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2. Da der Schiffer keine Wechsel ohne besondere Vollmacht für den Reeder zeichnen darf (vgl. Bd. I, S. 384 N. 1), so ersetzt der Bodmereibrief den Schiffswechsel. Es kommt vor, dafs der Schiffer daneben eine Tratte über den Bodmereibetrag ohne Prämie auf den Reeder zu ziehen versucht, diese dem Darlehnsgeber mit der Bedingung giebt, dafs im Fall der Acceptation der Tratte die Verbodmung und somit die Prämie, fortfällt, vgl. Abbott p. 171, 172, Ulrichs Sammlung S. 184.

3. Es ist zu raten, den Bodmereibrief stets notariell beglaubigen zu lassen, um im Ausland ein untrügliches Beweismittel der Echtheit, sowie des Ortes und Tages der Ausstellung zu besitzen. Letzterer kann gegenüber anderen Kreditgeschäften in Betracht kommen. Wo die ausländischen Gesetze (vgl. N. 2) ihren einheimischen Schiffen für Verbodmungen aufserhalb ihres Heimatslandes besondere Vorschriften machen, ist anzuraten, auch diese zu befolgen, da wenigstens die Behörden des Heimatsstaates diese Vorschriften als zwingende anzusehen haben werden (vgl. Bd. I, S. 26, 37, 74).

4. Der Bodmereibrief ist eine einseitige Verpflichtungsurkunde des Schiffers, deren Inhalt der Bodmereigeber durch Annahme und Zahlung des Darlehns gut heilst. Er erzeugt, auch wenn an Order gestellt, keine Formalschuld (vgl. § 684).

§ 683.

Der Bodmereigeber kann verlangen, dafs der Bodmereibrief enthält:

1. den Namen des Bodmereigläubigers;

2. den Kapitalbetrag der Bodmereischuld;

3. den Betrag der Bodmereiprämie oder den Gesammtbetrag

der dem Gläubiger zu zahlenden Summe;

4. die Bezeichnung der verbodmeten Gegenstände;

5. die Bezeichnung des Schiffes und des Schiffers;

6. die Bodmereireise;

diesen Formen, so ermangelt dasselbe einer Wirkung gegen Dritte. Argentinien (Art. 1121) hat dieselben Vorschriften.

Türkei (SS 152-155) und Ägypten (§§ 151-154): Öffentliche Urkunde (im Inlande vor Handelsgericht oder Handelskanzlei, im Auslande vor dem ottomanischen Konsul, in dessen Ermangelung vor der zuständigen Ortsbehörde) oder Privatschrift mit nachfolgender Beglaubigung und Registrierung vor denselben Behörden binnen zehn Tagen. Ohne diese Form einfaches Darlehn.

Chile (Art. 1170) mündlich gültig bis 200 pesos Wert, sonst öffentliche oder privatschriftliche Urkunde, sonst ohne jede Wirkung. Ausserdem (Art. 1173) Registrierung bei Gericht oder Konsul (in dessen Ermangelung dem ausländischen Gericht) binnen acht Tagen, sonst keine Wirkung gegen Dritte.

Belgien (Art. 156, 163) fordert keine besondere Form, weder als Voraussetzung der Gültigkeit unter den Parteien noch gegen Dritte, setzt aber doch auch die Ausstellung eines Bodmereibriefes voraus, da es bestimmt, dafs derselbe an Order gestellt werden kann. Rufsland (Art. 381 ff.) erwähnt ebenfalls keine Form.

7. die Zeit, zu welcher die Bodmereischuld gezahlt werden soll; 8. den Ort, wo die Zahlung erfolgen soll;

9. die Bezeichnung der Urkunde im Texte als Bodmereibrief oder die Erklärung, dafs die Schuld als Bodmereischuld eingegangen ist, oder eine andere das Wesen der Bodmerei genügend beseichnende Erklärung;

10. die Umstände, welche die Eingehung der Bodmerei nothwendig gemacht haben;

11. den Tag und den Ort der Ausstellung;

12. die Unterschrift des Schiffers.

Die Unterschrift des Schiffers ist auf Verlangen in öffentlich beglaubigter Form zu ertheilen.

