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Heinrich der Teichner.

(Ein Oestreichischer Spruchdichter, aus der 2. Hälfte des 14. Jahrhunderts.)
Aus einem Spruchgedichte.

Einer fragt, ob ich vernaem:
,waz dem jungen wol gezaem
und dem alten waer ein schant."
Ich sprach: daz ist scham genant.
wer sich schamt von kindes jugent,
der ist sich flizent aller tugent
und hüetet sich vor boesen dingen;
des muoz in diu scham bezwingen
daz er missetât verbirt;
ob er es angesuochet wirt,
so geit im diu scham die lêr,
daz er betrachtet künftig êr

und daz übel nicht entuot:

da von ist scham dem jungen guot, und dem alten ein übel zeichen. Wâ man sicht den alten bleichen, und sich nach der schame stellet, so hât in etwer vor gezellet, waz er übels hât getan, die wil er was ein junger man. Wan der alt in scham erglizzet, sô hât in etwer erwizzet,

daz er wilunt truog in dem herzen; diu selb schame geit im smerzen, wer ein altez übel enbloezet

und imz under sîniu ougen stoezet.

Peter Suchenwirt.

(Ein Oestreicher, um 1380; gehört zu den Wappendichtern, welche die Wappen und deren Träger besangen.)

Herzog Leopold's Tod (bei Sempach).

Schimpf und freud und hoher muot, euch darf wol pelangen:

verraetnüss, mort, manslehtig bluot haben euch übergangen.

Vil klagender nôt sich füegen wolt schier in kurzen tagen:

von Oesterreich herzog Leuppolt laider wart erslagen;

Daz unvermezzenleich geschach Zuo Ergau in der gegent: ain stat gehaizen ist Sempach då man mit krieg was phlegent. Die Sweizer wolten niht enlân, durch peschauwen:

si

zogen
die wart man schier dà sihtig an;
daz was von missetrauwen.

Ain veint west von dem andern niht,

so si zuo velde kamen:

ez geschach ân zuoversiht.
ich klag den edeln stamen!

Der fürst wolt raumen niht daz velt
den veinden da zuo tratze.
klain was sein her: grôz was die welt
auf seinem widersatze.

Man riet im herre, reit dà von: wir wellen mit in vehten."

er sprach die schand tet mir gedon vor fürsten, ritter und knehten. Piderben helt, nu rât dar zuo (wir sullen preis erwerben), daz ieder man daz beste tuo. genesen oder sterben

Wil ich mit eu in diser not: des sult ir mir getrauwen. pezzer ist mir êren tôt

den schäntleich stên vor frauwen." Swaben und Etscher hetten stôz: daz was umb daz vor vehten. igleicher nach dem alten lôz wolt pleiben pei den rehten.

Die piderben helt die vielen ab, und traten zuo dem hauffen. ain veint dem andern lützel gab sein harnasch dà zuo kauffen. Mordax, swert und auch die spiez sach man niht vermeiden: den veinden man zuo widerdriez daz leben kund versneiden,

Daz si lâgen in dem pluot tôt mit tiefen wunden. so wart der edel fürste guot mit wernden henden funden,

Piz daz er sein ende nam pei sein getreuwen herren. der hoch geteuwert edel stam kund sich von schanden verren. Graven, ritter, edel kneht mit êren då verdurben, die mit ganzen treuwen sleht pei dem fürsten sturben.

Got der hab ir aller sêl, die mit im sint verschaiden; der hailig engel Sant Michêl sol si zuo himel klaiden.

Ir hielten vil zuo rossen still und sâhen zuo mit schanden: ir herz und auch ir aigen will het zägleich muot bestanden. Hieten all die reht getân die mit dem fürsten riten. den veinden waer gesiget an: die saelde si vermiten.

Herzog Leuppolt von Oesterreich, got hab sein sêl in huote: er hât gelebet wirdigleich mit êren und mit guote.

Daz sehs ond ahtzist jâr regnier mit maniger hande smerzen: daz klag ich Pêter Suochen wiert mit treuwen in dem herzen.

Halbfuter.

(Er war ein Luzerner, und nahm selbst Theil an der Schlacht bei Sempach [1386], die er alsdann besang. Sonst ist nichts Näheres von ihm bekannt.)

Anfang.

Lied von der Schlacht bei Sempach.

