102. Wir sulen den jungen herren empfahen dester baz 103. des sol er geniezen in Burgonden lant." do gie der hêrre Gunther da er Sifriden vant. 104. Der wirt und sîne geste empfiengen sô den gast, daz in an ir zühten vil lüzel iht gebrast. des begunde in nigen der waetlîche man, daz si im heten grüezen sô rehte schône getan. 105. Mich wundert diser maere," von wanne ir, edel Sîfrit, oder waz ir wellet werben, sprach der künec zehant, do sprach der gast ze dem künige „daz sol iuch unverdaget sin. 106. Mir wart gesaget maere in mines vater lant, daz hie bi iu waeren (daz hete ich gerne bekant) 107. Ouch hoere ich iu selben daz man künec deheinen dar umbe bin ich her bekomen. des redent vil die liute über elliu disiu lant; nune wil ich niht erwinden, unz ez mir werde bekant. 108. Ich bin ouch ein recke und solde krône tragen ich wil daz gerne füegen daz si von mir sagen daz ich habe von rehte beidiu liute unde lant dar umbe soll min êre und ouch min houbet wesen phant. 109. Nu ir sît sô küene als mir ist geseit, nune ruoche ich ist ez ieman liep oder leit, ich will an iu ertwingen swaz ir muget hàn, lant unde bürge daz sol mir werden undertân." 110. Den künic hete wunder, und sîne man alsam, umbe solhiu maere als er hie vernam, daz er des hete willen, er naeme im siniu lant. daz hôrten sîne degne: dô wart in zürnen bekant. 111. Wie het ich daz verdienet," sprach Gunther der degen, „des mîn vater lange mit êren hât gepflegen, daz wir daz solden vliesen von iemans überkraft? wir liezen übel schînen daz wir ouch pflegen rîterschaft." 112. „Ich ne wils niht erwinden," sprach der küene man. ez enmüge von dînen ellen din lant den fride hân, ich wils alles walten: und ouch diu erbe min, erwirbest dus mit sterke, diu sulen dir undertaenec sîn. 113. Din erbe und ouch daz mîne sulen geliche ligen. sweder unser einer am anderen mac gesigen, dem sol ez allez dienen, die liute und ouch diu lant." daz widerredet Hagne dà unde Gêrnôt sà zehant. 114. „Wir hân des niht gedingen," sprach dô Gêrnôt, ,daz wir iht lande ertwingen, daz iemen drumbe tôt gelige vor heldes handen. wir haben rîchiu lant: diu dienent uns ze rehte, ze niemen sint si baz bewant." 115. Mit grimmegen muote stuonden dà die friunde sîn. do was ouch darunder von Metzen Ortwîn: dise starke übermüete von wâren schulden müese lån." 117. Daz zurnde harte sêre der helt von Niderlant: er sprach sich sol vermezzen niht wider mich din hant. ich bin ein künic rîche, so bistu küneges man: jan dorften mich dîn zwelve mit strîte nimmer bestân." 118. Nach swerten rief dô sêre von Metzen Ortwin: er mohte Hagnen swertersun von Tronje vil wol sîn: daz der so lange dagte, daz was dem künege leit. dô unterstuont ez Gêrnôt, ein rîter küene unde gemeit. 119. Er sprach zuo Ortwine „lat iuwer zürnen stân. uns hat der hêrre Sifrit solhes niht getân. wir mügenz noch wol scheiden mit zühten: dêst mîn rât: und haben in ze friunde; daz uns noch lobelicher ståt." 120. Dô sprach der starke Hagne uns mac wol wesen leit, allen dinen degnen, daz er ie gereit durch striten her ze Rine er soldez haben lân: im heten mine hêrren solher leide niht getân." 121. Des antwurte Sifrit, der kreftige man, „müet iuch daz, hêr Hagne, daz ich gesprochen hân, 122. Daz sol ich eine wenden," sprach aber Gêrnôt. iht mit übermüete des im waere leit. do gedahte ouch Sifrit an die vil hêrlichen meit. 123. Wie zaeme uns mit iu striten?" sprach aber Gêrnôt. ,swaz helde nu dar under müesen liegen tôt, wir hetens lüzel êren und ir vil kleinen frun." des antwurt ime dò Sifrit, des küneges Sigemundes sun, 124. War umbe bitet Hagne und ouch Ortwin, daz er niht gåhet strîten mit den friunden sîn, si muosen rede vermiden: daz was Gêrnôtes rât. 125. Ir sult uns wesen willekomen," so sprach daz Uoten kint, mit iwern hergesellen, die mit iu komen sint. wir sulen iu gerne dienen, ich und die mage min." do hiez man den gesten schenken den Guntheres win. 126. Dò sprach der wirt des landes allez daz wir hân, geruochet irs nåch êren, daz si iu undertan und si mit iu geteilet, lip unde guot." do wart der hêrre Sifrit ein lüzel sanfter gemuot 127. Dô hiez man in behalten allez ir gewant. die besten herberge man suohte, die man vant, Sifrides knehten: man schuof in guot gemach. den gast man sît vil gerne ze den Burgonden sach. 128. Man bôt im michel êre dà nàch ze manegen tagen, tûsent stunden mêre danne ich iu kan gesagen. daz hete versolt sin ellen. ir sult gelouben daz. in sach vil lüzel iemen der im waere gehaz. 