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die besondere Pflicht eines Bewahrers der verbodmeten Gegenstände hinzu. Dem Schiffer wird damit eine ähnliche Stellung zugewiesen, wie einem Pfand bewahrer, von dem ein Faustpfandgläubiger das Pfand bewahren läfst, womit im Einklang steht, dafs das Pfandrecht an Fracht und Ladung jedenfalls so lange besteht, als der Schiffer die eine oder andere in Händen hat. Es wird auf diese Weise dem Geldgeber möglichst für den fehlenden Besitz des Pfandes Ersatz geboten. Aufserdem hat aber der Schiffer im Interesse des Bodmereigebers dafür zu sorgen, dafs das Pfandobjekt nicht weiteren Gefahren, als solchen, welche der Bodmereigeber übernommen hat, ausgesetzt, dafs namentlich die bedungene Bodmereireise nicht verändert, ohne Not davon nicht abgewichen wird (§ 693). Anweisungen des Ladungsinteressenten oder Reeders, welche diesen Pflichten entgegenstehen, schützen nicht, der Reeder ist vielmehr im Fall solcher persönlich mit haftbar (§ 695)1).

2. Die Pflicht zur Bewahrung und Erhaltung der verbodmeten Gegenstände fällt während der Reise im wesentlichen mit den Pflichten zusammen, die der Schiffer schon gegenüber dem Reeder, beziehentlich den Ladungseignern, hat (§§ 511, 512, 535, 632). Er ist nur zu den Vorkehrungen verpflichtet, welche ein ordentlicher Schiffer in der Sorge um Schiff und Ladung stets zu treffen pflegt, nicht zu besonderen Anstalten. Er ist auch zu einer weiteren Rechenschaft über den Verlauf der Reise, als in der Form der Verklarung (§§ 522 ff.) dem Bodmereigeber nicht verpflichtet, also auch prima facie exkulpiert, wenn diese ergiebt,

1) Diese Vorschriften halten richtig den Gedanken fest, dafs die Bodmerei ein Kreditgeschäft und keine Versicherung sei. Die von dem letzteren Gesichtspunkt ausgehenden fremden Rechte erklären meistens: dafs nicht mit übernommen und daher nicht Gegenstand der Haftung sei das Risiko aus schadenbringenden Handlungen des Darlehnsnehmers und des Schiffers oder der Seeleute (baraterie du patron). (So Frankreich Art. 326, dazu Lyon-Caen Nr. 1564, Spanien Art. 731, Italien Art. 600.) Damit wird also keine Pflicht zur Bewahrung begründet, deren Unterlassung Ansprüche erzeugt. Im Fall der unbegründeten Deviation ist nach französischem Recht auch die volle Forderung sofort fällig, weil das Risiko verändert ist, Lyon-Caën Nr. 1566. Nach angloamerikanischem Recht wird letzteres ebenfalls angenommen, vgl. Maclachlan S. 62, Desty § 110, ferner dafs Fälligkeit und volle Haftung eintritt, wenn sonst the non-performance of the voyage has been occasioned by the misconduct of the master or owner, Desty a. a. O. Belgien (Art. 164) legt dagegen dem Bodmereigeber baraterie du patron" zur Last, verpflichtet aber den Schuldner, wie jeden Versicherten de faire toute diligence pour prévenir ou attenuer le dommage. Daraus wird auch die Pflicht des Kapitäns abgeleitet, dafs er vor Auslieferung der Ladung dem Bodmereigeber Gelegenheit gebe, sein Ladungspfand zu realisieren, Jacobs Nr. 280. Holland (Art. 587), der Geldnehmer haftet persönlich, wenn die Reise durch sein Zuthun verändert wird oder wenn das Pfand durch seine Schuld verringert wird. Finnland (Art. 127) läfst in den Fällen der §§ 692 bis 694 D.H.G.B. den Schiffer persönlich für den Schaden haften, nicht aber den Reeder, wenn jener ohne sein Vorwissen handelte. Skandinavien (§§ 180, 280) im wesentlichen wie unser Gesetz.