1. Das Gesetz hat die in diesem Artikel aufgezählten Punkte nicht für wesentliche Bestandteile eines Bodmereibriefes erklärt, von denen die Gültigkeit des Geschäfts abhängig wäre 1). Es hat nur dem Bodmereigeber das Recht gegeben, die Feststellung dieser Punkte zu verlangen. Natürlich mufs die Urkunde, um als Bodmereibrief zu gelten, die Momente enthalten, die das Wesen des Bodmereikontraktes ausmachen. Welche Momente dies sind, ist aus der Definition des § 679 zu ersehen. Hiernach wird man für unentbehrlich halten müssen die in irgend einer Weise, aber unzweideutig geschehene Kennzeichnung des Vertrages als Bodmereigeschäft, Angabe der Personen des Geschäfts mit dem Namen des Schiffs, Angabe des Betrages der Schuld und

1) Der franz. Code de comm. Art. 311 bestimmt: Le contrat à la grosse énonce le capital prété et la somme convenue pour le profit maritime, les objets sur lesquels le prêt est affecté, les noms du navire et du capitaine, ceux du prêteur et de l'emprunteur; si le prêt a lieu pour un voyage, pour quel voyage et pour quel temps; l'époque du remboursement. Nichtigkeit des Vertrags hat nicht ohne weiteres das Fehlen irgend eines dieser Bestandteile zur Folge, sondern, wie es Cresp II S. 262 ausdrückt, nur eine solche omission, qui détruirait l'acte dans son essence ou en empêcherait l'exécution. Türkei und Ägypten wie Frankreich. Hinsichtlich des englischen Rechts heifst es bei Maclachlan p. 60: There is no settled form of the instrument for effectuating this contract; sometimes it is a bond; at others in the form of a bill of sale, and at other times of a different shape. Whatever be the form, in the operative part should appear the occasion of borrowing, the sum borrowed, the premium to be paid for it, the ship, the voyage, the statement of maritime risk, and the hypothecation of the vessel, her apparel and furniture, for the loan. These appearing with sufficient clearness in the instrument, the construction ordinarily put upon it by the Court of Admiralty is in the highest degree liberal. Das Stipulieren der Prämie wird jedoch nicht als unbedingt notwendig angesehen, Maclachlan S. 59; vgl. auch die von Voigt in Goldschmidts Zeitschr. XXVI S. 508 mitgeteilte Entscheidung. Holland (Art. 572), Portugal (Art. 626), Brasilien (Art. 634), Argentinien (Art. 1122), Chile (Art. 1172), die skandinavischen Gesetze (§ 177) bestimmen ausdrücklich, dafs der Kontrakt als einfaches Darlehn gelten soll, wenn in dem Bodmereibrief etwas von dem vorgeschriebenen Inhalt (im wesentlichen wie bei uns ohne Nr. 10) fehlt. Finnland (Art. 126), Spanien (Art. 721), Mexico (Art. 796). Italien (Art. 690) sagen dies nicht ausdrücklich, aber deuten durch die Worte,,mufs enthalten" an, dass, was sie fordern, für wesentlich gehalten wird.

zwar von Kapital und Prämie, Bezeichnung der Bodmereireise und der verbodmeten Objekte, sowie Tag und Ort der Ausstellung und Unterschrift des Schiffers.

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2. Die Erwähnung der Zahlungszeit im Bodmereibriefe ist selbst in dem Falle, dafs die Parteien es bei der gesetzlichen Zahlungszeit von acht Tagen nach der Ankunft des Schiffes im Bestimmungshafen der Bodmereireise belassen sollten", für den Gläubiger von Wichtigkeit, weil in diesem Hafen ein abweichendes Recht gelten kann (Prot. S. 4045 f.).

3. Die Angabe des Zahlungsorts für die Bodmereischuld kann gefordert werden, weil oftmals nach den Vereinbarungen der Kontrahenten Zahlungsort und Bestimmungsort nicht identisch sind (Prot. S. 2568).

4. Dafs der Bodmereinehmer verpflichtet wird, auf Verlangen des Bodmereigebers in der Vertragsurkunde zu erklären, „auf welche Thatsachen hin er sich zur Aufnahme eines Bodmereikapitals berechtigt halte“, wurde auf der Hamburger Konferenz folgendermafsen begründet: Der Bodmereigeber habe, soweit nicht eine Vermutung für die Legalität der Handlung des Schiffers Platz greife (vgl. § 685), die Existenz der Voraussetzungen darzuthun, unter denen allein der Schiffer zur Eingehung eines Bodmereivertrages berechtigt sei, und wovon die Gültigkeit des Vertrags abhänge. Durch die gedachte Erklärung soll der Bodmereigeber in den Stand gesetzt werden, zu seiner Sicherheit die nötigen Nachforschungen darüber anzustellen", die Angaben des Schiffers richtig sind, und sich mit den etwa erforderlichen Beweismitteln zu versehen". Auch im Interesse der anderen Beteiligten wurde eine solche Erklärung als wertvoll bezeichnet, da sie Anhaltspunkte für die Beurteilung der Redlichkeit oder Unredlichkeit des Verfahrens des Schiffers biete und die Grundlage zu einem Gegenbeweis liefern könne“ (Prot. S. 2569).

