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gehalten; voller Unkraut, ohne reinliche Wege, und obgleich mit Orangen, Oliven, Feigen, Pfirsichen, Weinreben, Quitten, Aepfeln, Birnen, Melonen und Sandia's reichlich versehen, doch so wenig einladend für den Fremden, dass ich mich nirgends entschliefsen konnte, sie zu betreten, nachdem ich durch meine ersten Besuche eine so unerfreuliche Haltung in denselben kennen gelernt hatte.

Um 8 Uhr wechselten wir, nach einer Fahrt von 3 Leguas, bei einer Estancia, deren Namen mir entfallen ist '), die Pferde. Während dessen zeichne ich den Tupungato, der gerade vor mir liegt, in mein Taschenbuch. Der Berg ist der regelmäfsigste von den Gipfeln auf dieser Strecke der Cordilleren, ein flachgewölbter, glockenförmiger Kegel mit abgerundeter Spitze, der seine vulkanische Natur schon im Umrifs kenntlich zur Schau trägt; seine ganze Oberfläche von da an, wo sie auf den Kamm des Gebirges sich stützt, war mit Schnee bedeckt und ist es beständig; der Tupungato verliert seine Schneemütze nie, auch im heilsesten Sommer nicht, und hat überhaupt von allen Gipfeln die vollständigste Schneedecke, weil kein anderer so flach geneigt und dadurch so geeignet ist, sie zu tragen. Der viel höhere Aconcagua, welcher etwa 12 geogr. Meilen nördlich vom Tupungato liegt, erregt nicht den überraschenden Eindruck, weil sein Gipfel einen nach Osten steil abfallenden zackigen Grat bildet, woran der Schnee nicht lange haften bleibt und die drei kleinen Spitzen neben ihm noch viel steilere Abstürze haben. Er macht von fern den Eindruck eines halben, in sich zurückgefallenen Kraterrandes, dessen östliche Seite eingestürzt ist. Zehn Meilen südlich vom Tupungato steht der Maypu, ein etwas höherer Kegel mit graden Wänden und kantenförmiger Spitze, die ebenfalls immer eine Schneehaube trägt; dagegen ist der höchste Gipfel des Aconcagua häufig gegen Mendoza zu ganz vom Schnee befreit, während die sanfter geneigten, benachbarten Abhänge tiefe Schneedecken tragen.

Die Strafse von der Estancia nach Rodeo del Medio, wo die Pferde zum letzten Male gewechselt wurden, bot nichts Neues dar, als dafs wir gleich hinter der genannten Estancia den Rio de Mendoza passirten, einen ziemlich wasserreichen Flufs in breitem flachem Bette, welches mit faustgrofsen Geröllen erfüllt ist und das Wasser in mehreren Armen rasch weiter führt. Der Hauptstrom ist ziemlich breit und reifsend, so dafs die Pferde Mühe hatten, dagegen anzukommen. Der Rio de Mendoza gehört nicht zu dem Wassersystem des Rio Tunuyan, in dessen Bereich wir gekommen waren, sondern bildet ein eigenes System für sich, das seinen Abflufs nach Norden nimmt, wäh

1) Barriales.

rend der Rio Tunuyan sich später nach Süden wendet; er entspringt zwischen dem Aconcagua und der Hauptkette der Cordilleren, umfafst den genannten höchsten Berg dieser Gegenden, dessen Erhebung über 21,000 Fufs betragen soll, wendet sich in das vor dem Aconcagua nach Osten gelegene erzreiche Thal von Uspallata hinein, kehrt aber bald daraus zurück, umfliefst die Uspallata-Bergkette nach Süden und biegt sich etwas unterhalb Mendoza, das an einem Seitenarme des Flusses liegt, plötzlich nach Norden, der Laguna de Guanacache zu, in welche er mündet. Der Rio Desaguadero ist die spätere Fortsetzung des Rio de Mendoza.

