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nicht schon in dem Zwischenhafen, welchen das Schiff nach einer grofsen Haverei anläuft, um dort einen Teil der Güter zu entlöschen und andere einzunehmen. Denn für das Schiff und die nach dem Endhafen bestimmte Ladung ist die Reise erst hier zu Ende und erst bei Ankunft in diesem Hafen entschieden, was vom Schiff, der dorthin bestimmten Ladung, sowie an dafür zu zahlender Fracht gerettet ist, vgl. auch § 722. Ebenso ist nach §§ 711, 719 der Wert der dorthin bestimmten Güter und zwar sowohl der aufgeopferten wie geretteten, erst nach den Preisen dieses Hafens festzustellen. Es läfst sich also erst im Endhafen feststellen, welche Quote von dem Gesamtschaden, der schon vor einem Zwischenhafen stattfand, auf die dort gelöschten Güter entfällt. Nur dann, wenn die Weiterreise im Zwischenhafen aufgegeben wird oder das Schiff mit der übrigen Ladung zwar diese antritt, aber vor Erreichung neuer Häfen mit derselben verloren geht, ist in dem Zwischenhafen die Dispache möglich. - Der Schiffer hat hiernach in der Regel im Zwischenhafen nur die „Werte" der Güter feststellen zu lassen, die dort entlöscht werden, und für Sicherstellung der davon zu zahlenden Beiträge zu sorgen (§ 731). Er darf dabei den äufsersten Fall, dafs die gelöschten Güter allein beitragspflichtig bleiben (vgl. Note 2), voraussetzen. Der zu vergütende Schaden ist ferner im Zwischenhafen festzustellen, soweit die aufgeopferten oder beschädigten Güter dorthin bestimmt waren (§ 711) und soweit Schiffsschäden dort repariert werden (§§ 709, 710), im übrigen nur provisorisch zur Bemessung der Sicherheit, welche der Schiffer fordern darf 2).

überseeischen Besitzungen die Dispache im Abgangshafen aufzumachen ist (Art. 1836), ebenfalls bei anderen Reisen aus einem portugiesischen Hafen, wenn die Reise innerhalb des portugiesischen Gebietes oder dort durch Strandung endet (in dem neuen portugiesischen H.G.B. [vgl. dasselbe Art. 659] findet sich eine ähnliche Bestimmung nicht), letzteres bestimmt auch Holland (Art. 723) bei Reisen aus niederländischen Häfen.

2) Über die hier besprochene Frage, die auch (vgl. Text Bem. Nr. 2) für das anzuwendende Recht erheblich ist, liegt eine englische Entscheidung Hill c./a. Wilson im Sinne des Textes vor. Dieselbe bezieht sich auf einen Fall, wo ein Teil der Ladung im Nothafen, der Rest im Bestimmungshafen gelöscht wurde. Über den Fall, wo das Schiff Eskalen läuft, äussert sich Lowndes p. 271 ff. unentschieden. Carver, sect. 425, 426 kommt anscheinend zu ähnlichen Resultaten wie der Text, er will aber im Zwischenhafen, wenn das Schiff mit Restladung auf der Weiterreise untergeht, nur Dispache wegen der Opfer zulassen, die nach dem Zwischenhafen bestimmte Güter betrafen, was mit der N. 2 zu § 713 erwähnten, bei uns nicht geteilten Auffassung der englischen Juristen zusammenhängt. Nach unserem Recht ergiebt sich vielmehr für den gedachten Fall folgendes:

Gebt das Schiff auf der Weiterreise vor Erreichung des Endhafens mit der Restladung unter, so geht damit auch der Havereianspruch aus Beschädigung des Schiffes infolge einer vor dem Zwischenhafen erlittenen grofsen Haverei gegenüber den in diesem Hafen entlöschten Gütern verloren, es sei denn, dafs dieser Verlust lediglich die Folge jener grofsen Haverei war (oben S. 475) und der Schiffer ohne Verschulden trotz der erlittenen Schäden unrepariert oder unvollständig repariert die Reise fortsetzte (§ 702 Abs. 2, § 705). Dagegen geht damit der Havereianspruch wegen Verlustes

Dagegen ist nicht anzunehmen, dafs Sicherstellung der das Schiff treffenden Beiträge zur Deckung von Schäden an dem Teil der Ladung, der nach dem Zwischenhafen bestimmt war, schon in diesem Hafen gefordert werden darf (vgl. § 730).