dafs Verlust oder Schaden von ihm nicht verhütet werden konnte. Ist dagegen vor Antritt oder nach Beendigung der Reise Verlust oder Schaden entstanden, so mufs er sich dem Grundsatz des § 282 B.G.B. gemäfs besonders exkulpieren. Besonders wichtig ist aufser dem Fall des § 694, dafs er bei Verbodmung der Fracht die volle Fracht in Händen behalten mufs (vgl. § 771 Abs. 1), also auch nicht Frachtvorschüsse für Schiffsausgaben verwenden darf (vgl. S. 433), wenn dies nicht bei der Verbodmung vorbehalten war, dafs er, wenn die Ladung havariert ist, auch nach Beendigung der Reise für deren Erhaltung sorgen mufs. Ist dieselbe dem Verderben ausgesetzt, so wird er nach Analogie des § 535 auch zum Verkauf schreiten können, er mufs dann den Erlös zur Deckung der Ladungsschulden verwenden, wie bei einem nach § 535 vollzogenen Notverkauf, § 777 Abs. 2. Er darf auch nicht durch frivoles Prozessieren die Befriediguug des Bodmereigebers hinhalten (Prot. S. 2624-2627, S. 4053). Es ist Sache des letzteren, zu beweisen, ob und welcher Schaden durch die schuldhafte Handlung oder Unterlassung des Schiffers eingetreten ist, die in den §§ 693, 694 aufgestellten Vermutungen gelten nur für die darin erwähnten Fälle und sind nicht analog auszudehnen (A. M. Ehrenberg S. 310 ff.).

Eine Veränderung der Gefahr liegt vor in dem Fall des § 693, aufserdem z. B. im Fall einer nicht durch Not gebotenen Umladung der Güter in ein anderes Schiff), bei willkürlichem Löschen und Wiedereinladen, ungebührlicher Verzögerung der Reise.

§ 693.

Verändert der Schiffer willkürlich die Bodmereireise oder weicht er von dem ihr entsprechenden Wege willkürlich ab oder setzt er nach ihrer Beendigung die verbodmeten Gegenstände von neuem einer Seegefahr aus, ohne dafs das Interesse des Gläubigers es gebietet, so haftet er dem Gläubiger für die Bodmereischuld insoweit persönlich, als dieser aus den verbodmeten Gegenständen seine Befriedigung nicht erhält, es sei denn, dafs die unterbliebene Befriedigung durch

2) So französischer Code de commerce Art. 324, der in diesem Fall dieselbe Rechtsvermutung aufstellt wie § 693 D.H.G.B. Ausserdem ist nach französischem Recht in solchem Fall sofortige Rückforderung zulässig, Lyon-Caen Nr. 1559, 1566, 1604. Wird in den Fällen des § 632 die Weitersendung mit einem anderen Schiff nötig, so mufs der Schiffer in geeigneter Weise den Bodmereigeber sicher stellen (Anzeige an den neuen Schiffer von der Verbodmung, Vermerk derselben auf dem Konnossement des Ersatzschiffes, Einsendung dieses Konnossements an einen Agenten im Bestimmungsort mit der Weisung, dasselbe nur unter Wahrung der Rechte des Bodmereibriefinhabers, der nötigenfalls durch öffentliche Bekanntmachung zu benachrichtigen ist, an den Inhaber des ursprünglichen Konnossements auszuhändigen, vgl. H.G.Z. V Nr. 203). Andererseits darf der Schiffer während der Reise einseitige Weisungen des Bodmereigebers in betreff der Ladung ohne Zustimmung des Ladungsinteressenten auch nicht befolgen.

die Veränderung der Reise oder die Abweichung oder die neue Seegefahr nicht verursacht ist.

1. Dieser Paragraph stellt die Vermutung auf, dafs, wenn nach einer ungerechtfertigten Deviation oder Weiterreise über das Endziel der Bodmereireise hinaus (vgl. §§ 813, 814) der Wert der verbodmeten Sachen geringer ist, als der Betrag der Bodmereischuld, dieser Minderwert durch die Deviation verursacht ist. Diese Vermutung ist aufgestellt, um den Bodmereigeber des schwierigen Beweises zu überheben, dafs und wie weit ein Kausalzusammenhang zwischen dem Verlust oder der Beschädigung und der Deviation oder Weiterreise besteht. Die Vermutung kann durch den Beweis des Gegenteils entkräftet werden, d. i. durch den Beweis, dafs und wie weit auch ohne die Deviation u. s. w. Verlust oder Beschädigung eingetreten, beziehentlich der Wert der verbodmeten Gegenstände doch hinter dem Betrage der Bodmereischuld zurückgeblieben sein würde. Hierbei sind besser berechtigte Forderungen Dritter oder des Verfrachters selbst (vgl. § 696 N. 3), für welche derselbe Gegenstand haftet, zu berücksichtigen (Prot. S. 2615-2620). Veranlafst eine Deviation erhöhte Versicherungsprämie, hat der Schiffer auch diese zu ersetzen, Ulrichs Sammlung S. 253.

