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absehen: 'a Petilio Ateto tribuno plebis' sagt er 'steht bei Victor 49,16 in beiden recensionen, so dasz die lesung nicht wol von den abschreibern wesentlich entstellt sein kann; eher mag das seltsame cognomen von Victor oder von Antias selbst'— den Mommsen als quelle annimt: s. s. 168 — 'in irgend einer weise verdorben sein, auf keinen fall darf, wie oft geschieht, a Petilio ac Naevio tr. pl. hergestellt werden.' das Petilio Ateio ist wol nicht nur 'seltsam', sondern ebenso falsch wie die glücklich beseitigten Aurelii Propertii und Porcii Licinii; für das nomen fordert Mommsen die Schreibung Petillio nach den capitolinischen fasten und den münzen; auch handschriften geben es häufig, oft zwischen beiden Schreibungen schwankend; sollten wir vielleicht auch hier nichts anderes vor

al' lio uns haben als eine solche variante Petilio tr. pl.t war erst das al' lio in den text geralhen und erschien nicht mehr als varia lectio, sondern als cognomen, so lag es nahe es Allio zu lesen, das dann eben kaum etwas anderes als Ateio konnte bedeuten sollen, demnach hätte man erlaubnis sich auch im texte des Aurelius Victor der bestbeglaubigten Schreibung anzusclilieszen und a Petillio Ir. pl. zu lesen.

18. Gewis wird ein jeder philolog, der auf dem grenzgebiete zwischen philologie und Jurisprudenz thütig ist, die hülfe der kenner des römischen rechts von fach nicht nur dankbar annehmen, sondern geflissentlich suchen, aber dafür darf er anderseits wol in ansprach nehmen, auf seinem gebiete nicht ungehörl verurteilt zu werden, wenn das genügende material zu einem urteil nicht vorliegt, zu dieser bemerkung gibt mir eine stelle der vielfach lehrreichen, überall anregenden abhandlung von 0. Kariowa 'die formen der römischen ehe und manus' (Bonn 1868) veranlassung, in welcher (§ 12 s. 65 ff.) von der bedeutung des usus und von seinem Verhältnisse zur coëmplio gehandelt wird, der vf. bespricht dabei eingehend die betreffende stelle des Gellius III 2, 12 (Г. er vergleicht die Überlieferung des Gellius mit der des Macrobius Sat. I 3,2 (Г., der aus Gellius geschöpft hat; aus jenem führt er die citierten worte des Mucius Scaevola in folgender weise an: lege non isse usurpatum mulierem quae usw. und bemerkt dazu (s. 67 anm. 175) Mieselbe stelle lautet bei Gellius III 2 etwas abweichend: lege non esse usurpatam. die Herausgeber, auch noch Hertz, substituieren dem handschriftlichen lege legi, um ein wort zu haben, von dein das vorhergehende Quinlum Murium abhängen kann; aber mit recht hat Erb (Hugos civ. magazin V s. 213) nach Pontanus und Otto bemerkt, dasz zu lesen sei dicere solHtim legi, lege usw.' aber die handschriftliche lesart bei Gellius ist dies von mir 'statt der handschriftlichen lesart substituierte" legi durchgehende*), und bei Macrobius ist lege nur durch das stillschweigen von Jans collalionen, durch kein ausdrückliches zeugnis, bezeugt, wie die anordnung seiner Varianten zeigt; dasz die conjeetur legi lege leicht sei, will ich nicht be

•) in den ausgaben des Macrobius erscheint dasselbe seit Stephanus. aus Macrobius schöpfte auch wol Scioppius sein lege bei Gellius.

