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Diokles. Die ich zu haben wähnte und nicht hats, Wieland. te, meinst du?

Lucian. Und die dich weder Anstrengung, noch Opfer kosteten. Du warst da oben wohl ein Dich: ter, nicht so?

Diokles. Und liebte die Wahrheit über alles

Lucian. Und belogst dich selbst und die Welt dein ganzes Lebenlang?

Höre.

Diokles. Du bist noch immer Lucian, wie ich

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Lucian. Bruder, es steht noch nicht recht mit dir. Geh dem schlängelnden Fußpfad zwischen diesen Plantanen nach! Er wird dich zu einer Grotte führen, in deren Inwendigem du eine Art von warmen Bade bereitet finden wirst. Bediene dich dessen ungescheut; es wird dich erweichen, und dir eine Ausdünstung vers schaffen, nach welcher du dich viel besser befinden wirst. Wenige kommen hieher, die dieses Bades nicht eine Zeitlang bedürfen, und Niemand, dem nicht gerathen wurde, es zur Vorsicht wenigstens einmat zu gebraus chen. Geh, weil es doch seyn muß! Wenn wir uns wiedersehen, wirst du fühlen, daß du im Elysium bist.

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Leisewitz.

Le i se wiz.

Von diesem meinem vortrefflichen Freunde, dem Ver faffer des meisterhaften Trauerspiels, Julius von Tarent, verdienen folgende zwei schöne Bruchstücke auch hier aufber halten zu werden, die im Göttingischen nusenalmanach v. J. 1775, ohue feinen Namen zuerst erschienen.

I.

Die Pfändung.

Ein Bauer und seine Frau.

Abends in ihrer Schlafkammer.

Der Mann. Frau, liegst du? so thu ich das Licht aus. Dehne dich zu guter leht noch einmal recht in deinem Bette. Morgen wirds gepfandet. Der Fürst hat's verprasst.

Die Frau. Lieber Gott!

Der Mann (Indem er sich niederlegt). Bedenk einmal das wenige, was wir ihm gegeben haben, gegen das Geld, was er durchbringt; so reicht es kaum zu eis nem Trunke seines köstlichen Weins zu.

Die Frau. Das ist erschrecklich, wegen eines Trunkes zwei Leute unglücklich zu machen! Und das thut einer, der nicht einmal durstig ist! Die Fürsten können ja nie recht durstig seyn.

Der Mann. Aber wahrhaftig! wenn auch in dem Kirchengebet das kommt: „Unsern durchlauchtigen „Landesherrn und sein hohes Haus," so kann ich nicht mit beten. Das hiesse Gott spotten, und er lässt sich

nicht spotten.

Die Frau. Freilich nicht! Ach! ich bin in diesem Bette gebohren, und, Wilhelm, Wilhelm! es ist unser Brautbett.

Der

Der Mann (springt äuf). Bedächte ich nicht meis, Leisewitz, ne arme Seele, so nåhm' ich mein Strumpfband, bes tete ein gläubig Vaterunser, und hinge mich an diesen Bettpfosten.

Die Frau fiolägt ein Kreuz). Gott sei mit uns!Da hättest du dich schön ̈gerächt!

Der Mann. Meinst du nicht?

wenn ich so

ftürbe, so würdest du doch wenigstens einmal seufzen!

Die Frau. Ach Mann!

Der Mann. Und unser Junge würde schreien! Nicht?

Die Frau. Gewiß!

Der Mann. Gut! An jenem Tage ich, dieses Seufzen und Schreien auf einer Seite

der Fürst auf der andern! Ich dächte ich wåre geråcht.

Die Frau. Wenn du an jenen Tag denkst, wie kannst du so reden? Da seid ihr, der Fürst und du, ja einander gleich.

Der Mann. Das wolle Gott nicht! Siehe, ich gehe aus der Welt, wie ich über Feld gehe, allein, als ein armer Mann. Aber der Fürst geht heraus, wie er reist, in einem großen Gefolge. Denn alle Flüche, Gewinsel und Seufzer, die er auf sich lud, folgen ihm nach.

