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mehrere Tausend Quadrat-Meilen grofse Innenland von Grönland fällt, sich zum grössten Theile in die Fjorde ergiessen muss; man sieht auch an mehreren Stellen Ströme mit trübem oder lehmhaltigem Wasser am Rande des grofsen Festlandeises entspringen, und kann mit Grund vermuthen, dafs sich die gröfsten dieser Ströme durch tiefe Rinnen und Canäle unter dem Eise selbst ergiefsen, dort wo dasselbe in das Meer hinaustritt und seine Bruchstücke abwirft. In diesem Falle bleiben natürlich die gröfsten Ströme unsichtbar, die Grönländer wollen jedoch in solchen Eisfjorden beobachtet haben, dafs grofse Massen süssen Wassers scheinbar vom Meeresgrunde wie Quellen oder Springbrunnen aufsprudeln.

Um eine Schilderung der klimatischen Verhältnisse zu geben, dürfte es wohl am zweckmäfsigsten sein, die Wetterverhältnisse des südlichsten Theils oder des Districtes von Julianehaab zu beschreiben, da die folgenden Colonien im Verhältnifs zu ihrer Lage von Süd nach Nord hinsichtlich der Temperaturabnahme einen Uebergang zu dem Klima von Nordgrönland bilden. Die Verhältnisse beider Endpunkte, des mildesten und kältesten, vermögen daher eine Vorstellung von dem Klima des zwischen beiden liegenden Landstrichs zu geben. Es sollen in dieser Beziehung die einzelnen Monate der beiden Jahre vom Sommer 1853 bis zum Sommer 1855 besprochen werden, da in ihnen die Witterung, der Thermometer- und Barometerstand bei Julianehaab täglich beobachtet wurden, und theilweise auch gleichzeitig an vier anderen Stellen desselben Districtes und darunter auf dem allersüdlichsten Punkt des grönländischen Festlands genaue Observationen angestellt worden sind.

Der Sommer 1853 galt im Ganzen für warm und ziemlich beständig. Im August, in welchem man die Aufzeichnungen über die Wetterveränderungen begann, stieg das Thermometer einmal bis auf die gewifs seltene Höhe von über 16 Grad Wärme im Schatten '); der niedrigste Stand war Grad Wärme und die durchschnittliche Temperatur + 83°, was der Temperatur der ersten Hälfte des Mai in Kopenhagen entspricht. Die Witterung war zugleich sehr regnerisch; denn es regnete im Durchschnitt einen Tag um den andern. Sowohl diese gewöhnliche Wärme wie auch die Regenmenge standen in Verbindung mit dem vorherrschenden sogenannten warmen Südostwind, der bei den Witterungsverhältnissen des ganzen Grönlands, vorzugsweise aber in der Nähe von Julianehaab eine wichtige Rolle spielt. Er kommt eigentlich nicht aus Süd-Ost, sondern eher direct aus OstNord-Ost, ist also ein Landwind und bläst in die meisten der Fjorde

1) Hier wie überall sind die Grade nach Réaumur berechnet.

gerade hinein. Alles, was in der Beschreibung von Nord-Grönland über diesen Wind, seine Heftigkeit und Unbeständigkeit angeführt ist, gilt auch für Süd-Grönland. In der Regel führt er viel Regen mit sich, besonders, wenn er nur von kurzer Dauer ist; weht er aber mehrere Tage hindurch mit voller Stärke, so pflegt er die Luft aufzuklären und ist dann sogar aufserordentlich trocken. Solche Tage sind es, an welchen das Thermometer zu der aufserordentlichen Höhe von 15 bis 16 Grad steigen kann; aber dieses ist kaum ein höherer Wärmegrad, als er auch in Nord-Grönland an der Diskobucht beobachtet wurde.

