Sidebilder
PDF
ePub

W. C. Kayser: observ. crit. in primum Cie. lib. de re publ. P. I et II. 55

Palimpsest überlieferte Form turpido (für turpitudo) c. 2 besprochen hat. Da die unsicheren Nachweise Mais zu ungenügend erschienen, so wird die Form noch aus einem cod. Bonnensis der Officia I c. 30 und aus einem Rehdigeranus von Seneca de benef. VI 32, 2 belegt, ohne zu fragen welche Auctorität diesen jungen Hss. beizulegen sei; aber vollends verkehrt ist die Berufung auf zwei Stellen des Lucretius III 1009 (994 L.) und VI 25, wo dem Vf. der baare Unsinn der noch dazu schlecht beglaubigten Lesarten turpedine curae und turpedinis atque timoris, wofür alte Ausgaben wie z. B. die dem Ref. vorliegende Lambins längst richtig cuppedine und cuppedinis haben, bei einigem Verständnis der Gedanken einleuchten muste. Wenn daher der Vf. von seinen Studien über die B. de re publica noch weiteres veröffentlichen will (er sagt selbst im Vorwort I p. 6: cum de librorum correctione plurima copiosius conscripsissem, hic pauca proponere volui'), so musz Ref. wünschen dasz er eine strengere Auswahl treffen und seine Mittheilungen nur auf wirklich neues in bündigerer Form beschränken möge.

[6] Mehrere Stellen der philosophischen Schriften behandelt auch das Herbstprogramm 1854 des Gymn. zu Trier: Critica et exegetica altera. Scripsit Dr. J. Koenighoff (32 S. 4), eine mit groszer Gewandtheit abgefaszte Schrift, die von den Talenten und Kenntnissen des Vf. ein sehr rühmliches Zeugnis ablegt. Von ciceronischen Stellen ist vor allem behandelt de off. I §. 36, die in den Hss. so lautet: ex quo intellegi potest nullum bellum esse iustum, nisi quod aut rebus repetitis geratur aut denuntiatum ante sit et indictum. Popilius imperator tenebat provinciam, in cuius exercitu Catonis filius tiro militabat. Cum autem Popilio videretur unam dimittere legionem, Catonis quoque filium, qui in eadem legione militabat, dimisit. Sed cum amore pugnandi in exercitu remansisset, Cato ad Popilium scripsit, ut, si eum patitur in exercitu remanere, secundo eum obliget militiae sacramento, quia priore amisso iure cum hostibus pugnare non poterat. Adeo summa erat observantia in bello movendo. Marci quidem Catonis senis est epistola ad Marcum filium, in qua scribit se audisse, eum missum factum esse a consule, cum in Macedonia bello Persico miles esset. Monet igitur ut caveat, ne proelium ineat. Negat enim ius esse, qui miles non sit, cum hoste pugnare. Die sich widersprechende doppelte Relation über den Cato filius hat begreiflicherweise schon früher Anstosz erregt, so dasz Pearce und Beier (I p. 339 ff.) die Worte von M. quidem Catonis senis est epistola bis zum Schlusz für interpoliert erklärt haben. Weiter geht Hr. Könighoff, der in tief eingehender Beweisführung alles von Popilius imperator bis zum Ende als Einschiebsel erklärt. Bei der Vertrautheit die Hr. K. an anderen Stellen mit der einschlägigen Litteratur zeigt, hat es den Ref. Wunder genommen dasz ihm die eingehende Behandlung derselben Stelle von G. Fr. Unger im Philologus IV S. 375-380 entgangen ist; wenigstens lag es nahe einen Blick in dessen Ausgabe der Officien zu werfen, woraus Hr. K. ersehen konnte dasz Unge"

men

[ocr errors]
[ocr errors]
[ocr errors]