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§ 684.

ob

Auf Verlangen des Bodmereigebers ist der Bodmereibrief, sofern nicht das Gegentheil vereinbart ist, an die Order des Gläubigers oder lediglich an Order zu stellen. Im letzteren Falle ist unter der Order die Order des Bodmereigebers zu verstehen.

Wird der Bodmereibrief an Order gestellt1), wird derselbe dadurch nicht wie das Konnossement (vgl. § 647) zum Traditionspapier, da die Verbodmung überhaupt keinen Besitz überträgt.

1) Durchaus die Regel. Auch nach den meisten fremden Rechten können die Bodmereibriefe an Order gestellt und indossiert werden, so nach französischem, belgischem, holländischem, spanischem, italienischem und finnländischem Recht, nicht dagegen nach den skandinavischen Gesetzen. Auch in England läfst man die Übertragung durch Indossament zu, aber dasselbe hat nur die Kraft einer Cession, vgl. Abbott p. 178. Keine weitere Wirkung legen Holland (Art. 573), Mexico (Art. 797), Spanien (Art. 722) dem

Der Bodmereibrief an Order ist lediglich ein Legitimationspapier, dessen rechtmäfsiger Besitz (vgl. Bem. Nr. 2 zu § 644) den dadurch legitimierten Inhaber zur Geltendmachung des Anspruches berechtigt. Es kommen aber die §§ 363-365 H.G.B. (abgedruckt in Bem. Nr. 2 zu § 644) mit den in § 365 citierten Vorschriften der Wechselordnung darauf zur Anwendung, jedoch mit der sehr wesentlichen, aus § 686 Abs. 3 sich ergebenden Modifikation. Dem gutgläubigen Indossatar gegenüber, der nicht blofs nach Inhalt des Indossaments selbst (Prokura-Indossament) oder sonstigem Beweis für den ursprünglichen Bodmereigeber einkassiert, ist also zwar nach § 364 Abs. 2 der Einwand nicht zulässig, dafs das verschriebene Kapital nicht gezahlt sei, oder dafs die Prämie als wucherlich anzusehen, soweit dies nicht ohne weiteres aus deren Höhe erkennbar, oder der Einwand, dafs einem Vormann Zahlung geleistet sei, wohl aber, dafs der Bedürfnisfall nicht oder nicht in vollem Umfang vorlag. Wird dieser Einwand erhoben, so mufs der Indossatar den Bedürfnisfall beweisen, wie der erste Gläubiger. Er mufs sich also bei Erwerb die Beweismittel mit aushändigen lassen (vgl. § 685). Der Indossant tritt, wie überhaupt bei den in den $$ 363-365 H.G.B. genannten Orderpapieren, nicht in das Obligo aus dem Brief ein, er haftet dem Indossatar, dem er selbst indossiert hat, nur aus dem unterliegenden Rechtsgeschäft. Nur aus diesem letzteren ist auch die Regrefsverbindlickeit des Indossanten zu beurteilen, wenn bei dem Vorhandensein weiterer Exemplare, die ebenfalls begeben sind, der Inhaber eines anderen Exemplars gemäfs § 688 Zahlung erlangt.

§ 685.

Ist vor der Ausstellung des Bodmereibriefs die Nothwendigkeit der Eingehung des Geschäfts von dem deutschen Konsul und in

selben bei. Nach französischem Recht legt man dagegen dem Vollindossament (das Blankoindossament gilt nur als Vollmacht) ganz dieselbe Wirkung bei wie bei dem Wechsel. Es ist gegen den gutgläubigen Inhaber keine Einrede zulässig, die sich nicht aus dem Briefe ergiebt, also auch nicht die bei uns in § 686 Abs. 3 vorbehaltene Einrede (vgl. jedoch Lyon-Caen Nr. 1545, wo doch gewisse Einreden für zulässig gehalten werden). Es tritt ferner (anders wie bei uns oben Text) jeder Indossant gegenüber seinen Nachmännern in das Obligo ein, er ist Garant des Darlehns. Dieser Satz ist jedoch dahin eingeschränkt, dafs diese Garantie sich nicht auf die Prämie erstreckt (Code de comm. Art. 343 Abs. 2, Art. 314). Ebenso Belgien (Art. 163), Argentinien (Art. 1128), Brasilien (685). Nach italienischem (ebenso rumänischem) Gesetz (Art. 592) erstreckt sich die Garantie auch auf die Prämie, wenn nicht eine ausdrückliche Gegenabrede vorliegt.

