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Eine weitere Untersuchung unserer Pflanze ergibt ferner Folgendes: Die Blätter der Sprosse durch alle Formationen hindurch sind opponirt - rechtwinkelig decussirt. Nicht alle Laubblätter sind mit einem Achselspross versehen. Wir finden, dass z. B. an der (relativ.) Hauptaxe auf ein Blattpaar nur ein Spross kommt, und dass nur selten beide Blätter des Paares einen Spross besitzen, wo alsdann der eine stärker der andere schwächer ist. Dieses Verhältniss erinnert an ein ähnliches, wie wir es bei den Caryophylleen (vrgl. bot. Ztg. 1843, Sp. 212.) und vielen andern Pflanzen antreffen. Wenn wir aber die Sprossbildung beider vergleichen, so finden wir zwischen ihnen einen wesentlichen Unterschied. Während nämlich, bei den Caryophylleen erst je die fünften Sprosse über einander fallen, so bei Linnaea bereits die dritten. Es lässt sich dieses so ausdrücken:

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wo AA, BB u. s. w. die Blattpaare bedeuten, das + Zeichen aber den einzigen oder wo zwei Sprossen den stärkern Spross bezeichnen. Wichura hat bereits in seinem gehaltvollen Aufsatz (Flora, 1844. Nro. 11. §. 24.) auf diese Sprossbildung bei Linnaea aufmerksam gemacht, und daselbst noch eine Reihe anderer Pflanzen angeführt, die sich in dieser Hinsicht wie Linnaea verhalten. Den dort genannten Beispielen lassen sich auch aus einem gleich zu erwähnenden Grund die Rhinanthaceen beizählen. Bei Euphrasia offic. und Odontites vulg, sind die Blätter an den vegetativen Axen paarweise unter rechten Winkeln gestellt. In der Blüthenregion hingegen des Stengels sowohl als der Bereicherungszweige sind die Paare aufgelöst, d. h. die Blätter stehen einzeln in verschiedenen Höhen aus einander gerückt, während sie ihre rechtwinkelig decussirte Stellung beibehalten, man also noch immer die paarweise zusammengehörenden leicht unterscheiden kann. Versetzt man ihre Succession, so erhalten wir folgendes Schema:

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(oder auch umgekehrt). Vergleicht man dieses mit dem oben von der Zweigstellung von Linnaea gegebenen, so zeigt sich in der Anordnung. der Blätter bei Euphrasia und Odontites und in derjenigen der Ach. selsprossen von Linnaea die vollständigste Uebereinstimmung. Wie bei Linnara je die dritten Sprosse, so fallen bei Euphr. und Odontit. je die ersten Blätter der dritten (aufgelösten) Paare über einander. Dürften wir nun nicht aus dieser vergleichenden Beobachtung die, Vermuthung wagen, dass, wie auch bei den Caryphylleen die stärkern Sprossen dem ersten Blatte jedes Paares angehören, so auch bei Linnaea, Würde bei Euphrasia und Odontites nun blos das erste Blatt eines Paares einen Spross besitzen, das andere nicht, so wäre un. sere Vermuthung zur Gewissheit geworden und wir könnten bei Linnaea die mit einem Spross versehenen Blätter für die ersten des Paares halten. Aber nur sehr selten und vielleicht nur am Uebergang in die Blüthenregion kommt es bei Euphrasia vor, dass man das eine Blatt eines Paares fertil, das andere steril findet.

Nun kommt uns aber die Gattung Cuphea zu Hülfe, welche mit Linnaea dieselbe Sprossstellung gemein hat. Auch sie hat gewöhn. Jich auf ein Blattpaar nur einen Spross oder aber in der einen Blattachsel einen Laub in der andern einen Blüthenspross, (welcher freilich nicht in der Achsel steht, sondern um ein Internodium hinaufgewachsen ist). Rücken nun bei Cuphea die Blätter der Paare, wie bei Euphrasia, aus einander, so gehört der stärkere Laubspross immer dem untern (ersten) Blatt des Paares an. Daraus dürfen wir nun wohl schliessen, dass auch bei Linnaea dasselbe Verhalten sein würde, wenn ihre Blattpaare sich auflösten, was keine Unmöglich. keit wäre und vielleicht wohl sich einmal finden wird. Im Allgemeinen aber glaube ich ist der Schluss erlaubt, dass auch da, wo Blätter paarweise zusammenhalten, sie nicht als simultan, sondern als succesiv gewordene zu betrachten sind und dass ihre ungleich

starke Sprossbildung in vielen Fällen, noch mehr aber ihre Auflösung auf ihre wahre Succession einen Schluss erlaubt. Doch ist hier nicht der Ort dieses weiter auszuführen.