1. Imm tusent und drühundert
und sechs und achtzigsten jar,
do hat doch gott besunder
sin gnad thon offenbar

he! der eidgenossschaft, ich sag:
tett iren gross bistande

uff Sant Cirillen tag. 2. Es kam ein bär gezogen gen Willisow in die statt; do kam ein imb geflogen, in dlinden er gnistet hat: he! ans hertzogen waffen er flog als do der selbig hertzog

wol für die linden zog. 3.,,Das dütet frömbde geste": so redt der gmeine man. do sach man wie die veste dahinder zWillisow bran. he! si redtend uss übermut: ,,die Switzer wend wir toeden das jung und alte blut."

4. Si zugend mit richem schalle von Sursee uss der statt, die selben herren alle so der hertzog gesamlet hat: ,,he! und kosts uns lib und leben, die Switzer wend wir zwingen und inen ein herren geben." 5. Si fiengend an ze ziechen mit ir kostlichen watt: das völcklin fieng an fliechen gen Sempach in die statt, he! das uff den ackern was; den hertzog sach man ziechen mit einem hör, was gross. Schlußstrophe.

66. Halbsuter unvergessen,
also ist ers genannt;
zLuzern ist er gesessen
und alda wol erkant;

he! er was ein vrölich man;
dis lied hat er gedichtet,

als er ab der schlacht ist kan.

Hugo Graf von Montfort.

(Web. 1354, gest. 1423; machte eine Wallfahrt nach Jerusalem; suchte den alten lyrischen Rittergesang zu erneuern nach den verschiedenen Stoffen und Formen; überhaupt eine ritterliche Natur.)

Der Traum im Beinhause.

Ich gieng ains morgens fru am tag

In ain hewsel, darinn lag
Vil gebain von den toten.

Die zarten mund, die roten,

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Weyshait, er vnd gut;
Hett ich gelaitet meinen mut
Zu gerechten guten dingen,
So hort' ich engel singen;
Das han ich laider nicht getân,
Ich was ain vbergeitig man,
Vmb gut do was mir nieman zlieb,
Die logk (Logif) traib ich als ain diep
Vnd hatt unstaeten mut,

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Das tett ich alls umb das gut;
Vngerechter richter der was ich,
Ich bin verloren ewenkleich.
Ach got, das ich ie wart geborn,
Ich bin doch ewenkleich verlorn.
Mein leiden ist ân end,
Ich dich ze botten send,
Zu grafen deinen genossen
Vnd zu allen herren grossen,
Vnd warn sy an den sachen,
Das sy die gerechtikeit machen
Vnd legint vast dem rechten zu,
So gewinnent sy die ewig ru,
Vnd habent got lieb für alle ding..
Dast aller weyshait urspring." u. f. w.

Andere Tobte treten auf.

Aus dem Mysterium: Mariä Klage.

(Mysterien find geistliche Schauspiele, die theils in Kirchen, theils im Freien vorgestellt wurden; darunter besonders die Darstellungen der h. Passion. Die entgegengesetzte weltliche Art sind die Fastnacht s s p i el c. Die Sprache des folgenden Stückes ist von Hoffmann v. Fallersleben ins reine Mittelhochdeutsch umgesetzt.)

Maria klagt am Kreuze.

Owê, Jesus, vil liebez kint! owê, wie dir dîne âderen zereket sint! ach wâ ist nû daz süeze liebe wort, daz ich vor zîten hân gehort; ave gratia plena,

du bist vol genâden, Maria!

Dô ich dich, liebez kint, enphiene,
d waren vroelichiu dinc.

din vreude ist all hingeleit,
ich hàn nû niht dan bitterkeit.

ach, liebez kint, wa ist din houbet ?
daz ist dir so gar vertoubet
mit einer krônen dürnîn;

daz ist dir an dîme houbete schin.
Wà ist nû, liebez kint, dîn herze?
daz lidet gròzen smerzen.
wà ist, kint, diner ougen schîn?
mit bluote sie dir bedecket sîn.

Wâ ist hin dîn rôter munt,

der mir dicke ze maneger stunt lieplichen hat gesprochen zuo? ach, liebez kint, wer wil daz nû tuon? wâ sint dine hende, liebez kint, die aller werlde meister sint?

die sint gar unbekentlich.

mit nagelen zestochen iaemerlich. ach wâ ist dîn rôsevarwer munt? kranc ist dînes herzens grunt:

ach owê und aber owê!

ach lieben vrouwen, merket, die hie stên die dâ liebiu kint hân,

ob den wurde also getân,

die müesten lîden iâmers vil, iâmer liden âne zil.

des lîdet min herze groze nôt,

ich wolde daz ich waere vür in tot!

Geistliches Lied.