Nach den Regeln über örtliche Geltung der Gesetze wird anzunehmen sein, dafs nach dem Recht der Flagge die Frage zu entscheiden ist, wie weit es zulässig war, durch Ausstellung an Order die Verbindlichkeiten des Reeders oder Ladungseigners zu erweitern. Diese Frage betrifft die Vollmacht des Schiffers, vgl. Bd. I S. 25, 26. In betreff der verpflichtenden Wirkung eines Indossaments mufs dagegen das Recht des Erfüllungsortes zur Anwendung kommen, also des Wohnorts des Indossanten, da hier der Vertrag - seitens der Indossanten zu erfüllen ist, Bd. I S. 56 N. 47, vgl. im übrigen noch Bd. I S. 37, 45.

dessen Ermangelung von dem Gericht oder der sonst zuständigen Behörde des Ortes der Ausstellung, sofern es aber auch an einer solchen fehlt, von den Schiffsoffizieren urkundlich bezeugt, so wird angenommen, dafs der Schiffer zur Eingehung des Geschäfts in dem vorliegenden Umfange befugt gewesen sei. Es findet jedoch der Gegenbeweis statt.

Die in 685 erwähnte Bescheinigung hat den Zweck, dem Bodmereinehmer den ihm (vgl. §§ 528, 538) obliegenden Beweis der Notwendigkeit des Geschäfts abzunehmen und damit die Möglichkeit einer Verbodmung zu erleichtern. Dieselbe ist nicht, wie ursprünglich vorgeschlagen, aber abgelehnt wurde (Prot. S. 2550, 2555-2561) Erfordernis der Gültigkeit. Fehlt die Bescheinigung, so hat der Bodmereinehmer mit sonstigen Beweismitteln, sowohl gegenüber dem Reeder beziehentlich Ladungseigner, wie gegenüber Dritten die Notwendigkeit (vgl. §§ 528, 538) zu beweisen. Die Bescheinigung ist vor Eingehung des Geschäfts zu erteilen. Eine nachträglich erteilte Bescheinigung hat nur den Wert eines gewöhnlichen Beweismittels, vgl. H.G.Z. VII Nr. 15. Eine vorschriftsmäfsige Bescheinigung begründet eine gesetzliche Vermutung der Legalität, vorbehaltlich des Gegenbeweises (Prot. S. 2579-2581), vgl. § 37 des R.Konsul.-Gesetzes 1).

§ 686.

Der Bodmereigeber kann die Ausstellung des Bodmereibriefs in mehreren Exemplaren verlangen.

Werden mehrere Exemplare ausgestellt, so ist in jedem Exemplar anzugeben, wie viele ertheilt sind.

Der Einwand, dafs der Schiffer zur Eingehung des Geschäfts überhaupt oder in dem vorliegenden Umfange nicht befugt gewesen sei, ist auch gegen den Indossatar zulässig.

1. Das Ausstellen des Bodmereibriefes in mehreren Exemplaren kommt vor, um dem Bodmereigeber die Möglichkeit zu gewähren, denselben mit verschiedenen Gelegenheiten zu verschicken und dadurch die Gefahr des Verlustes desselben zu verringern.

1) Das in fremden Rechten vorkommende Protokoll der Schiffsoffiziere, welche die Notwendigkeit bestätigen (procès verbal), oder Autorisation des Konsuls beziehentlich der Behörde (vgl. N. 1 zu § 526, Bd. I S. 368 ff.) hat einen anderen Charakter. Das procès verbal des französischen Rechts bildet eine Modalität, eine notwendige Voraussetzung der Vollmacht des Schiffers, vgl. Bd. I S. 26. Die behördliche Autorisation hat bald ebenfalls diesen Charakter, wie z. B. nach den Gesetzen von Italien, Rufsland, Chile, Portugal, Mexico, bald aber auch nur die Bedeutung, dafs der Schiffer durch die Autorisation sich gegenüber dem Reeder und Ladungseigner deckt, dieselbe ersetzt dann den ausdrücklichen Konsens des Reeders, wie nach französischem und holländischem Recht, vgl. Lyon-Caën Nr. 1550; Jacobs Nr. 172, 568 nimmt an, dafs auch bei der Bodmerei nach belgischem Recht die Autorisation nur diese Bedeutung habe. Vgl. auch Voigt im Neuen Archiv für HR. I S. 460 ff.

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