2. Endet die Reise in einem solchen Orte, wo die Aufmachung der Dispache unmöglich ist (z. B. einem ganz kleinen Hafen), so ist diese einem allgemeinen Gebrauch gemäfs an einem nahe gelegenen Orte aufzumachen (Prot. S. 2757). Auch sind die Beteiligten, da die Vorschrift des § 727 lediglich dispositiver Natur ist, berechtigt, dieselbe durch Vertrag abzuändern (Prot. S. 2758), also z. B. für deutsche Schiffe Dispachierung in deutschem Hafen zu vereinbaren, vgl. über die Art solcher Vereinbarung N. 1 zu § 716. Was dort gesagt ist, gilt auch hier. Siehe auch N. 1 zu § 729.

3. Durch die Bestimmung des Paragraphen ist nicht zugleich die Frage entschieden, nach welchem Rechte die Regulierung der Seeschäden stattzufinden hat (vgl. Bd. I S. 80 ff.). Zu dem Art. 579 Abs. 1 des preufs. Entwurfs war auf der Hamburger Konferenz der Antrag gestellt, folgenden Zusatz aufzunehmen:

Die Festsetzung der Schäden und die Verteilung derselben durch die Havereirechnung erfolgt nach dem Rechte des Bestimmungsorts des Schiffs, oder wenn die Reise früher beendigt wird, nach dem am Endpunkte der Reise geltenden Rechte.

Diesem Antrage wurde jedoch keine Folge gegeben, und zwar hauptsächlich deshalb, weil man eine richtige allgemeine Bestimmung darüber, welches von mehreren kollidierenden Rechten in Anwendung zu bringen sei", kaum treffen zu können glaubte; weil man eine solche Bestimmung bei Auseinandersetzung der Havarieangelegenheiten in einem fremden Hafen nicht für erzwingbar, auch insofern für unzweckmässig hielt, als dadurch in vielen

vor dem Zwischenhafen aufgeopferter, nach weiteren Häfen bestimmter Ladung (beziehentlich Fracht) gegenüber dem in jenem Hafen gelöschten Gütern nicht verloren, wohl aber der Havereianspruch aus blofser Beschädigung solcher Güter, wenn der Untergang nicht blofs die Folge jener grofsen Haverei war (§ 705). Wird aus dem Untergang von Schiff und Restladung auf der Weiterreise von der letzteren etwas gerettet, so entscheidet sich ebenfalls nach dem Grundsatz des § 705, ob in betreff deren der Havereianspruch bestehen bleibt. Aufgeopferte Schiffsteile stehen aufgeopferter Ladung gleich. Diesen Grundsätzen gemäfs ist in dem gedachten Fall die Dispache aufzumachen. Voigt, Seeversicherungsrecht S. 528 ff., Heck S. 360 ff. nehmen an, dafs in jedem Zwischenhafen und dem Endhafen besondere Auseinandersetzung stattfinden müsse. Heck will dabei geopferte Güter, die nach dem Endhafen bestimmt waren, nach den im Zwischenhafen geltenden Preisen abschätzen, was direkt dem Gesetz (§ 711) widerspricht. Jacobs I p. 523 will ebenfalls in jedem Zwischenhafen und dem Endhafen besondere Umlage vornehmen. Zu beachten bleibt natürlich, dafs für jede grofse Haverei die beitragspflichtige Ladung und Fracht besonders festzustellen ist, vgl. Bem. Nr. 1 zu § 718, Bem. Nr. 5 zu § 721.

Fällen der Intention der Beteiligten zuwider die Anwendung des deutschen Rechts ausgeschlossen würde (Prot. S. 2756 f.). Zugleich wurde jedoch auf der Konferenz anerkannt, dafs in der Regel das Recht des Orts, an welchem die Dispache aufgemacht wird, der Aufmachung zu Grunde zu legen sei, und später, nämlich bei der Beratung des Versicherungsrechts, wurde das in dem soeben hervorgehobenen Antrag enthaltene Princip stillschweigend von der Kommission adoptiert. Der § 835 erklärt für die Verpflichtungen des Versicherers in betreff der Beiträge zur Havarie grosse für mafsgebend das am Orte der Aufmachung der Dispache geltende Recht, und nur aus Billigkeitsrücksichten hat § 837 dem Versicherer das Recht abgesprochen, dem Versicherten gegenüber die Dispache wegen Nichtübereinstimmung mit dem gedachten Recht und der dadurch bewirkten Benachteiligung des Versicherten anzufechten, wenn dieselbe von einer durch Gesetz oder Gebrauch dazu berufenen Person aufgemacht ist, und nicht etwa der Versicherte durch mangelhafte Wahrnehmung seiner Rechte die Benachteiligung selbst verschuldet hat. Da nun diese Bestimmung nicht eine Folge des Versicherungsvertrages oder der allgemeinen Grundsätze des Versicherungsrechtes ist (vgl. Motive zum preufs. Entw. S. 362), so hat das Gesetz, indem es das Recht des Dispacheorts für das Verhältnis des Versicherers zum Versicherten für mafsgebend erklärte, dieses Recht auch die Beziehungen zwischen dem Versicherten und den übrigen Havereiinteressenten, somit auch die Beziehungen der Havereiinteressenten untereinander ordnen lassen wollen, denn sonst würde der vom Versicherer nach dem § 835 Ziff. 1 zu ersetzende Havereibeitrag mit dem wirklichen Havereibeitrag nicht übereinstimmen" (Entsch. des R.O.H.G. VIII S. 291-294, vgl. XXV S. 2 R.G. Entsch. Bd. 38 S. 1 ff.).