Es mag hier als eine bemerkenswerthe und für das Pampasgebiet bedeutungsvolle Thatsache erwähnt werden, dass keiner von den Flüssen, welche in dieser Gegend wie überhaupt zwischen dem 26° und 35o S. Br. am Ostabhange der Cordilleren entspringen, den atlantischen Ocean erreicht, sondern alle in Seen münden, welche abgeschlossen im Pampasgebiet liegen, mit keinem benachbarten Wassersystem in Verbindung tretend. Dasselbe gilt auch von den meisten kleinen Flüssen, die der Sierra de Cordoba entspringen; nur der dritte oder Tercero erreicht als Rio Carcarañal den Paraná. Nördlich von der Sierra de Cordoba fliefst auch noch ein solcher mündungsloser, ziemlich grosser Flufs, der Rio Dulce, welcher den fruchtbaren Gegenden um Tucuman entströmt, von den Cordilleren aber keine Wasser mehr empfängt. Die Flüsse um Mendoza sammeln sich in zwei gröfseren Seen, wovon der nördliche aus einer Reihe kleiner Seen besteht, die mit der Laguna Bevedero südlich von San Luis de la Punta zusammenhängen; letztere wird hauptsächlich durch den Rio Desaguadero gespeist. Der südliche See, Urre Lauquen, liegt an der Grenze von Patagonien, ziemlich unter demselben Längengrade mit dem vorigen, und dahin führt schon der oben erwähnte Rio Tunuyan. Die Laguna Guanacache, worin der Rio de Mendoza mündet, ist der Anfang jener Kette von Seen, die Laguna de Silvero, woraus der Desaguadero kommt, ihr Mittelpunkt, und der grofse See südlich von San Luis de la Punta ihr Ende. Diese Seen, insofern sie alles zwischen dem 26° und 35° S. Br. von den Cordilleren herabströmende Wasser in Empfang nehmen und zurückhalten, sind die Ursache der auffallenden Wasserarmuth der östlichen Pampas, sie entziehen dem Boden die zu einer gedeihlichen Cultur nöthige Feuchtigkeit und verurtheilen die genannten Gegenden zu ewigen Steppen, die nie von europäischen Ansiedlern dicht bevölkert werden können. Das Haupt-Pampasgebiet hat keine Zukunft, es wird für immer so bleiben, wie es von Anfang an war und noch heute beschaffen ist, ein ödes Land, das nur wilde Indianer und verwilderte Viehheerden bewohnen.

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Rodeo del Medio liegt 5 Leguas von Mendoza; man bewegt sich während des Weges beständig in Pappelalleen und sieht nichts. von Wichtigkeit, was man nicht schon gesehen hätte; doch nimmt die Dichtigkeit der Bevölkerung zu, wie sich aus der gröfseren Menge der Häuser an der Strafse erkennen läfst. Ich fand hier den ersten aus Pappelreisern geflochtenen Zaun, ein völlig norddeutscher Anblick, und in dem Gehöft dahinter einen Ziegelofen, der füglich ebenso bei uns hätte stehen können. Unter solchen heimathlichen Eindrücken fuhr ich durch das Dorf San José, dicht vor Mendoza, an dessen Vorstadt seine Häuser unmittelbar sich anschliefsen, und gelangte alsbald, am Flusse hinab, der hinter Pappeln versteckt neben mir floss, gegen 1 Uhr über die aus drei grofsen Bogen gebaute steinerne Brücke auf den Marktplatz der Stadt, und schlug in dem dort befindlichen Hôtel de France zunächst meine Wohnung auf.

XII.

Das chilenische Colonisations - Territorium an der Magalhaens - Strasse.

(Hierzu eine Karte, Taf. V.)

Als Pedro Sarmiento de Gamboa am Hofe König Philipps II. dahin wirkte, dafs die östlichste Meeresenge in der Magalhaens-Strafse befestigt und so den fremden Schiffen dieser Weg zu den Goldländern des Stillen Oceans verschlossen würde, äufserte der Herzog von Alba voll Verdrufs über die unruhigen Projectenmacher, dafs ein Schiff, wenn es so viel Anker und Taue mitnähme, als es in jenen sturmgepeitschten Gewässern gebrauche, schon dadurch allein hinlänglich befrachtet sei.