Im Monat September war der höchste Stand des Thermometers + 12o, der niedrigste —41⁄2o, der Durchschnitt +3°, was ein wenig kälter ist, als der November in Kopenhagen. Gleich mit dem Beginn des Monats traten scharfe Nachtfröste ein, das Laub an den Gebüschen welkte und es war für dieses Jahr mit der Vegetation vorüber. Zur Zeit der Tag- und Nachtgleiche stellten sich auch heftige Stürme ein, und das Land war längere Zeit ganz mit Schnee bedeckt. Der October war beständiger und milder, die Temperatur wechselte zwischen + 10° und -6°. Der November dagegen zeigte sich ungewöhnlich stürmisch und kalt; heftige Winde aus Süd und Nord lösten sich unmittelbar ab, doch waren die letzteren entschieden die vorherrschenden, auch stieg die Kälte bis -16° und der Durchschnitt war -6°, was fast um 5° kälter ist, als der kälteste Monat, der Januar, in Kopenhagen. Ungefähr in der Mitte des November fror der zunächst der Colonie gelegene Binnensee, der über eine Meile lang ist, so fest zu, dafs man darüber gehen konnte, und das Eis thaute bis zum letzten Juni des folgenden Jahres nicht wieder auf. Der December begann etwas milder, im Durchschnitt mit kaum -4° die stärkste Kälte betrug kaum -16°, und am Schlufs des Jahres fand sich plötzlich der warme Süd-Ostwind ein und wehte mehrere Tage hindurch. Um die Weihnachtszeit stieg das Thermometer sogar bis auf fast + 8o, und die starken Regenschauer trugen dazu bei in ein Paar Tagen das Land fast ganz vom Schnee zu entblöfsen. Auf diese Milde folgten aber drei so strenge und stürmische Wintermonate, dafs sie selbst in diesem gewifs sehr wenig einnehmenden Klima als aufsergewöhnliche angesehen werden müssen. Im Januar betrug die stärkste Kälte allerdings nur -17°; im Februar erreichte sie aber schon -19° und dieser Monat war überdiefs auch sehr stürmisch, mit Ausnahme von nur drei Tagen, an denen es einigermafsen still war. Der milde südliche oder östliche Wind konnte sich durchaus nicht behaupten, denn jedesmal wenn er zu wehen begann, traten gewaltige Schneegestöber ein, der Wind drehte sich regelmässig nach Nordwest und brachte dann

eine schneidende Kälte mit sich. Der Monat März war nicht viel besser; die Kälte stieg noch bis auf 19°; jeden dritten Tag im Durchschnitt trat Sturm ein und nur fünf Tage im Monat war einigermassen Windstille. Im April wurde das Wetter plötzlich behaglicher, und an nicht weniger als funfzehn Tagen war es ziemlich still, doch sank das Thermometer noch bis unter -14°, und obschon einzelne Tage mit Thauwetter eintraten und die Wärme selbst über -9° stieg, begann doch der Monat Mai, ohne dafs die schweren Schneemassen, die sich auf dem Lande aufgehäuft hatten, ein erkennbares Anzeichen ihres Verschwindens gegeben hätten. Im Gegentheil schneite es in den ersten Tagen des Mai unaufhörlich, und der Schnee lag in jener Zeit zwischen den Häusern der Colonie zuweilen 8 Ellen hoch, so dass die niederen Hütten der Grönländer ganz unter demselben begraben waren, und man über ihre Dächer hinwegschritt; man musste Gänge zu den Thüren und Fenstern derselben aufdecken, und auch zwischen den dänischen Häusern wurde die Communication nur mühsam mit Hilfe von schmalen Hohlwegen zwischen Schneewänden von 3 bis 7 Ellen Höhe aufrecht erhalten. Am 5. Mai klärte sich die Luft bei einem nördlichen Sturm und -5° Kälte auf. Der neugefallene Schnee wirbelte über die Fjelde dahin und verhüllte Alles in einen dichten Nebel, und die Hohlwege wurden so verweht, dafs sie auf's Neue ausgegraben werden mussten. Noch am 6. Mai hatte man des Morgens 62° Kälte. Erst nach diesem Tage nahm der Schnee nicht mehr zu und kurze Zeit darauf trat starkes Thauwetter mit Regenschauern ein, wodurch die Flüsse in Gang kamen. So endete dieser langanhaltende Winter, der für die grönländische Bevölkerung dieses Districts viel Noth und Ungemach herbeiführte. Es ist daraus ersichtlich, dafs sich die Strenge des Klimas nicht sowohl in besonders hohen Kältegraden, als in der langen Dauer derselben und der Langsamkeit, mit der die darauf folgende nur geringe Sommerwärme die Spuren des Winters zu vertilgen vermochte, aussprach. Was wir in dieser Hinsicht hier hervorheben wollen, dürfte vielleicht in Betracht der Lage des Ortes, (nicht weit von dem Parallel Christiania's) als auffallend erscheinen; aber der Verfasser hatte Gelegenheit die Thatsache mit eigenen Augen zu beobachten: noch am 18. Mai war der Garten des Missionärs bei Lichtenau mit altem Schnee bedeckt, welcher überdies gerade an diesem Tage gegen Abend unter dem kalten und scharfen Nordwinde fest wie Eis gefroren war; man hatte es vergeblich versucht ihn durch Aufhauen und Ausbreiten in der Sonnenwärme zu schmelzen. Zu derselben Zeit hatten auch ganz kleine Scheeren, die von der Meeresbrandung halb bespült wurden, noch eine Eis- und Schneedecke, die weder die aushöhlende Brandung, noch die von allen