Die Frau. Desto besser; So sich doch dies Leben als einen heissen Erntetag an! - Darauf schmeckt die Ruhe so füß; und dort ist die Ruhe von Ewigkeit zu Ewigkeit.

Der Mann (legt sich wieder nieder). Umen! Du hast Recht, Frau, laß sie das Bette nehmen, die Uns sterblichkeit können sie mir doch nicht nehmen! Schlaf wehl.

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Die Frau. Und der Fürst und der Vogt sind ja auch unsterblich. Gute Nacht! Ach, morgen Abend sagen wir uns die auf der Erde!

II.

Der Besuch um Mitternacht.

Der Fürst und der Kammerherr am Schachbrett.

Der er Fürst (nach einigen Bilgen). Schachmatt!... Wahrhaftig, es ist Mitternacht; und die Gorgone ist noch nicht da! Weiß sie denn nicht, daß ich morgen mit dem Frühesten mustere?... Eh ich's vergesse, Herr Kammerherr, ziehn Sie mir morgen die Halsbinde ets was fest. Man sieht bei dergleichen Gelegenheiten gern ein bischen braun ein bischen martialisch aus. Die Gorgone hålt doch nie Wort!

Der Kammerherr. Eure Durchlauchten belies ben sich zu erinnern, daß Ihre Gemahlin noch auf ist, und daß sie dorten vorbei muß.

Der Fürst. Sie haben Recht. Und ich muß jest mit meiner Frau so behutsam umgehen, wie mit einem überlaufenden Gefässe.

Der Kammerherr. Aber in der That, ich ber greife nicht, was die gute Dame will. Sie haben ja einmal einen Erbprinzen von ihr; und wenn Sie den auf andre Weise hätten bekommen können, so þåtten Sie keine Gemahlin genommen.

Der

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Der Fürst. Ich weiß nicht.

Eine Gemahlin ist, Leisewitz.

doch immer eine Mätresse mehr. Freilich von einer ans dern Seite... (Es erscheint ein Geist. Der Fürst fält in Ohnmacht. Wie er sich nach einer langen Pause erholt, zum Kammerherrn) Gott! wer ist das?

Der Geist. Hermann, der Cherusker! Siehe, hier klebt das Blut des Varus, und hier das meinige; beides nicht vergossen, daß du der Tyrann von Sklas ven, und der Sklave einer Hure seift!

Der Kammerherr (ganz leise). Ein respektwis driger Ausdruck!

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Der Geist (zum Fürsten). Edelknabe, hast du je die geweihte Last gefühlt, die auf deinen Schultern rus hen sollte? Glaubst du, daß süsser essen und trinken, wie andre, sein Leben unter Weibern, verschnittenen und unverschnittenen Halbmånnern vertåndeln daß das heisse ein Fürst sein ? Und diese Ueppigkeit in einem Lande, wo man in keinem Hause lacht, als in deinem! Und doch deucht mir das Jauchzen deines Hofes in deis nem verwüsteten Gebiete, wie der Schall einer Troms pete in einem Lazareth, daß man das Winseln der Sterbenden und Verstümmelten nicht höre!

Der Fürst. Geist, warum kamst du zu mir?

Der Geist. Um zu reden! Hier hat noch Niemand geredet! Alles, was du je gehört hast, war Wiederschall deiner Begierden. Dieß verdient es, daß ein Geist sichtbaren Stof anziehe, und die Sonne noch einmal sehe. Sie ist das Einzige in Deutschland, was ich noch kenne! Aber, Jüngling, höre was ich res de! So gewiß jezt dein Knie vor einem Geist und der Wahrheit zittert, so gewiß kommt eine Zeit, in der es Hermannen nicht gereuen wird, daß er für Deutschland starb! Verstehst du mich? - Nicht? - Despotismus ist der Vater der Freiheit! — Verstehst du mich jezt? (Er verschwindet),

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