Bei Linnaea sind die aus dem (relativen) Hauptspross hervor. gehenden secundären (Seiten-) Sprosse von zweierlei Art; sie sind entweder steril, nur Nieder- und Laubblätter hervorbringend und also dem Hauptspross gleichend; oder sie schreiten bis zur Bildung von Hochblättern fort und bringen aus diesen die Blüthensprosse. In beiden Fällen ist die Zahl der Niederblätter nicht constant. Bald sind zwei Paare solcher vorhanden, bald nur eins, indem das zweite Paar bereits die Form und Farbe kleiner Laubblätter angenommen hat. Das erste Paar entspricht den Vorblättern des Sprosses und kreuzt sich mit dem Tragblatt des letztern. Die Niederblätter sind klein, sitzend, oval, oft von grünlicher Farbe. Laubblattpaare haben diese Sprosse 2-3. An solchen Seitensprossen, wo ausser Niederund Laubblättern auch die Hochblätter zur Ausbildung gelangen, deren meistens ein Paar, selten zwei solcher vorhanden sind, sind dieselben von dem obersten Laubpaar durch ein längeres schmächtiges Internodium getrennt und so die beiden Blattformationen von einan der deutlich abgesetzt.

Sind die secundären Sprosse steril, so verhalten sie sich, wie bemerkt, wie die Hauptsprosse. Sie lassen auf einander Nieder. und Laubblätter folgen und zwischen je zwei Blattformationen be merkt man nicht selten Uebergangsblätter, d. h. kleinere, wenig ausgebildete Laubblätter, welche am Spross die Stellen bezeichnen, wo mit dem eintretenden Herbst die Vegetation eine Verlangsamung oder eine Unterbrechung erlitten hat. Sowohl Haupt- als Seitenaxen legen sich auf den Boden und bringen von Strecke zu Strecke einzelne fädliche Wurzelzasern, deren Seitenzweiglein distiche stehen. Die Secundärsprossen können ihrerseits wieder Sprossen bringen und verhalten sich hierin wie die Hauptaxen. In der Knospung sind die Blätterpaare halb umfassend. Während der Uebergang aus den Nieder- in die Laubblätter ein mehr allmähliger genannt werden kann, so ist hingegen der Uebergang von den Laub zu den Hochblättern ein plötzlicher ohne alle vermittelnde Zwischenstufen. Die Form der Hochblätter ist lineal-lanzettlich. Sind vier solcher vor handen, so stehen sie paarweise sich kreuzend, dicht über einander. Gewöhnlich ist im letztern Fall nur das untere Paar fertil d. h. mit Blüthen versehen und die blühenden Zweige (secundären Sprossen) sind desshalb meist zweiblüthig. Jedoch fand ich auch 4blüthige Zweige, indem auch das obere Paar mit Blüthen versehen war. Wie schon

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früher bemerkt, findet sich über die Hochblätter hinaus keine Spur eines Axenendes. Sind nur zwei Blüthen vorhanden, so bilden sie unter sich eine Gabel. Die Blüthenzweige sind schmächtig und so ziemlich von gleicher Länge. Linné (Flora suec.) nennt die Inflorescenz und nicht ganz mit Unrecht eine Umbella bifida, was noch deutlicher wird, wo vier Blüthen vorkommen, die alsdann, um in seinem Sinn zu reden, eine Umbella quadrifida bilden. Jeder Blüthe gehen drei Paar Hoch (Vor-) Blätter voraus. Der Blüthenstiel besteht aus zwei Gliedern, einem untern längern, welches das unterste Paar der Hochblätter trägt, und einem obern sehr kurzen, welches zwischen das erste und zweite Hochblattpaar fällt. Die zwei oberen Hochblattpaare stehen dicht an der Blüthen basis, die Blättchen des untersten Hochblatt paares sind noch von grüner Farbe, sie sind oval, etwas spatelig, concav, von einfachen, nicht drüsigen Haaren bewimpert. Die zwei oberen Hochblattpaare, besonders aber das oberste, sind dieht mit Drüsenhaaren besetzt. Das zweite Hohblattpaar kreuzt sich mit dem ersten, das dritte fällt wieder über dieses. Das mittlere Paar besteht aus sehr kleinen Blättchen, die manchmal zum Schwinden binneigen, sie sind oval und concav. Das oberste Paar liegt dem Kelch der Blüthe unmittelbar auf. Seine Blättchen sind grösser als alle vorausgehenden Hochblätter und sie vergrössern sich noch etwas zur Fruchtzeit. Sie erreichen