streiten, notwendig ist sie sicher nicht, da das lege durch die im folgenden § ausdrücklich erfolgende nennung der zwölf tafeln überflüssig gemacht wird. кг. K. sagt, es sei für das folgende unentbehrlich, 'wenn man, wie es viele erklärer mit recht thun, der lesart des Macrobias isse usurpalum folgt' — aber esse usurpatam, wie die hss. des Gellius, haben sämtliche hss. des Macrobius bei Jan, auch nach ausdrücklichem Zeugnisse Jans die Cambridger hs., aus der Pontanus isse usurpalum anführt; dies selbst hat nur das wahrscheinlich trugliche schweigen der collation des Paris. 6371 für sich aufzuweisen, esse usurpalum bietet eine Mediceische hs. ich glaube demnach hm. K.s ausführungen gegenüber mit rücksicht auf den ermittelten handschriftlichen befund an der zuletzt von R. Scholl legum XII tabularum reliquiae s. 103 f. entwickelten ansieht K. 0. Müllers über usurpare festhalten zu dürfen, da für mich eben die lesarten bei Gellius nichts 'verdächtiges' haben, die auch Scholl a. o. s. 134, 4 in den text gesetzt hat. für hm. K. tritt freilich noch das lemma des capitel s als stützpuncl seiner ausführungen hinzu: dasz die 'handschriftliche lesart' quid Q. Mucius scripseril super ea muliere, quam maritus non iure usurpavisset, falls die rubrik wirklich von Gellius herrühre [was unzweifelhaft ist], nicht richtig sein könne, habe man längst erkannt-, nach seinen obigen ausführungen musz ihm Erbs conjeelur quae a marito non iure usurpatum isset 'besser gefallen' als die meinige quae a marito non iure se usurpavisset; wird er bei diesem urleil und bei jenen ausführungen auch dann noch stehen bleiben, wenn er erfährt dasz die hss. der ersten classe, die das lemma enthalten, die lesart bieten quia marito non iure se usurpavisset, die schlechteren quia (andere quae) maritum non iure usurpavisset, die vulgata quam maritus non iure usurpavisset nur das stillschweigen der unvollständigen und unzuverlässigen collalionen Dresseis in bezug auf eine dieser schlechten hss. für sich hat?

Breslau. Martin Hertz.

77.
ZU GELLIUS.

In dem aufsalze 'über ein gesetz des Solon' (oben s. 52) setzt F. Luders ein fragezeichen hinler das allerdings sinnlose wort dividi bei Gellius II 12, 4 nam si boni omnes, qui in principio coercendae sediiioni impares fuerint, populum percilum et amentem non deseruerint, ad alterutram partem dividi sese adiunxerint, tum eveniet usw. wenn das wort nicht dastände, würde niemand etwas, das für die Vervollständigung des sinnes der stelle absolut nötig wäre, vermissen, es steht nun aber einmal da und trägt durchaus kein kennzeichen einer dittographie oder eines glossems. wol aber braucht Gellius in dem kurz vorhergehenden passus qui in eo tempore in eoque casu civilis discordiae non alterutra parte (ad alterutram partem?) sese adiunxeril, sed solitarius separatusque a communi malo civitatis secesserit, is domo patria fortunisque omnibus careto, exul extorrisque esto die gesperrt gedruckten worte solitarius separatusque ebenfalls mit rhetorischem nachdruck, ohne dasz sie zum logischen verständnis des gedankens absolut erforderlich sind. ich glaube daher Eüpnko ausrufen zu dürfen, wenn ich also zu lesen vorschlage: nam si boni omnes . . ad alterutram partem individuisese adiunacerint usw. als beleg für die bedeutung von individuus "in unzertrennlicher gemeinschaft, als unzertrennlicher genosse' will ich blosz die stelle aus Tacitus ann. VI 16 [10] anführen: nec secus apud principem Vescularius Flaccus ac Iulius Marinus ad mortem aguntur, evetustissimis familiarium, Rhodum secuti et apud Capreas individui usw.