2. Unter dem willkürlichen Abweichen von dem der Bodmereireise entsprechenden Wege ist nicht jedes Abweichen von dem gewöhnlich innegehaltenen Kurse zu verstehen; vielmehr wird nur dann eine verbotene Deviation anzunehmen sein, wenn der Schiffer einen ganz ungebräuchlichen“ und „offensichtlich unzweckmäfsigen" Kurs eingeschlagen hat (Prot. S. 2618). Aufserdem kann eine Deviation aus den Gründen entschuldigt sein, die im Frachtrecht (siehe N. 4 zu § 556) besprochen sind, also z. B. Anlaufen eines Nothafens, Rettung von Menschenleben1) u. s. w.

$ 694.

Der Schiffer darf die verbodmete Ladung vor der Befriedigung oder Sicherstellung des Gläubigers weder ganz noch theilweise ausliefern, widrigenfalls er dem Gläubiger für die Bodmereischuld insoweit persönlich verpflichtet wird, als dieser aus den ausgelieferten Gütern zur Zeit der Auslieferung hätte befriedigt werden können.

Es wird vermuthet, dafs der Gläubiger seine vollständige Befriedigung hätte erlangen können.

1. Die Verpflichtung des Schiffers zur Wahrung des Pfandrechts gilt gegenüber allen seerechtlichen Pfandrechten an der Ladung, vgl. §§ 731, 752 H.G.B. Die Aushändigung der Ladung ist besonders deshalb gefährlich, weil das Pfand gegen einen gutgläubigen Dritten nicht verfolgbar ist (vgl. Bd. I, S. 408, 410 und unten § 696 Abs. 3). Der Beweis wird auch hier durch die im

1) Skandinavien (Art. 180) erwähnt diese Ausnahme ausdrücklich. Lewis-Boyens, Seerecht. II.

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Abs. 2 aufgestellte Vermutung dem Bodmereigeber erleichtert. Der Gegenbeweis kann sich darauf richten, dafs der Wert der Ladung bereits zur Zeit der Auslieferung (nicht etwa erst am Fälligkeitstermine der Schuld) hinter dem Betrage der Bodmereischuld zurückblieb, oder dafs dem Gläubiger z. B. infolge von jüngeren Bodmereiforderungen oder von Havariebeiträgen, welche auf der Ladung haften durch die Auslieferung der Ladung überhaupt kein Schaden oder doch kein dem Werte der ausgelieferten Güter gleichkommender Schaden zugefügt worden" ist (Prot. S. 4055). Dagegen darf der Schiffer sich (infolge der Bestimmung des § 691) nicht darauf berufen, dafs „auch noch andere Objekte für die Schuld hätten haften müssen" (Prot. S. 4059) 1).

2. Eine Sicherstellung" des Pfandgläubigers kann auch bei Hinterlegung der Güter in den Fällen der §§ 601, 623 H.G.B. in einem öffentlichen Lagerhaus oder an sonst sicherer Stelle geschehen, wenn dabei das Recht des letzteren dadurch gewahrt wird, dafs die Hinterlegung für den Ladungsinteressenten und den Pfandgläubiger geschieht. Diese Hinterlegung wird man auch dann für zulässig halten können, wenn sich mehrere Bodmereibriefsinhaber gemeldet haben, aber die Gelder zur Hinterlegung gemäfs § 689 H.G.B. nicht zu beschaffen sind. Unter Beitritt der Schuldner wird der Schiffer in solchem Fall auch zum öffentlichen Verkauf der Güter nach Analogie der Vorschriften der $$ 383 ff. B.G.B. schreiten können, wenn die fernere Aufbewahrung unverhältnismässige Kosten verursachen würde 2). Der Erlös ist dann für die Pfandgläubiger zu hinterlegen. Jedem Interessenten ist Nachricht zu geben. Ausländisches Recht s. N. 1 zu § 692.

3. Wegen der korrespondierenden Ansprüche gegen den schlechtgläubigen Empfänger und des Verhältnisses dieser zu den Ansprüchen gegen den Schiffer s. Bem. zu § 697.

§ 695.

Hat der Rheder in den Fällen der §§ 692 bis 694 die Handlungsweise des Schiffers angeordnet, so kommen die Vorschriften des § 512 Abs. 2, 3 zur Anwendung.