richtiger als seine Vorgänger nicht die zweite Erzählung, sondern die erste von Popilius imperator an verworfen hat. Wenn aber dieser gelehrte annimmt dasz die Interpolation nur bis pugnare non poterat reiche, so ist auch er auf halbem Wege stehen geblieben; denn dasz auch der nächste Satz adeo movendo, der bei Streichung der vorausgehenden Erzählung in der Luft schwebt, nicht zu halten. sei, hat Hr. K. ganz überzeugend bewiesen. Der Sitz und Umfang der Interpolation ward schon in einer frühern sehr seltenen Schrift nachgewiesen, aus welcher die zürcher kritische Ausgabe reiche Auszüge bringen wird; sie geht nemlich offenbar von Popilius imperator bis in bello movendo; denn dasz auch das folgende, wenn auch die Worte cum in Macedonia bello Persico miles esset einigen sachlichen Anstosz erregen, auszuscheiden sei, davon hat sich Ref. noch nicht überzeugen können. Auszerdem bespricht Hr. K. aus den Off. noch I §. 84 a. E.: sunt enim qui quod sentiunt, etsi optimum sit, tamen invidiae metu non audent dicere, wo er über den anstöszigen Indicativ audent bemerkt: existimo Ciceronem indicativo usum esse quasi verba tadicere ad ea quae antecedunt quot sentiunt solummodo ac non ad priora sunt enim qui referenda sint, id quod eo facilius fieri potuit quod interposita sunt verba etsi optimum sit.' Ref. will die Möglichkeit dieser Erklärung des ungewöhnlichen Indicativs nicht in Abrede stellen; doch hätte bei Behandlung der Stelle wol auch die Bemerkung Madvigs zu Cic. de fin. I S. 70 p. 130 f. eine Berücksichtigung verdient. In der vielbesprochenen Stelle Tusc. I S. 19, wo die bessern Hss. haben animum autem alii animam, ut fere nostri declarant nomen. nam et agere animam et efflare dicimus etc., will Hr. K. lesen ut fere nostri; id declarant nomina etc. Allein die Bestätigung der Ansicht dasz der Athem für die Seele zu halten sei, diese liegt nicht in Worten, sondern in den Redensarten die Cic. als Beleg anführt, weshalb Ref. von den verschiedenen Ansichten über diese Stelle die von Bake Schol. Hyp. IV p. 74 für die wahrscheinlichste hält, der unter Streichung von nomina schreibt ut declarant nostri : nam etc. Nicht minder schwierig ist die Stelle Tusc. I §. 69, wo Bentley schreibt: hominemque ipsum quasi contemplatorem caeli ac terrarum cultorem. Allein so vielen Scharfsinn Hr. K. auch aufgeboten hat um diese Aenderung als unnöthig zu erweisen, so kann sich Ref. doch nicht ausreden dasz die Bezeichnung der Menschen als cultores deorum an einer Stelle, wo zum Beweise vom dasein Gottes auch die Stellung der Menschen im Weltall mit erwähnt wird, im höchsten Grade bedenklich erscheinen müsse und dasz eine so unlogische Beweisführung über die Grenzen des möglichen und erlaubten geradezu hinausgehe. Indes wie man auch über Bentleys Conjectur denken möge, so ist doch sicherlich die von Hrn. K. angenommene Lesart quasi contemplatorem caeli ac deorum eorumque cultorem unhaltbar; denn da die ältesten Hss. eorum, nicht eorumque haben, so wäre zu dieser ältesten Ueberlieferung nichts hinzuzusetzen, sondern vielmehr eorum als Dittographie von deorum zu tilgen. Am wenigsten hat

[ocr errors]
[ocr errors]

den Ref. die Behandlung der schwierigen Stelle Tusc. III §. 17 befriedigt, die in den bessern Hss. so überliefert ist: sed quia nec qui propter metum praesidium reliquit, quod est ignaviae, nec qui propter avaritiam clam depositum non reddidit, quod est iniustitiae, nec qui propter temeritatem male rem gessit, quod est stultitiae, frugi appellari solet: eo tris virtutes, fortitudinem, iustitiam, prudentiam frugalitas complexa est etsi hoc quidem commune est virtutum; omnes enim inter se nexae et iugatae sunt -:reliqua igitur et quarta virtus ut sit ipsa frugalitas. Hier will Hr. K. erstlich frugalitas non complexa est lesen, wiewol der Satz mit etsi deutlich darauf hinweist dasz Cic. das complexa est nicht negiert, sondern vielmehr behauptet hat. Auch die neue Verbesserung der Schluszworte reliqua igitur et quarta virtus sit ipsa frugalitas ist nicht ansprechend; ein sn av hätte Cic. sicherlich mit videtur esse oder in ähnlicher Form ausgedrückt. Die Stelle hat auch Bake a. a. O. S. 90 behandelt, der von der Annahme ausgehend dasz die Apodosis mit eo tris virtutes etc. beginne, eoque schreibt und am Schlusz mit Davisius lesen will: relinquitur ut quarta virtus sit ipsa frugalitas. Irren wir uns nicht, so ist der Gang der etwas lockern Beweisführung folgender: aber weil niemand ein homo frugi genannt wird, der eine Handlung der Feigheit, der Ungerechtigkeit, der Unbesonnenheit begangen hat, so schlieszt die frugalitas die diesen Untugenden entsprechenden Tugenden blosz in sich, ihr Begriff selbst ist damit noch nicht erschöpft. So bleibt denn noch übrig dasz sie als besondere Tugend gelte, die frugalitas im engern Sinne (ipsa). — Noch berührt Hr. K. eine ciceronische Stelle aus der or. p. Sestio S. 7: duxit uxorem patre vivo filiam L. Scipionis. Hier hat schon Schütz den Ausfall von alteram vor duxit vermutet; aber gröszere Wahrscheinlichkeit hat die Annahme des Hrn. K. dasz iterum nach duxit ausgefallen sei, und es wird ihn freuen aus der zürcher Ausgabe zu ersehen, dasz auf die gleiche Vermutung auch der scharfsinnige Th. Mommsen gekommen ist. *)