129. Sich flizen kurzewîle die künege und ouch ir man. so was er ie der beste, swes man da began: des en kunde im gevolgen nieman: so michel was sîn kraft; so si den Stein wurfen oder schuzen den schaft. 130. Swâ si bi den frouwen durch ir höfscheit kurzwile pflagen, die rîter vil gemeit, dâ sach man ie vil gerne den helt von Niderlant. 131. Swes man ie begunde, des was sîn lîp bereit. 132. Swenne ûfme hofe wolden spilen då diu kint, Kriemhilt durch diu venster, diu küniginne hêr: ich wil wol wizen daz daz im in dirre werlde nimmer kunde werden baz. 134. Swenner bi den helden alsô noch die liute durch kurzewile tuont, so stuont sô minnecliche daz Siglinde kint, daz in von herzeliebe trûte manic vrouwe sint. sô muosen ouch die recken mit in al zehant. daz was den frouwen leit. 137. Sus wond er bi den hêrren daz er die minneclîchen die zit nie gesach, IV. Wie er mit den Sahsen streit. 138. Nu nâhent fremdiu maere in Guntheres lant, von unkunden recken die in truogen haz. dô si die rede vernâmen, leit was in waerlîche daz. 139. Die wil ich iu nennen. ez was Liudgêr, ûzer Sahsen lande ein richer fürste hêr, und ouch von Tenemarke der künic Liudgast. die brahten in ir reise vil manegen hêrlichen 'gast. Die Boten entbieten den Burgunden im Namen Lüdeger's des Sachsen und Lüdegast's des Dänen Krieg; auf Zusprache Siegfried's nimmt Gunther den Krieg an, und rasch wird der Zug ins Sachsenland vollführt; Siegfried übt Heldenthaten; er nimmt den Da nenkönig gefangen, und der Sachse ergibt sich. Botschaft nach Worms, und Freude Kriemhildens über Siegfried's Preis. Rückkehr des Heeres mit den königlichen Geißeln. V. Wie Sifrit Krimhilt erste gesach (264-323). Ein großes Hoffest wird veranstaltet zur Pfingstzeit; allwärts her ziehen mit Pracht die Gäste heran; da endlich tritt auch Kriemhilde zum ersten Male öffentlich hervor, wie Morgenroth aus trüben Wolken, wie der lichte Vollmond vor den Sternen. Begrüßung Siegfried's; aber erst nach der Messe, mit der das Fest begann, redet er mit ihr. Zwölf Tage dauert das Hoflager, dann ziehen die Gäste ab; Siegfried jedoch läßt sich leicht bestimmen, noch zu bleiben, da er nun alle Tage Kriemhilden sieht. VI. Wie Gunther gên Islande nâch Prünhilt fuor (324-376). 324. Iteniwiu maere sich huoben über Rin man seite daz dâ waere manic magedin. der dâhte im eine werben des künic Gunthers muot. 325. Ez was ein küniginne gesezzen über sê: ninder ir geliche was deheiniu mê. si was unmazen schoene, vil michel was ir kraft, driu spil an gewinnen der vrowen wol geborn: Gunther will Brunhilden gewinnen; Siegfried sagt ihm seine Hülfe zu, wenn er das gegen ihm seine Schwester Kriemhilde gelobe. Gunther willigt ein, und die Fahrt wird gerüstet. Siegfried nimmt seine Tarnkappe mit, welche unsichtbar macht und Zwölf-Männer. Starle verleiht. Siegfried selbst führt das Steuerruder; er allein ist des Weges kundig. In zwölf Tagen landen fie am Isenstein, wo Brunhilde herrscht. VII. Wie Gunther Prünhilde gewan (377-450). Siegfried geht zu Brunhilde; sie kennt ihn von früher; er gibt sich als Gunther's Dienstmann aus und eröffnet dessen Absicht; Brunhilde verlangt die drei Kampfspiele; als. bald werden die Vorkehrungen getroffen, und man erscheint auf dem Kampfplage; auch Siegfried, unsichtbar in der Tarnkappe, um Gunther beizustehen. 