1) Das holländische H.G.B. (Art. 584) läfst ganz allgemein denjenigen persönlich für die Bezahlung der Bodmereischuld haften, der verbodmete Güter mala fide zum Schaden des Bodmereigebers gelöscht hat. Doch kann (nach Art. 583) der Kapitän, wenn das Konnossement und Manifest von einer ohne seine Zuziehung vor Anfang der Reise genommenen Bodmerei keine Notiz enthält, auch nicht angiebt, bei wem er im Bestimmungshafen der Bodmereireise Anzeige von seiner Ankunft zu machen hat, dies ihm auch sonst nicht bekannt ist, die Ladung löschen, ohne sich dem Inhaber des Bodmereibriefes verantwortlich zu machen.

2) Giebt der Schuldner selbst sein Einlösungsrecht auf, so besteht nur noch eine Pflicht zur Herausgabe, aber nicht zur Herausgabe an den Gläubiger selbst, sondern zur Herausgabe an den Gerichtsvollzieher zum Pfandverkauf wegen der Forderung. Es ist also die Sache selbst nicht Gegenstand der Schuld, somit direkt ein Fall des § 383 B.G.B. nicht vorliegend.

Ist eine gegen die gesetzlichen Bestimmungen verstofsende Handlungsweise des Schiffers die Folge einer Anordnung des Reeders, der von dem Sachverhältnis unterrichtet war, so tritt neben der fortdauernden Haftung des ersteren und des Schiffsvermögens eine persönliche Haftung des letzteren ein. Vgl. die Bem. Nr. 4 zu § 512, Bd. I, S. 319 ff.

$ 696.

Wird zur Zahlungszeit die Bodmereischuld nicht bezahlt, so kann sich der Gläubiger aus den verbodmeten Gegenständen befriedigen. Die Befriedigung erfolgt nach den für die Zwangsvollstreckung geltenden Vorschriften.

In Ansehung des Schiffes und der Fracht ist die Klage gegen den Schiffer oder den Rheder zu richten, das gegen den Schiffer ergangene Urtheil ist auch gegenüber dem Rheder wirksam. In Ansehung der Ladung ist die Klage vor der Auslieferung gegen den Schiffer zu richten.

Zum Nachtheil eines dritten Erwerbers, der den Besitz der verbodmeten Ladung in gutem Glauben erlangt hat, kann der Gläubiger von seinen Rechten keinen Gebrauch machen.

1. Die „Zahlungszeit" ergiebt sich aus § 687 H.G.B. Um zur Vollstreckung zu gelangen, ist zunächst eine Klage bei dem zuständigen Gericht anzubringen 1). Zuständig ist nach §§ 488, 761 H.G.B. bei inländischen Schiffen stets das Gericht des Heimatshafens, aufserdem nach § 29 C.P.O. das Gericht des Hafens, wo die Schuld zu zahlen ist. Bei ausländischen Schiffen ist neben dem letzteren nach § 23 C.P.O. das Gericht des Ortes, wo sich Schiff und Ladung befinden, zuständig. Ist letztere ausgeliefert und somit gegen einen inländischen Empfänger zu klagen, so ist die Klage nur vor dem Gericht seines Wohnortes oder seiner Handelsniederlassung zulässig (§ 21 C.P.O.), gegen den ausländischen Empfänger vor dem Gericht des Ortes, wo sich die Ladung im Inland befindet (§ 23 C.P.O.).

Die Klage kann im Urkundenprozefs angestellt werden und ist zu richten auf Zahlung bei Vermeidung der Vollstreckung in das Pfand. Die Vollstreckung in das Schiff geschieht nach dem Reichsgesetz über die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung vom 24. März 1897 §§ 162 ff. bei dem Amtsgericht des Hafens, wo sich das Schiff befindet. Es ist dringend zu raten, bei Bodmereien, zur Beförderung des deutschen Schiffskredits, die Versteigerungstermine möglichst nahe anzuberaumen. Es geschieht dies auch im Ausland, namentlich in Eng

1) Falls der Schiffer oder der Schuldner selbst sich nicht freiwillig in notarieller Urkunde der Vollstreckung unterwirft. Der Schiffer wird dies nur unter Zustimmung der Eigentümer des Pfandes thun dürfen, da er diesen die Einlösung offen halten mufs, so lange dies nicht seiner Pflicht gegenüber dem Gläubiger widerstreitet. Verjährung (in einem Jahre) § 901 H.G.B.

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