*) Wir glauben den Lesern der Jahrb. einen Gefallen zu erweisen, wenn wir noch eine kurze Mittheilung über die von Hrn. K. aus anderen Schriftstellern behandelten Stellen beifügen. In dem vielbesprochenen Verse der Ilias I 378:

ἐχθρὰ δέ μοι τοῦ δῶρα, τίω δέ μιν ἐν καρὸς αἴσῃ· bezieht Hr. K. uiv richtig auf doga, und nicht auf den Agamemnon, wie wir auch seiner Ansicht über das dunkle zapos beipflichten müssen : 'non video quid obstet quo minus iis assentiamur qui xde ductum esse putent a neigɛv, ita ut significet omne concisum et comminutum, Schnitzel, quae est Rostii sententia, aut quod equidem magis probo, respondeat Latino vocabulo pili, quod itidem de re vili quae nullius sit pretii et momenti notum est dici.' Auszerdem bespricht er eingehend die Stelle der Ilias K 418 ff.

ὅσσαι μὲν Τρώων πυρὸς ἐσχάραι, οἷσιν ἀνάγκη,
οἱ δ ̓ ἐγρηγόρθασι φυλασσέμεναί τε κέλονται
ἀλλήλοις· ἀτὰρ αύτε πολύκλητοι ἐπίκουροι
εύδουσι·

ein

Die Fabel dasz man im vorigen Jahre Palimpsestblätter mit Fragmenten aus der Schrift de fato in Italien entdeckt habe, wird längst zur Kunde unserer Leser gekommen sein; sollte es nicht der Fall sein, so verweisen wir auf den pikanten Aufsatz von Friedrich Ritschl im Rhein. Mus. N. F. IX S. 469 ff., der mit eben so vielem Witz als gründlicher Sachkenntnis den groben italiänischen Betrug in so überzeugender Weise entlarvt hat, dasz hoffentlich kein weiterer Widerspruch auftauchen wird.

München.

Karl Halm.

ἀλλήλοις non

Hier stellt Hr. K. die Ansicht auf: in verbis of d' tam eorum quae priore loco posita sunt ὅσσαι μὲν Τρ. π. ἐσχ. quam, quasi haec prorsus absint, eorum quae propiora olov άváynn, ratio habetur' etc.; er bezieht also das dè άnodotinóv nicht auf den ersten, sondern auf den zweiten Relativsatz. Ref. zweifelt an der Richtigkeit dieser Auffassung, weil so uέv nach oooa seines Gegensatzes entbehren würde. Dieser kann in άtάo avte xtê. nicht liegen, welches Glied vielmehr den zweiten Theil der Apodosis bildet. Was die Worte лvρὸς ἐσχάραι betrifft, so folgt Hr. Κ. der Erklärung: ὅσαι Τρώων εἰσὶν ἑστίαι καὶ οἰκίαι. Die andere Auffassung als πυραί, die auch Didymos gibt, verwirft er deshalb, weil éozága bei Homer in keiner andern Bedeutung als der von focus vorkomme. Dabei ist jedoch der gewichtige Umstand übersehen, dasz die olovela eingestandenermaszen spätern Ursprungs ist und mehr Willkürlichkeiten in der Sprache darbietet als manche andere später eingelegte Gesänge. Ganz vortrefflich ist die schwierige Stelle des Herodot I 134 behandelt, wo Hr. K. schreibt: οἱ δὲ μάλα τῶν ἐχομένων, κατὰ τὸν αὐτὸν λόγον καὶ (eadem ratione atque) of Пégoαι tipool. Bei dieser einleuchtenden Verbesserung ergibt sich von selbst die allein richtige Beziehung des folgenden To vos auf die Meder, die schon Lhardy erkannt, dabei aber die Schwierigkeiten der vorausgehenden Worte nicht bemeistert hat. Im Jugurtha des Sallustius c. 16 sucht Hr. K. mit vielem Scharfsinn die handschriftliche Lesart eum lugurtha tametsi Romae in inimicis habuerat, tamen accuratissime recepit gegen die Aenderung in amicis zu schützen; entscheidet sich c. 42, 4 plusque in reliquum sibi timoris quam potentiae addidit mit einleuchtenden Gründen für die active Auffassung von timorem, und vermutet 47, 2 sehr ansprechend: huc consul, simul temptandi gratia si paterentur, opportunitate_loci praesidium imposuit; praeterea imperavit frumentum et alia quae bello usui forent comportare, ratus, id quod res monebat, frequentiam negotiatorum et commeatuum iuvaturam exercitum. Im Livius XXIII 44 will Hr. K. lesen: tamen Poenorum prima eruptione perculsi ceciderunt plus quam triginta, Romani nulli; und III 39: superbiam violentiamque tum perosos regis; quae si in rege tunc uno (st. tum eodem) aut in filio regis ferenda non fuerint, quem laturum in tot privatis? wie auch schon Weiszenborn zum Theil vermutet hat, der in der weidmannschen Ausgabe in rege uno quidem vorschlägt.

