solches Reisegut, welches der Reisende in eigener Obhut behält, auf welches von den Vorschriften des vierten Abschnittes im wesentlichen nur die Regeln über die Einund Ausladung und deren Kosten anzuwenden sind, eine Haftung des Schiffes dagegen nur in den Fällen eintritt, wo dasselbe auch für Schäden an der Person des Reisenden haftet, vgl. Bem. Nr. 1 zu § 664.

b. solches Reisegut, welches das Schiff für den Reisenden in Obhut nimmt, wofür das Schiff nach den Regeln des Receptum haftet, vgl. S. 393.

Das Citat der §§ 617, 619 hat nur für den Fall Bedeutung, dafs eine besondere Vergütung für den Transport des Reiseguts bedungen oder dafs der Reisende mehr an Bord bringt, als ihm nach dem Vertrage frachtfrei gestattet war.

Das Citat des § 563 drückt aus, dafs der Reisende gemäfs dieser Vorschrift wegen aller Güter, die er an Bord bringt, haftet wie ein Ablader, das Citat des § 564, dafs dem Schiffer das Recht zusteht, gemäfs dieser Vorschrift in betreff aller Sachen zu verfahren, die heimlich an Bord gebracht werden, das Citat des § 565, dafs auch die Sachen des Reisenden nicht mit einem anderen Schiff befördert werden dürfen, falls dies nicht bedungen wird. Der § 673 findet nur Anwendung auf Sachen, welche der Reisende als solcher an Bord bringt. Ist er gleich

1) Wie unser Gesetz Ägypten (Art. 143), Türkei (Art. 146), Brasilien (Art. 632), Chile (Art. 1081), so auch ohne besonderes Gesetz: Praxis in Belgien: Jacobs Nr. 494, Frankreich: Valroger Nr. 956.

Lewis-Boyens, Seerecht. II.

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