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Aus dem annales betitelten epischen gedichte des Aulus Furius Antias citiert bekanntlich Gellius XVIII 11,4 sechs hexameter, deren vierter in den hss. also überliefert ist:

sicut fulica levis volitat super aequora classis.

die auflösung der arsis im zweiten fusze hat mit recht anstosz erregt und eine reihe emendationsversuche veranlaszt, die Hertz jahrb. 1862 s. 719 aufzählt (ich vermisse darunter den von Heindorf zu Hor. sat. ll 5,40hic fulica levius und von Weichert poet. lat. rel. s. 350 sic fulica levior), um daran seinen eignen zu knüpfen, der mit substituierung eines insects an die stelle eines vogels lautet: ut tippula levis. alle diese änderungsversuche entfernen sich zu weit von der überlieferung; das richtige hat ohne zweifel schon Johann Isaac Pontanus getroffen, der nach Gronovius mitteilung dieser stelle beigeschrieben hat: fulca profulica leg.”, und diese - alte emendation wieder zu ehren zu bringen ist der zweck dieser zeilen. allerdings war das wortfulica ursprünglich dreisilbig: das zeigt die durch das gesetz der lautverschiebung constatierte identität mit ahd.pelicha, mhd. und nhd. belche (s. Jacob Grimm im deutschen wörterbuch I sp. 1439, der auch griech. poAapic in die verwandtschaft zu ziehen geneigt ist); aber so gut wie neben calicatus calecandam decalicatus (von cal.c = XáAZ) die sprache, abgesehen von calcarius calculus, auch decalco decalcatis zuliesz (vgl. Ritschl de titulo Aletrinati s. XIII), so konnte der dichter die berechtigung für sich in anspruch nehmen, das im nominativ für das dactylische metrum unbequeme fülicä in fulca zu verwandeln. hat doch auch Cicero sich mit eben diesem worte eine ganz ähnliche freiheit erlaubt, indem er, gleichfalls dem hexameter zu liehe, den nominativ fuliac bildete de div. I 8, 14 cana fuliacitidem fugiens e gurgite ponti nuntiat horribilis clamans instare procellas. interessant ist es zu beobachten, wie die romanischen sprachen sich dies wort angeeignet haben: span. ist fulica unverändert geblieben, ital. übergegangen in folaga, franz. in foulque, prov. in folca. also zwei sprachen haben zwischen der liquida und muta einen vocal belassen, zwei nach dem vorgang des alten dichters aus Antium sich die syncope gestattet.

DRESDEN. ALFRED FLECKEISEN.

78.

ZUE LATEINISCHEN ANTHOLOGIE.

Nr. 210 Vi belli sonuere (ubae, violenta peremit

Bippolyte Teuthranta, Lyce Clonon, Oebalon Alce, Oebalon ense, Clonon ¡acido, Teuthranta sagitta usw. für dieses carmen Judicrum ebenso wie für das ähnliche nr. 253 Almo Theon Thyrsis orti sub colle Pelori semine disparili Laurente Lacone Sabino usw. geht die Überlieferung auf Handschriften des neunten jh. zurück; für den letzten vers von 253 Nisa rosas, Glauce violas dat, lilia Nais ist durch Lucían Müller (Jahrb. 1867 s. 486) ein noch etwas älteres zeugnis in der nachahmung durch Theodulfus, den Zeitgenossen Karls des groszen (III 1, 97) Berta rosas Crodrudh violas et lilia Gisla nachgewiesen, aber ein beleg von ganz anderem alter nicht nur für diese dichlungsgaltung überhaupt, sondern für ein mit 210 sehr nahe verwandtes gedieht läszt sich aus dem carmen de figuris vel schematibus bringen, in welchem v. 166 f. (Halm) die rhetorische figur nexum so beschrieben wird: nexum est, si varias res uno nectimu' verbo: 'Oebalon ense, Lycon ferit hasta, Pedason arcu.' ') also in einer schrift, die anerkanntermaszen auch in ihrem letzten teile spätestens der Augusteischen zeit angehört, ja die, wie ich betonen möchte, in hohem grade den Charakter gerade der Lucilischen darstellungsweise an sich trägt, finden wir einen vers citiert, der dem dritteu des obigen gedichtes in einer doch mehr als zufälligen weise äusserst ähnlich ist. wir dürfen also, wenn der jenem gedichte 210 in der Pariser hs. 8069 gegebene titel Traiani imperatoris richtig ist (und welchen grund haben wir ihm zu mistrauen?) annehmen dasz dieser kaiser eine variation über ein altes, ein schon der republicanischen zeit angehöriges epigramm dieses genres dichtete, wobei er den namen Oebalos beibehielt und die Lyce v. 2 vielleicht durch den Lycos des originals veranlaszt wurde, der vollständige titel der hs. Traiani imperatoris de bello Partico versus decori (vielleicht versus ludicri zu lesen?) ist entweder, mit der änderung in de bello Pontico, wirklich auf den Amazonenkrieg bezüglich, oder aber, und dies halte ich für viel wahrscheinlicher, es ist ein gedieht das der kaiser auf seinem parlhischen feldzuge, also in seinen letzten lebensjahren verfaszte und de oder e bello an seine freunde nach Rom schickte. Hadriani ist nur conjeetur'); Trajan ist als

