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unter Berücksichtigung ausländischer Seerechte

neu bearbeitet von

Emil Boyens,

Rechtsanwalt beim Reichsgericht.

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Vorwort.

Seit dem Erscheinen des ersten Bandes dieses Werkes sind mehrere Jahre verflossen. Es stellte sich heraus, dafs der reiche Strom unserer Gesetzgebung an der Wende des Jahrhunderts auch dem Seerecht noch Manches bringen werde und es daher besser sei, vor der Fortsetzung des Werkes ruhigeres Fahrwasser abzu

warten.

Die Reichsgesetzgebung hat aufser schon früher erwarteten allgemeinen, das Seerecht beeinflussenden Gesetzen ein neues Flaggenrechtsgesetz mit Ergänzungen gebracht, dagegen steht die längst erwartete neue Seemannsordnung, trotz wiederholter Beratungen im Reichstag, noch immer aus. Die Landesgesetzgebung hat die früheren Einführungsgesetze zum Handelsgesetzbuch beseitigt, dafür aber neue Ausführungsgesetze und im Anschlufs an die letzteren auch sonst Neues gebracht. Um nun das Werk mit der jetzigen Sachlage in Einklang zu bringen, wird in der Einleitung zunächst eine neue vollständige Übersicht über die gegenwärtigen seerechtlichen Gesetze gegeben. Es folgt das neue Flaggenrechtsgesetz nebst den damit in Verbindung stehenden sonstigen Vorschriften über die Führung der Schiffsregister. Da auch die Entstehung von Schiffspfandrechten mit den letzteren in Zusammenhang steht, schliefst sich daran eine Darstellung des Schiffspfandrechtes mit den hierauf bezüglichen Vorschriften des bürgerlichen Gesetzbuches und des Gesetzes über die freiwillige Gerichtsbarkeit, die nach der ursprünglichen Disposition des Werkes erst im Anschlufs an den neunten Abschnitt (Schiffsgläubiger) gegeben werden sollte.

In dem ersten Bande wurde unter Angabe der Abweichungen des neuen Gesetzes der Text des alten Handelsgesetzbuches zu Grunde gelegt. Es war dies notwendig, weil damals noch das alte Gesetz in Geltung war, und weil das neue Gesetz mit seinen übrigens meistens unerheblichen Abweichungen erst während des Druckes bekannt wurde.

Da inzwischen das neue Handelsgesetzbuch mit Einführungsgesetz in Kraft getreten ist, konnte bei Fortsetzung des Werkes

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nur der neue Text zu Grunde gelegt werden. Um nun den neuen Text des ganzen Gesetzes dem Werke einzuverleiben, ist auch der neue Text der schon im ersten Band kommentierten Abschnitte mit abgedruckt. Dabei ist bei jedem Paragraphen auf die Stelle verwiesen, wo derselbe im ersten Band kommentiert ist, es ist aber dieser Kommentar gleichzeitig durch Nachträge ergänzt, so dafs das gesamte bis jetzt vorhandene Material auch für jene Abschnitte in dem Werk zu finden ist. Die S. XVII ff. vorgedruckte Vergleichung der Artikel des alten mit den Paragraphen des neuen Gesetzes erleichtert die Übersicht.

Die Fortsetzung des Kommentars des vierten Buchs des Handelsgesetzbuches im vorliegenden Bande bringt die Abschnitte IV bis VI und den ersten Titel des Abschnittes VII. Im Anhang zum vierten Abschnitt (Frachtgeschäft zur Beförderung von Gütern) sind die örtlichen Verordnungen und Ortsgebräuche, betreffend das Laden und Löschen der Seeschiffe, gesammelt. Im Anschlufs an den fünften Abschnitt (Frachtgeschäft zur Beförderung von Reisenden) ist das Auswanderungsgesetz, im Anschlufs an den ersten Titel des siebenten Abschnittes (grofse Haverei) sind die Vorschriften des Gesetzes über die freiwillige Gerichtsbarkeit, betreffend die Bestätigung der Dispachen und die YorkAntwerp-Rules von 1890 behandelt.

Der dritte und letzte Band wird das Werk zum Abschlufs bringen und auch die demnächstige neue Seemannsordnung enthalten.

Einem berechtigten Einwand der Kritik nachgebend, ist auf den Text der Gesetze die neue Rechtschreibung nicht mehr angewandt. Die gesamten Gesetze liegen jetzt also vollständig so vor, wie sie verkündet sind.

Erwähnt soll noch werden, dafs neuere internationale Bestrebungen sich, übereinstimmend mit den von mir im ersten Band (s. S. VII und 72) ausgesprochenen Anschauungen, nunmehr ausschliefslich darauf richten, für gewisse Materien des Seerechtes gleichmäfsige internationale Regeln zu schaffen. Diese Bestrebungen gehen von dem aus belgischer Initiative begründeten Comité maritime international aus, das in den Jahren 1898, 1899, 1900 in Antwerpen, London und Paris getagt hat und in diesem Jahr in Hamburg tagen soll. Ob diese Bestrebungen zu einem praktischen Erfolg führen werden, steht dahin. Jedenfalls können darüber noch Jahrzehnte vergehen.

Für die wohlwollende Aufnahme, die der erste Band dieses Werkes in zahlreichen Kritiken und Aufserungen aus den Kreisen der Juristen und des Handels gefunden hat, spreche ich meinen Dank aus1.