Seitdem sind fast drei Jahrhunderte vergangen; und was die Seefahrer dieser Zeiten, oft kühne, in aller Seegefahr erprobte Männer, über Wind und Wetter wie über die Gefahren der Meere und Meerengen im Süden des amerikanischen Continents berichtet haben, war in der That kaum dazu angethan, ein freundlicheres Licht über jene entlegenen Gegenden zu verbreiten. Fast vier Monate, vom 17. December 1766 bis zum 11. April 1767, also grade in der besten Jahreszeit, hatte Wallis gebraucht, um, in beständigem Kampfe gegen Sturm und Wetter und, wie er sagt, in ununterbrochener Gefahr des Schiff

bruchs, an den traurigen und unwirthlichen Küsten der MagalhaensStrafse vorüber zu gelangen; Carteret mufste allein im westlichsten Theile der Strafse, von Port Famine bis zum Cap Pillar, 84 Tage zubringen. Auch die wissenschaftliche Erforschung jener Gewässer, die von den britischen Kriegsschiffen Adventure und Beagle in dem Decennium von 1826 bis 1836 ausgeführt wurde, ist durch ein aus den Gefahren des Unternehmens hervorgegangenes, schmerzliches Ereigniss bezeichnet: Captain Stokes, ein erfahrener und höchst energischer Offizier, war bei der Aufnahme der Westküste Patagoniens durch die furchtbaren und zahllosen Gefahren, mit denen heftige und unbekannte Strömungen, ein mit Klippen und Felseneilanden dicht besäetes Meer und die von unaufhörlichen Weststürmen an der zerrissenen Felsenküste erzeugte wüthende Brandung ihn vier Monate hindurch umdrohten, dermassen erschüttert und krankhaft aufgeregt worden, dass er bei sciner Rückkehr nach Port Famine, an Körper und Geist gebrochen, in einem Anfalle von Trübsinn sich selbst erschofs.

Aber wenn auch die Natur jener Gegenden noch immer so rauh und schrecklich wie früher gefunden wird, so sind doch die Hilfsmittel gewachsen, die der Mensch sich dienstbar gemacht hat. Mit der Kraft des Dampfes durchfährt er bequem in anderthalb Tagen die gefürchtete Meerenge, die ihn früher monatelang festhielt. Und was früher ein aufserordentliches Wagnifs war, soll jetzt eine gewöhnliche Erscheinung werden: denn der Präsident der Republik Chile, Don Manuel Montt, hat der vorjährigen Session des legislativen Congresses bereits die Mittheilung machen können, dafs sein Minister in Paris mit der Organisation einer englischen Compagnie beschäftigt sei, welche eine regelmässige Dampfschifffahrts-Verbindung zwischen England und Chile durch die Magalhaens-Strafse herstellen wolle, und dafs ihm aufserdem auch von anderer Seite Bedingungen vorgelegt wären, unter denen sich eine ähnliche Gesellschaft zu demselben Zwecke bilden wolle.

Die aufserordentlichen Hindernisse, mit denen die Fahrt um das Cap Horn zu kämpfen hat, mussten natürlich den Gedanken an eine Benutzung der Magalhaens-Strafse nahe legen; und man kann sagen, dass die letztere Tour jetzt, wo zuverlässige Karten von der berüchtigten Meerenge existiren, wo ihre Strömungen und die in ihr vorherrschenden Winde bekannter geworden sind, selbst Segelschiffen, namentlich kleineren, sehr erhebliche Vortheile bietet, während Dampfschiffe ihr ohne alle Frage den Vorzug geben werden.