1) ferit lycon attapidason arci die handsclirift.

2) wenigstens hat die angäbe von G. Fabricius in seiner Roma s. 234 'duo epigrammata leguntnr sub nomine Hadriani Imp. in manuscripto. ultimum [253] in marmore Siciliense repertum scribit Huttenus' bis jetzt in keiner weise bestätigung gefunden und wird sie gewie auch ebenso •wenig finden wie Scaligers willkürliche Überschrift zu 253 'epigramma de pastoribus a Citerio Sidonio oratore factum' nebst allen daran geknüpften folgerungen; vielmehr wird dieser Citerius aus der reihe der lateinischen dichter einfach zu streichen sein.

dichter sonst zwar nicht bekannt, aber wäre das grund genug ihm diesen scherz abzusprechen? wissen wir doch z. b. aus Plinius episl. Hl 3, wie beliebt gerade bei dilettanten eine gelegentliche beschäftigung mit solchen nugae war. für die so spärlich erhaltene epigrammatische litteratur der voraugusteischen zeit aber ist diese bereicherung mit einem für sie bisher unbekannten genre nicht ohne bedeulung; mau vgl. z. b. den anfang von Vergilius siebenter ecloge.

Heidelberg. Alexander Kiese.

Die von Lucían Müller in diesen Jahrbüchern 1867 s. 485 (sammelsurien XXX) aufgerührten parodien des gedichtsAlmo TheonThyrsis usw., antli. 253, nemlich 210 und 870 kann ich um eine bisher, wie es scheint, nicht veröffentlichte vermehren, die sich im codex Bernensis 102 saec. X auf der letzten seite befindet und also lautet:

Noctis ul horrentes rupit lux orta tenebras,

Surgit ab excelsa Tyrso Porus Olho Tolosa.

Tyrso canes parat atque capum Porus, Olho sagitlas:

Aprum Tyrso Porusque gruem, ceruum necal Otho. 5 Vectus equo Tyrso, mula Porus: at pedes Otho.

Tyrso Tuscus eral, Callus Porus, Olho Sicamber:

Crine niger Tyrso, Porus albus, flauus et Otho;

Otho Tyrso Porus iuuenis barbatus ephebus.

Nisae Tyrso placet, Megalac Porus, Otho Suaui. 10 Suaui ceruus, grus Megalae dalur et fera Nisae.

Thrax Megale genus, Angla Suauis, Nisa Toringa:

Nisa lyram, Megale cilharam gerit, Organa Suauis;

Nisa ferit Megaleque trahit, tonal ore Suauis.

Nisa rosas, Megale violas ölet et thyma Suauis.
15 Nisam Tyrso, Porus Megalen rapit, Otho Suauim ,

Et sie noclurnae redierunt omnibus horae.

v. 1 orrentes 2 tirso willkürlich mit tyrso abwechselnd ottho 9 nise megale 10 megale 11 trox 13 irait 14 tima 15 megalem

die vergleichung ergibt, dasz das vorstehende zunächst eine parodie von 253 ist, mit dem es die gröste Verwandtschaft zeigt; ferner dasz nach v. 14 dort v. 8 für uiolas dat vielmehr uiolas ölet zu lesen ist. darauf führt auch die corruption in der nachahmung des Theodulphus (Müller a. o. s. 486): Berta rosas Crodrudh uiolas et lilia Gisla, wofür Müller del vermutete.

Bern. Hermann Hagen.

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