In den Konferenzprotokollen (S. 3529, 3558) ist freilich noch davon die Rede, dafs Gesetz oder Usanz des Orts der Dispache ein anderes Recht, z. B. das des Abgangs- oder Bestimmungsorts, des Versicherungsplatzes u. s. w. für mafsgebend erachten könne und in diesem Fall letzteres anzuwenden sei. In Wahrheit ist dies aber nach den Rechten der seefahrenden Nationen nicht der Fall, s. Bd. I S. 80 ff. Dagegen sind vertragsmäfsige Abweichungen von dem Recht des Orts der Dispache zulässig. Inwiefern eine solche anzunehmen ist, wenn deutsche Konsuln im Ausland Dispachen aufmachen, s. Bd. I S. 81 N. 80. Über Vereinbarung vom Gesetz abweichender Regeln in den Konnossementen s. § 716 N. 1.

4. Ist die Dispache an dem hiernach zuständigen Ort unterblieben, so treten die im § 728 bestimmten Folgen ein. Waren aber schon an jenem Ort alle Grundlagen der Dispache hergestellt und war nur die eigentliche Verteilung unterblieben, so mag es zulässig sein, diese nachträglich unter Anwendung des Rechtes jenes Ortes von Sachverständigen anderer Hafenplätze

vornehmen zu lassen, namentlich im Inland, wenn an dem im Ausland zuständigen Ort die Herstellung einer ordnungsmässigen Dispache nicht oder nicht mehr thunlich ist, R.O.H.G. XVII S. 188, 196.

5. Die Vorbereitung der Dispache durch Feststellung der Schäden, Sorge für Ausbesserung derselben, Verhandlung mit den Interessenten u. s. w. wird gewöhnlich von sogenannten Havariekommissaren besorgt, welche der zur Aufmachung der Dispache Verpflichtete ernennt. Deren Provision gehört zu den umzulegenden Kosten, vgl. Bem. VII zu § 706, Hans. I Nr. 39 (wo Provision von 2 Prozent zugebilligt wird), Hans. XI Nr. 5.

§ 728.

Der Schiffer ist verpflichtet, die Aufmachung der Dispache ohne Verzug zu veranlassen. Handelt er dieser Verpflichtung zuwider, so macht er sich jedem Betheiligten verantwortlich.

Wird die Aufmachung der Dispache nicht rechtzeitig veranlasst, so kann jeder Betheiligte die Aufmachung in Antrag bringen und betreiben.

1. Unterläfst der Schiffer die Aufmachung der Dispache und läfst sich eine solche auch nicht nachholen (vgl. Bem. Nr. 4 zu § 727), so ist er (und gegenüber den Ladungsinteressenten nach § 486 H.G.B. auch der Reeder unter Beschränkung auf das Schiffsvermögen) haftbar, soweit die Heranziehung beitragspflichtiger Werte dadurch vereitelt wird, vgl. § 731 Abs. 1. Wird die Dispache von ihm nur verzögert, so tritt eine solche Haftbarkeit nur ein, soweit es nicht den Ladungsinteressenten möglich war, Schaden durch eigene Stellung des Antrages abzuwenden (vgl. Abs. 2 des Paragraphen und § 254 B.G.B.)1).

Hat gemäfs Abs. 2 der Ladungsinteressent - infolge der Zögerung des Schiffers einen Havariekommissar (vgl. Bem. Nr. 5 zu § 727) ernannt, der die Regulierung betreibt, so kann nicht nachträglich wieder der Schiffer oder Reeder die Regulierung in die Hand nehmen und auf allgemeine Kosten einen anderen Havariekommissar ernennen und Herausgabe der Akten an diesen fordern, Hans. XI Nr. 5.