1 Eine erst während des Druckes des vorliegenden Bandes erschienene Kritik des ersten Bandes von Wittmaack, Reichsgerichtsrat a. D. (Kritische Vierteljahrsschrift, 3. Folge, Bd. VI, S. 434 ff.) hat wegen ihres späten Er

scheinens von mir während meiner Arbeit nicht berücksichtigt werden können. Es sei mir daher gestattet, mit einigen Worten auf diese Kritik einzugehen. Der Herr Kritiker steht wenigstens seit den letzten fünfundzwanzig Jahren der Praxis des Seerechts fern. Es ist natürlich, dafs sein Gesichtswinkel dadurch beeinflusst wird, und es mag sich hieraus namentlich erklären, dafs er für den Zweck des Buches, das Seerecht den modernen Verhältnissen anzupassen und dabei möglichst auf eine entsprechende Fortbildung desselben hinzuwirken, kein rechtes Auge hat. Eben deshalb geht er weder auf die in dem Buch nach dieser Richtung behandelten Fragen ein, noch gelingt es ihm, zu einem Verständnis der Art und Weise zu gelangen, in denen das Buch das ausländische Seerecht heranzieht, obwohl die Vorrede zum ersten Band (S. VII) darüber Aufschlufs gab. Wenn z. B. Bd. I S. 131, 132 eine vollständige Übersicht darüber gegeben wird, wie in den ausländischen Gesetzen die Schiffsregister zu privatrechtlichen Zwecken benutzt werden, so hat dies den Zweck, zu zeigen, wie weit unter den anderen seefahrenden Nationen bereits der Gedanke einer Immobilisierung der Schiffe, d. h. eine Gleichstellung der Schiffsregister mit den Grundbüchern vorgeschritten ist (vgl. S. 137) und wie die Tendenz der Weiterentwicklung bis zu einer vollständigen Gleichstellung vorhanden ist. Dazu war es nicht nötig auf Details der einzelnen Gesetzgebung einzugehen, also z. B. für Portugal, das grundsätzlich die Gleichstellung ausspricht, auch noch die (übrigens unerheblichen) Ausnahmen anzuführen oder gar auch noch einen Abrifs seines Grundbuchrechtes (das in allen modernen Staaten denselben Charakter hat) zu geben, wie das alles W. S. 438, 439 verlangt. Soweit die Angaben über ausländisches Recht nicht blofs den Zweck der Rechtsvergleichung sowie der Auslegung und Fortbildung des Rechts verfolgen, sondern direkt für die praktische Anwendung bestimmt sind, ist je nach Wichtigkeit der Fragen mehr oder weniger, unter besonderer Berücksichtigung des englischen, französischen und skandinavischen Rechts gegeben. Es ist aber überall die Quelle angeführt, aus der bei Bedarf der Praktiker das Weitere schöpfen kann. Der Herr Kritiker übersieht, dafs das Buch nicht ausschliesslich für Juristen, jedenfalls nicht nur für solche geschrieben ist, die im stande sind, selbst zu forschen, und denen gröfsere Bibliotheken mit ausländischen Werken zur Verfügung stehen. Aber auch für diese wird eine schnelle Orientierung immer von Wert sein und die Citate werden ihnen die Arbeit erleichtern.

Was der Herr Kritiker im einzelnen moniert, hat, wie er finden wird, bereits in dem vorliegenden Band, der die neuen Texte zu Grunde legt und auch einige Ungenauigkeiten beseitigt, welche durch die plötzliche, erst während des Druckes des ersten Bandes unvermutet eingetretene Revision des seerechtlichen Teils des H.G.B. veranlafst waren, grofsenteils seine Erledigung gefunden.

Im übrigen seien seine abweichenden Ansichten hier kurz skizziert: W. geht (S. 450) in betreff der örtlichen Geltung der Gesetze davon aus, dafs der Richter immer zunächst auf sein Recht (lex fori) angewiesen sei und fremdes Recht nur dann anzuwenden hat, wenn hierfür besondere Gründe (?) vorliegen. Daher will er z. B. auf Schiffskollisionen in fremden Territorialgewässern zwischen Schiffen verschiedener Nationalität die lex fori anwenden. Dieser Standpunkt widerspricht direkt dem Art. 30 Einf.-Ges. zum B.G.B. (vgl. Bd. I des Kommentars S. 74 ff.), ist seit Savigny veraltet und mit dem modernen Verkehrsleben, das eine kosmopolitische Rechtsprechung verlangt, nicht im Einklang. W. will ferner (S. 449) die Rechtsfiktion, dafs das Schiff auf hoher See seinen Heimatsboden fortsetze, auf Vorgänge auf dem Schiffe beschränken, also nicht auf solche beziehen, die das Schiff selbst betreffen. Diese Rechtsfiktion ist aber auf dem Gebiete des internationalen Privatrechts (anders auf dem des Völkerrechts) unentbehrlich und auch durchweg anerkannt. Alle neueren Seerechtskongresse haben dieselbe zu Grunde gelegt, ebenso Zitelmann: Internationales Privatrecht Bd. I S. 189, 190, Reichsger.-Entsch. Bd. 19 S. 10 ff. W. will statt dessen auf hoher See noch ein „allgemeines Seerecht“ anwenden (vgl. dagegen Bd. I

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