425. Brünhilde sterke groezlîchen schein man truoc ir zuo dem ringe einen sweren stein, grôz und ungefüege, michel unde wel: in truogen kûme zwelfe der küenen helde unde snel. ,,wâfen", sprach Hagne, ,,waz hât der künec ze trût! si begunde vazzen den schilt an der hant, 428. Unde waere im Sîfrit niht dâ ze helfe komen, sinen lip benomen. er gie dar tougenliche und ruort im sine hant. Gunther sine liste harte sorclich ervant. 429. Er sprach,,gip mir von handen den schilt là mich tragen, nu habe du die gebaerde: diu were wil ich begân." 430. Do schôz vil krefticlichen diu hêrliche meit ûf einen schilt niuwen, den truoc an siner hende daz fiur spranc von stâle, michel unde breit: daz Siglinde kint. sam ez wâte der wint. 431. Des starken gêres snide al durch den schilt gebrach, vil balde spranc er widere: dô nam der helt guot sine mohte mit ir krefte des schuzzes niht gestân. 434. Brünhilt diu schoene balde ûf spranc: ,,edel rîter Gunther des schuzzes habe danc." den stein huop vil hôhe diu edel maget guot. verre von der hant: do spranc si nâch dem wurfe, daz lûte erklang ir gewant, 436. Der stein was gevallen zwelf klâfter dan: den wurf brach mit sprunge diu maget wol getân. dar zuo er wîter spranc. 437. Sifrit was küene, kreftic unde lanc: den heft gesunden sach, si erloubte im daz er solde haben dâ gewalt. Und nun läßt sie sofort die Rüstungen zur Mitfahrt nach Worms betreiben. Siegfried fährt indeß allein zu seinen Nibelungen, wo er den großen Schaß gewonnen, bezwingt unerkannt, wie zur Probe, den wachehaltenden Riesen und den Zwerg Alberich, und nimmt tausend auserwählte Recken mit sich, die auf dem Isenstein alle wohl aufge. nommen werden. Abfahrt vom Jsenstein. IX. Wie Sifrit ze Wormz gesant wart (496-537). Nach neun Tagen der Fahrt wird Siegfried als Bote voraus gesandt. Vorbereitungen in Worms zum Empfange Brunhildens. X. Wie Prünhilt ze Wormz emphangen wart (538-636). Ankunft Brunhildens; Begrüßung am Rheine; Versammlung im Saale. Siegfried mahnt Gunther seines Versprechens, und Kriemhilde wird ihm verlobt. Doppel-Hochzeit. Brunhilde begreift nicht, wie Kriemhilde einem Dienstmanne zum Weibe gegeben werde; Gunther hält mit der Antwort zurück, und er muß, ehe Brunhilde sein eigen wird, noch. mals allein einen Kampf mit ihr bestehen. Sie ringt mit ihm und bindet ihn. Aber Sieg fried führt am folgenden Tage auch diesen Kampf in der Tarnkappe für ihn aus, und nimmt ihr dabei heimlich einen goldenen Ring und den Gürtel; beides schenkt er der Kriemhilde. Ich weiß nicht, ob's geschehen aus hohem Uebermuth", fügt das Lied hinzu. „Er gab sie seinem Weibe, das ward ihm später leid". Als Frau hat nun Brunhilde nicht mehr Kraft, als jedes andere Weib. Die Hochzeit wird fröhlich zu Ende gefeiert. XI. Wie Sifrit ze Lande mit sinem wibe kom (637—666), Nachdem die Gäste alle abgefahren, zieht auch Siegfried mit Kriemhilde in sein Land zurück und empfängt von seinem Vater Krone und Reich. Dort leben sie glücklich bis ins zehnte Jahr. XII. Wie Gunther Sifriden zuo der hôhzit bat (667-720). Brunhilde nährt indeß heimliche Eifersucht und spricht bei Gunther ihre Verwunderung aus, daß Siegfried als sein Manne so wenig Dienst entbiete; fie dringt auf Einladung desselben, und Gunther bereitet ein großes Hoflager. Die Boten finden Siegfried und Kriemhilden im Nibelungenlande. XIII. Wie si ze der hôhzit fuoren (721-756). Siegfried hat die Einladung angenommen und kommt mit Kriemhilde und seinem alten Vater Siegmund (feine Mutter ist gestorben) nach Worms. Fröhlicher Empfang. Wachsende Eifersucht Brunhildens auf Siegfried und Kriemhilde. XIV. Wie die küniginnen ein ander schulten (757-819). Während auf dem Hofe Ritterspiele geschehen, sißen die zwei Königinnen zusammen, und jede preist ihren Gatten. Brunhilde nennt Siegfried ihren Dienstmann, laut seiner eigenen Aussage; das weist Kriemhilde mit Entrüstung zurück. Und als sie nun zur Kirche gehen, und Brunhilde abermals die Kriemhilde ihre Untergebene nennt und sie öffentlich so behandelt, da fagt ihr Kriemhilde, daß sie ja selber von Siegfried überwunden worden, |