"

2. Dispache" ist die Urkunde, welche der Dispacheur (§ 729) errichtet. Ein Beispiel solcher ist im Anhang zu diesem Abschnitt

1) Eine Klage gegen Schiffer oder Reeder auf Erfüllung der Verpflichtung zur Aufmachung des Dispache läfst das O.L.G. Hamburg zu (Hans. VIII Nr. 10). Praktischer ist der Regel nach, wenn der Schiffer die Dispache nicht betreibt, solche selbst zu betreiben oder direkt gegen das Schiff auf Ersatz des nicht abgelieferten oder beschädigten Gutes zu klagen. Die Bestimmungen der §§ 608, 609 gelten in solchem Fall nicht, da vorsätzliche Schäden vorliegen. Die Verjährung wird durch verzögerte Aufmachung der Dispache nicht aufgehalten, dieselbe beginnt in betreff aufgeopferter Güter mit dem § 903 Nr. 2 genannten Zeitpunkt, nicht erst mit der Aufmachung der Dispache selbst, vgl. Hans. VIII Nr. 10.

abgedruckt. Zu der „Aufmachung" derselben gehört auch die Vorbereitung (vgl. Bem. Nr. 5 zu § 727). Jede Dispache beginnt mit einer aus der Verklarung und den übrigen Dokumenten entnommenen Darstellung der Vorfälle, welche die Veranlassung des zu dispachierenden Schadens geworden sind. Darauf folgt die Feststellung des Wertes, der für die Beitragspflicht von Schiff, Fracht und Ladung mafsgebend ist, dann eine Schätzung der zu ersetzenden Schäden und Kosten, und endlich die Verteilung des Schadens unter die Interessenten 2). Die Dispache, in welcher der Vorbehalt salvo jure" gemacht wird, überläfst dem Gericht die Prüfung der Beläge und Rechtsfragen. Da der Dispacheur die Pflicht hat, zu prüfen, soweit dies möglich, ist es nicht angemessen, wenn er die Verantwortlichkeit durch einen solchen Zusatz abzuwälzen sucht. Immerhin ist auch eine solche Dispache eine amtliche Berechnung, welche dem Gesetz und auch dem § 142 der Allg. Vers.Bed. entspricht (Urt. des O.L.G. Hamburg vom 25. Jan. 1882, Hans. II Nr. 108).

§ 729 *).

Im Gebiete dieses Gesetzbuchs wird die Dispache durch die ein für allemal bestellten oder in deren Ermangelung durch die vom Gerichte besonders ernannten Personen (Dispacheure) aufgemacht.

Jeder Betheiligte ist verpflichtet, die zur Aufmachung der Dispache erforderlichen Urkunden, soweit er sie zu seiner Verfügung hat, namentlich Chartepartieen, Konnossemente und Fakturen, dem Dispacheur mitzutheilen.

1. Das neue H.G.B. hat den Abs. 3 des Art. 731 des alten H.G.B. gestrichen, da nunmehr eine reichsgesetzliche Regelung des Verfahrens vorgenommen ist. Nach den bisher in Kraft gewesenen Landesgesetzen waren zwei verschiedene Systeme in Geltung:

a. In Preufsen und Mecklenburg-Schwerin mussten die Dispachen bei Gericht eingereicht und von diesem nach Prüfung, sowie Erledigung von Streitigkeiten durch Urteile des ordentlichen Gerichts, bestätigt werden. Aus der bestätigten Dispache fand Vollstreckung statt.

b. In den übrigen Bundesstaaten waren die Dispachen aufsergerichtliche, nicht vollstreckungsfähige Urkunden, aus denen im Fall der Nichtzahlung geklagt werden musste, wobei dann durch die Gerichte die Streitpunkte entschieden wurden, R.O.H.G. XXIII S. 179, R.G. III S. 17, vgl. Jur.

2) Auch nach den fremden Rechten ist der Schiffer zur Betreibung der Dispache verpflichtet, vgl. Lyon-Caën Nr. 968, Desjardins Nr. 1036, Jacobs Nr. 481, sowie N. 1 zu § 726.

*) Art. 731 des alten H.G.B. enthielt einen Abs. 3, in welchem den Landesgesetzen vorbehalten wurde, „über das Verfahren bei Aufmachung der Dispache und die Ausführung derselben nähere Bestimmungen zu erlassen".

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