(eiftliche Lieder, so wie im engeren Sinne Kirchen lieder, die beim Gottesdienste und bei Wallfahrten gebraucht wurden, gibt es viele aus dieser Zeit; war ja selbst der ganze Meistergesang hauptsächlich geistlichen Inhalte. Die eigentlichen Kirchenlieber schließen sich übrigens mehr ans Volkslied an, wie das schon ihre Bestimmung fürs Volt mit sich brachte.)

Geistliches Mailied. (Bei Kreuzgängen.)

Wer nu wölle meien gen in diser liben zeit,

Dem zeige ich einen meien, der uns freuden geit.
Der meien den ich meine, daz ist der zarte got,
Do er gieng auf erden, do leit er mangen spot.

Menschliches wesen in doch nie verdroz,
Die marter was nit süeze, die minne im daz gebot.
Ge wir zu dem kreuze und nemen des meien war,
Er stet in roter blüete, den uns die meit gebar.

Sehe wir an sein haupte,

daz ist von dorne wunt,

Wer daran dik gedenket, des sele wirt gesunt.

Sehe wir an sein hende, die sint mit nageln durchslagen,
Wir schullen daz seine leiden in unserm herzen tragen.

Sehe wir an sein seiten, die ist auf getan,

Do schullen die lieben sele des morgens meien gan;
Sehe wir an sein füeze, die sint mit nageln durchbort,
Dor auz ist geflozzen des himelreiches hort.

An des kreuzes este do blüet roter wein,

Den schenket man lieben gesten, die müzzen lauter sein;
In den ewigen freuden do schenket man Kipper wein,
Do müzzen die lieben sele von minnen trunken sein.

Heinrich von Laufenberg.

(Defan zu Freiburg im Breisgau; dichtete viele geistliche Lieder, zwischen 1415–58.)

Weihnachtslied.

In einem krippfly lag ein kind, do stund ein esel vnd ein rind, Do by was ouch die maget clar, Maria, die das kind gebar. Jhesus der herre min, der was das kindelin.

Do singent im der engel kor mit süsser stim gar hoch enbor: Gloria lob vnd würdikeit

sy Got in hohem rich geseit. Jhesus der herre min

der was das kindelin.

Diz wart den hirten schier verkunt, dar vmb so lüffent sy zestunt Gen Bethlehem vnd fundent do das edle kind vnd wurdent fro. Jhesus der herre min der was das kindelin.

Ze stund enbran ein sternen schin das es ward kunt den küngen drin In verrem land ze orient, die koment mit ir gob gerent. Jhesus der herre min der was das kindelin.

Sy vielent nyder uff die erd, sie gobetent dem kinde wert Gar edel myrren, wirouch, gould, dem kindly wurden sy gar hould. Jhesus der herre min der was das kindelin.

Do dis vernam herodes mut, er gedoht, wie er verguss sin blut; Vil tusend kind tot er zehand, Jhesus floh in egipten land. Jhesus der herre min der was das kindelin.

Hie nah wol vber drissig jor do ward dis kindelin für wor Durch vnser ewig selikeit ertöt vnd in ein grab geleit. Jhesus der herre min der was das kindelin.

Dar nah zehand am dritten tag erstund es nach der lerer sag, Vnd fur uff in sins vatter land, do sitzt es zu der rechten hand. Jhesus der herre min der was das kindelin.

Verlangen nach dem Himmel. Ich wölt, das ich do heime wer, Vnd aller welte trost enber.

Ich mein daheim im himelrich, do ich got schowet ewenclich.

Woluf, min sel, vnd riht dich dar do wartet din der engel schar.

Wan alle welt ist dir ze clein, du kumest denn e wider hein. Dohein ist leben one tot vnd gantzi froiden alle not. Do ist gesuntheit one we. vnd waeret hüt vnd iemer me.

Do sint doch tusend ior als hüt vnd ist ouch kein verdriessen nit. Woluf, min hertz vnd all min mut, vnd such das gut ob allem gut. Was das nitt ist, das schetz gar clein, vnd jomer allzeit wider hein.

Du hast doch hie kein bliben nit, es sye morn oder sye hüt.

Sid es denn anders nit mag sin, so flüch der welte valschen schin. Vnd rüw din sünd vnd besser dich, als wellest morn gen himelrich. Ade, welt! got gesegen dich, ich var dohin gen himelrich.

Das Evangelium Johannis. Ein Adler hoch han ich gehort, der spricht: im anvang was das wort, Und daz wort was vor got behut, vnd got der was das worte gut.

Im anvang was das wort vor got, durch es got alls geschaffen hat; Vnd on es ist geschaffen niht, daz ie ward vnd ouch noch beschikt.