der Länge der KelchIhre Form ist rundlich

röhre und convergiren etwas nach hinten. oval, muschelförmig ausgehöhlt. Auf der untern Seite sind sie wie gesagt dicht mit Drüsenhaaren versehen, während ihre dem Kelch sugewandte Seite glatt und grün ist. Auf sie folgt unmittelbar die Blüthe. Linné (Fl. suec.) kaunte ganz gut diese drei Hochblattpaare. Das unterste Paar nannte er Involucram partiale, zum Unterschied der den secundären Axen angehörenden Hochblätter, denen er den Namen Invol, universale beilegte. Die zwei oberen Paare nannte er Perianthiam fructus, zum Unterschied vom Kelch, der ihm Perianth. floris hiess; freilich sehr unnatürliche Benennungen, die zu unsern gegenwärtigen morphologischen Ausichten wenig passen, wie bereits der treffliche Koch (Deutsch). Fl.) bemerkt hat. Bei andern Schriftstellern kommen viele Ungenauigkeiten in den Zahlenangaben dieser Hoebblätter (Bracteen) vor. Manche scheinen nur das oberste Paar zu kennen, wenigstens erwähnen sie nur eines Paares. Jussieu nimmt einen Calyx quadripartitus an; Kittel ein viertheiliges Hüll· chen, was offenbar unrichtig ist, da die Blättchen nicht unter sich verwachsen sind, sondern ganz deutlich getrennt zwei Paare bilden. Wablenberg (Flora Lappon.) nacht aus den zwei dicht an der

Blüthe befindlichen Hochblattpaaren sogar einen Calyx inferior quadrifidus! Doch es lohnt nicht der Mühe, die Meinungen noch anderer Floristen anzuführen.

Von der Blüthe kann ich leider nur wenig sagen, da die mir zu Gebote stehenden Exemplare eine genaue Analyse nicht erlaubten. Die Stellung des Kelches verhält sich zu dem obersten Hochblattpaar ganz so wie eine pentamerische Seitenblüthe zu den sie begleitenden Vorblättern. Mit den Abschnitten des Kelches wechseln die der Blumenkrone, deren Saum schwach zur Lippenform hinneigt, indem drei Abschnitte, die man als Unterlippe bezeichnen kann, etwas grösser sind. Die Norm der Knospenlage der Corolla ist wohl wie bei den Labiaten die absteigende, wie sie auch wirklich manchmal vorkommt; jedoch zeigt sie wie die von Lonicera manche Abweichungen, ja ich fand selbst einseitige Deckung, wo ein Abschnitt der äusserste, einer der innerste war. Ich finde Blüthen bald mit vier, bald mit fünf gut entwickelten Staubfäden; im erstern Fall sind sie didynam, im letztern tridynam. Diesen Grössenverhältnissen entspricht wohl auch die Verstäubungsfolge, wenigstens fand ich mehreremale die grössern verstäubt, während die Antheren der kleineren noch geschlossen waren. Bezogen zur Abstammungsaxe der Blüthe stehen die grösseren Staubfäden nach hinten. Ueber die ursprüngliche Lage der drei Fruchtblätter konnte ich mir keine Gewissheit verschaffen. Da sich nur ein Fruchtfach ausbildet, die zwei andern mehr oder weniger schwinden, so kommt wohl nur secundär und durch Druck bewirkt das fertile Fach nach der einen Seite der Blüthe hin zu liegen, was an die Valerianeen erinnert. Ich fand von zwei zusammengehörenden Blüthen zuweilen das fertile Fruchtfach der rechten Blüthen links, der linken rechts liegend, was aber nicht immer einzutreffen scheint. In der Angabe der Samenzahl weichen die Autoren von einander ab. Die reife Frucht soll nach Wahlenberg (1. c.), der zuerst eine etwas genauere Beschreibung der Frucht gibt, nur einen Samen enthalten, ebenso nach Endlicher (Gen.) und Ledebour, (Fl. ross.). Linné spricht von zwei, Jussieu (Gen. pl.) sagt, dass die Fächer 2-samig seien. Koch gibt für jedes Fach 1 Eichen und 1 Samen an. Ich zählte in einem Ovario bis 10 anatrope Ovula. Noch will ich bemerken, dass einzelne Blüthen mir 6 Kelchabschnitte, 6 Kronenabschnitte bei 5 Staubfäden und 3 Fruchtfächern darboten.

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2. Inflorescenz von Sambucus racemosa L.

Die Inflorescena dieses Strauches wird allgemein für eine Pani

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