Seiten frei einwirkende Atmosphäre, in Verbindung mit den Strahlen der Sonne im Stande gewesen waren, auf eine geringere Dicke, als ein Paar Ellen zu reduciren. Noch am 25. Mai war das Eis auf dem ganzen Landsee von Julianehaab fest und hart genug um darauf zu gehen; es wurde gemessen und noch eine Elle und acht Zoll dick gefunden. Selbst am 8. Juni war derselbe Landsee, nach einem starken Nachtfrost, in seiner ganzen Ausdehnung fest und hart genug gefroren, um begangen zu werden; nur längs des Landes befand sich eine schmale offene Rinne, die mit Leichtigkeit übersprungen werden konnte. Erst nach diesem Tage wurde die Passage über diesen See etwas schwieriger. Am Morgen des 15. Juni stand das Thermometer noch auf -1° und es schneite dicht und ununterbrochen bis zum Nachmittage. Das ganze Land wurde dadurch wieder weifs, der neu gefallene Schnee blieb den nächsten Tag über nicht allein auf den Fjelden, sondern auch in den kleinen Gärten der Colonie und selbst auf den Dächern der Häuser liegen. Die Thiere mufsten wieder in den Stall gebracht werden, mit einem Worte, es war wie mitten im Winter in Dänemark. Aber noch viel übler waren die Witterungsverhältnisse in dem nordwestlichen Theile dieses Districts, der weiter in das Meer hinausreicht, und in dem vielleicht überhaupt mehr Schnee fällt und andererseits die häufigeren von der See kommenden Eisnebel den Sommer rauher und kälter machen und die Wirkung der Sonnenstrahlen abschwächen. Was hier in den Tagen vom 29. Juni bis zum 1. Juli zu sehen war, lautet fast fabelhaft. Beinahe alle kleineren Meeresbuchten und viele Fahrwasser zwischen den Inseln waren in dieser Zeit noch mit Eis vom vorigen Winter belegt, und an einzelnen Stellen hatte dasselbe noch nicht einmal längs des Landes, wo es doch sonst häufig von dem Steigen und Fallen des Wassers gehoben und gebrochen wird, wegzuthauen angefangen; der Schnee, der das ganze Uferland bedeckte, dehnte sich auch über das Eis aus und verwischte die Grenze zwischen beiden. Von dem langen Sunde Torsukatek aus, der sonst im Sommer von Schiffen zur Durchfahrt benutzt wird, jetzt aber in seinem engsten Theile kaum einen schmalen Wasserstreifen längs des Landes, breit genug für ein Weiberboot, besass, unternahm man den Versuch auf der nördlichen Seite eine Tour von ungefähr einer Meile landeinwärts auszuführen. Sobald man das Land betreten hatte, kam man durch tiefen Schnee, darauf über ein paar kleinere Hügel, von denen nur die Gipfel schneefrei waren, während die Abhänge und die dazwischen liegenden Thalstriche in eine dicke Schneedecke gehüllt waren. Von diesen Hügeln stieg man zu einem reichlich Meile langen Landsee hinab, der ein tiefes von sehr steilen und düsteren Klippenwänden eingeschlossenes Thal ausfüllt. Auf