Was worden ist, des leben was in im, der menschen lieht ist das, Das lieht luht in der vinsterniss, vnd mögent nit ergriffen diss.

Ein mensch was us von got gesant, des nam der was Johans genant, Der kam ze einem zügen har, das er vom licht geb zügniss gar.

Daz durch in gloubtent alle lüt, doch was Johans das liehte nüt, Er solt doch ein gezüge sin, das er wers lieht vnd warer schin.

Diss was das luter lieht fürwor, das hat erlüht der menschen schar, Die in diswelt ie komen sind, die usserwelten gottes kind.

Diss wort was in der welte hie, vnd was durch es geschaffen ye, Vnd hat die welt sin nit bekant, do er was in sin eygen lant.

Sin eigen volck in nit enpfieng, doch wer im glouben in vmbfieng, Den gab er gwalt in gnoden schin daz sy gots kinde soltent sin.

Ein Meistergefang.

Das ist ein ebich oder loyca in meister Cunrades von Würtzburg aspis.
(Doppelsinn, je nachdem man lief't und interpungirt.)

Junck man hat got vor augen nicht

Sprich übel reinen wyben

Die lug soltu ze herzen schryben
Gar wenig biss bereit

Da man vil briss und wirdikeit
Herwerben sol nach guter tat
Du hab zu boesen dingen pflicht
Gar wenig solt belyben

Da man vil tugend er wil tryben
Da biss gar unverzeit

Mit bosen worten byss gemeit
Gar selten volg der wysen rat
Du solt in diner jugent
Tugent

Myden ist min gir
Nymmer laster du verbir
Wilt du gnad herwerben

Den milten solt du lan verderben

Gar selten volg du mir
Gar one zwyfel sag ich dir
Din lop das grünet als die satt.

Jung man lass red vor oren gan
Nit myn in der dich mynne
Aller unfure du begynne
Gar selten hab des pflicht
So das unfryde werd geslicht
Und wiltu mynes rattes pflegen
Du solt ein stetes hertze han
Mit ungetrüwen synnen
Gein nieman gutes yn herynnen
Und wer da gutes tut

Vor des lere biss wol behut
Nymmer lass schande underwegen
Auch lasse dich erbarmen
Armen

Witwen weysen nicht
Nymmer hab die zuversicht
Nach lobelicher wirde
Unrecht gewynn sy din begirde
Gar selten hab des pflicht
So das das gute wert geticht
Wilt du verdienen gottes segen.

Priameln.

(Bon praeambulum, voraufgehenb, d. i. mehrere Vorsprüche zu einem Hauptspruche; eine damals beliebte Form.)

Unnühe Arbeit.

Wer einen raben will baden weiss
und darauf legt seinen ganzen fleiss,
und an der sonne schnee will dörr'n,
und allen wind in ein truchen sperr'n,
und ungelück will tragen feil,
und narrn will binden an ein seil,
und einen kahlen will beschern:
der thut auch unnütz arbeit gern.
Das Beste.

In dem haus frolich und tugentlich,
uff der gassen ersam und zuchtigklich,

in derkirchen diemutiglich und innigklich,
uff dem velt menlich und sinnigklich,
an allen enden fromm und ernveste,
allezeit gotzvorchtig: das ist das beste.

Unfelig.

Unselig ist der, der got übel behagt, noch unseliger, der nie wider übel facht, mehr unseliger, dem got seine gnad versagt,

auch unselig, der sein sünd nicht klagt, vil unseliger, der in sein'n sünden verzagt, ganz unselig, der in die hölle wird gejagt,

Hans Rosenblüt.

(Genannt der Schnepperer, ein Nürnberger Meisterfänger, dichtete zwischen 1430–50, besonders

Der Herold.

Schwänke und Fastnachtsspiele.)

Aus des Türken Fastnachtsspiel.

Nun sweigt vnd hort fremde mere :
Der gross Turck ist kumen here,
Der Kriechenland gewunnen hat,
Der ist hie mit seinem weisen rat.

Den sind vil grosser clagen furkumen;
Von eitel Cristen, von den frumen,

Bey nacht, bey tag, auf wasser vnd lande,
Das ist dem adel ein grosse schande,
Das sie ein sollichs nicht können wenden;
Man solt die strassrauber pfenden
Vnd an die pawm mit stricken pinden,
So liessen sie auf der strassen ir schinden:
Man vecht ein wildes tier in dem walde,
Man ving einen rauber gleich so palde,

Die clagen, der pawer und der kaufman, Wenn man ernstlich nach im stelt.
Die können nyndert keinen fride gehan, Die sach dem Turcken gar vbel gfelt,

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