5.

Zu Livius.

Wie viel Schwierigkeiten und Zweifel in der historischen Erklärung des Livius noch zu lösen sind, wird sich keinem Leser verbergen, der nicht mit einer allgemeinen und oberflächlichen Kenntnis der erzählten Thatsachen sich begnügt, sondern die Meinung des Schriftstellers gründlich zu verstehen und den dargestellten Sachverhalt wirklich zu begreifen sucht. Bekanntlich treten derartige Bedenken gerade auch in solchen Partien hervor, wo Livius trefflichen Gewährsmännern nicht nur folgen konnte, sondern im ganzen auch wirklich folgt und wir selbst seine Darstellung mit der seines Vorbildes vergleichen können, wie bei Polybios. Zum Belege hiefür braucht man sich nur auf den berühmten Uebergang des Hannibal über die Alpen zu berufen, wo sich Livius bis ins einzelnste seiner Darstellung an Polybios anschlieszt, und gleichwol gerade in dem wesentlichsten. Punkte einer ganz verschiedenen Ansicht folgt und sich dadurch in offenbaren Widerspruch mit sich selbst und der Natur der Sache, namentlich der geographischen Verhältnisse setzt. Ein anderes Beispiel dieser Art ist der Gang der Ereignisse von dem Kampf am Tessin bis zur Schlacht an der Trebia, diese selbst mit eingeschlossen. Doch unterscheidet sich dieser Fall von dem erstern dadurch dasz die Abweichung des Livius von dem Polybios viel weniger in die Augen fällt und die Darstellung des letztern selbst gerade in wesentlichen Punkten eine verschiedene Auffassung erfahren hat, wonach auch die historischen Ergebnisse sich verschieden gestalten musten. Die Schwierigkeit betrifft zunächst die geographische Bestimmung des Schlachtfeldes an der Trebia und in nächstem Zusammenhang damit den Lagerplatz des römischen und des punischen Heeres. Legen wir die Darstellung des Livius zu Grunde, so sind die wesentlichen Momente in dem Gang der Ereignisse folgende. Nach dem unglücklichen Kampf am Tessin zieht sich Scipio in der Stille der Nacht an den Po zurück und erreicht die Schiffbrücke, auf der er früher über den Flusz gegangen war, so zeitig, dasz Hannibal nur noch 600 Mann, die auf dem jenseitigen Ufer zurückgeblieben waren um den Abbruch der Brücke zu decken, gefangen nehmen, selbst aber den Uebergang über den Flusz an dieser Stelle nicht mehr bewerkstelligen konnte. Er brauchte zwei Tage, um weiter oberhalb einen passenden Uebergang zu finden, und zog dann an dem rechten Ufer des Po hinab, bis er den Feind vor sich hatte, dem gegenüber er, etwa 6 Milien von Placentia entfernt, sein Lager aufschlug. Der Abfall von 2200 Mann gallischer Hilfstruppen, welche während der Nacht zu Hannibal übergiengen, bewog den Scipio, der eine weiter um sich greifende Erhebung der Gallier befürchtete, sich über die Trebia zurückzuziehn und eine festere Stellung am Gebirge einzunehmen, eine Bewegung die mit geringem Verluste ausgeführt wurde. Hier erwartete Scipio sei

« ForrigeFortsett »