diesem Landsee war buchstäblich gesprochen noch keine Spur von irgend einem Thauwetter zu finden; in der Mitte desselben war das Eis noch fest und hart, und längs der Ufer lag Schnee, der sich wie ein ebener Abhang über das umgebende Land ausbreitete, so dafs man die Scheidung von dem See und dem Lande selbst nicht zuverlässig angeben konnte. Von diesem See aus kam man über eine Strecke Landes, die halb mit Schnee bedeckt, halb entblöfst war, zu einem anderen gröfseren See, der ganz in derselben Weise mit festem Eise geschlossen war; nur an dem entgegengesetzten Ende dieses letzten See's, an welchem derselbe einen Strom in's Meer absendet, war eine offene Stelle, so dass man nur auf einem Umwege ungefährdet an diesem Punkte vorüber kommen konnte. Der Flufs selbst hatte schon eine ziemlich starke Strömung. Weiterhin waren die höheren Bergabhänge, die man passiren mufste, um über die Halbinsel zu gelangen, so mit Schnee bedeckt, dafs man ohne Schneeschuhe nicht gut weiter kommen konnte. Dies zeigte sich am 29. Juni und man darf daher vermuthen, dafs die hier erwähnten Landseen vor dem Ende des Monat August nicht völlig aufgethaut sind.

Der Sommer, oder die Monate Juni, Juli und August des Jahres 1854 hatten eine Mitteltemperatur von + 71°, das Maximum belief sich auf + 16°, das Minimum betrug -1°; der Juli war sehr milde, da die Temperatur nie unter + 5o ́sank, - was eine ungewöhnliche Erscheinung ist. Wohl hauptsächlich der grofsen Schneemasse wegen, die erst so spät verschwand, gedieh die Vegatation im Ganzen nur mässig; die Beeren reiften nur im Innern der Fjorde. Während man in den Districten Omenak und Jakobshavn in Nordgrönland im Allgemeinen reife Beeren in aufserordentlicher Menge findet, konnte man in diesem Sommer zunächst der Colonie Julianehaab nur ganz vereinzelt dergleichen auftreiben, meistentheils waren sie grün geblieben und nicht einmal ausgewachsen.

Der darauf folgende Winter von 1854-1855, der weiter nach Norden hinauf sehr strenge war, zeichnete sich bei Julianehaab durch seine Beständigkeit und verhältnifsmäfsige Milde aus. Allerdings trat schon im September Frostwetter ein, und das Land wurde unter heftigen Nordstürmen schon bald nach dem 20sten mit Schnee bedeckt; im October hatte man 7° Kälte und ziemlich viel Schnee, derselbe ging im November unter vorherrschenden Südostwinden wieder ganz weg. Im December sank das Thermometer auf -17° und bezeichnete damit die stärkste Kälte, die sich während des ganzen Winters zeigte; in diesem Monat, wie auch im Januar fiel eine ungeheure Menge Schnee. Im Februar trat eine sehr merkwürdige Wetterveränderung ein; der Südostwind fand sich plötzlich ein und führte einen warmen Luftstrom

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