Zunächst fällt in die Wagschaale, dafs der Umweg, der durch die Fahrt um das Cap Horn verursacht wird, viel bedeutender ist, als es bei einem Blicke auf die Karte scheinen möchte.

Denn obgleich Schiffe, die aus dem Atlantischen in den Stillen

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Ocean segeln wollen, gut thun, sich nicht über 100 Seemeilen von der Ostküste Patagoniens fern zu halten, damit sie gegen die hier vorherrschenden Westwinde, die weiter ostwärts auf dem offenen Meere an Stärke zunehmen und eine tiefgehende See erregen, den Schutz des vorliegenden Landes geniefsen, können sie doch von hier aus nicht den nächsten Weg nach dem Cap durch die Strafse Le Maire einschlagen, da die Benutzung desselben bei den vorherrschenden Südweststürmen und der durch sie verursachten Gegenströmung mit zu bedeutenden Gefahren verknüpft ist; und bei Windstille sehen sich die Schiffe bedroht, durch die Strömung den Felsenküsten von Staten-Island zugetrieben zu werden, wo sie für den Fall dringender Gefahr nur mit Mühe und in grofser Meerestiefe Ankergrund finden. Nach Capt. King's Ansicht ist es nur bei einer nördlichen Brise praktisch, die Strafse Le Maire zu passiren, und da ein solcher Wind hier fast nie weht, hält er es fast immer für unumgänglich, Staten Island auf der Windseite zu lassen und in einem weiten Bogen die vom Cap St. John ostwärts gehende Strömung zu umsegeln '). Dann, in dem offenen Meere süd

1) W. Parker Snow weicht in seinem eben erschienenen Werke: A Two Years' Cruise off Tierra del Fuego, the Falkland Islands, Patagonia and in the River Plata. 2 vols. London 1857 fast überall von King ab. Er hält es (vol. II, p. 325) nicht für nöthig, sich in der Nähe der patagonischen Küste zu halten, und erklärt die Strafse Le Maire für den sichersten Weg nach Cap Horn. Aber wenn man seine Windtabelle ansieht, wird man ihm kaum Glauben schenken wollen; denn diese zeigt recht deutlich, in welchem Grade hier westliche Winde vorherrschen. Im Laufe eines Jahres hat er notirt:

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also für die fünf westlichen Winde 203 Tage, während auf die fünf nördlichen nur 78 Tage fallen. Nun sind aber in diesen Gewässern alle aus der östlichen Hälfte wehenden Winde nicht blofs sehr veränderlich, sondern auch auffallend schwach, im Vergleich mit den westlichen. Sobald der Wind, der auf der südlichen Halbkugel von West über Süd nach Ost umsetzt, wieder mehr und mehr aus nördlichen Richtungen zu wehen anfängt, nimmt er an Beständigkeit und Stärke zu, er weht anhaltend aus NW. als a strong gale, und springt dann, nachdem er in W. ebenfalls länger verweilt, meist sofort nach SW. um, wo er mit der Heftigkeit eines wüthenden Sturmes weht. Für die Fahrt durch die Strafse Le Maire nach Cap Horn sind aber diese Westwinde deshalb gefährlich, weil schon die Fluthströmung ostwärts nach den Küsten von Staten - Island treibt; und alle Südwinde sind als Gegenwinde hinderlich. Man mufs also zu jenen 203 Tagen westlicher Winde noch den NNW. nach Snow's Tabelle mit 29 Tagen, den SSW. mit 21 Tagen, den Süd mit 21 Tagen hinzurechnen, um zu sehen, wie häufig die Fahrt durch die Strafse Le Maire behindert wird: im Ganzen 275 Tage innerhalb des von Snow zu Grunde gelegten Jahres. Wären die westlichen Winde veränderlich, so würde es allerdings ein bequemes Auskunftsmittel sein, in Vincent- oder Good Succefs-Bay einen Windwechsel abzuwarten: aber diese Winde zeigen sich gerade sehr beständig, während alle östlichen flüchtig und unzuverlässig sind.

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