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Erste Abtheilung

herausgegeben von Alfred Fleckeisen.

17.

Rhythmengeschlechter und Rhythmopoeie.

(λόγος τριπλάσιος und ἐπίτριτος, ῥυθμοποιία συνεχὴς und τελεία.)

Die τρία Στησιχόρου konnten bei den alten kein gröszeres πολυgúlantov sein als der Satz dasz es nur drei Rhythmengeschlechter gebe. Was nicht dactylisch, iambisch oder paeonisch ist, das ist arrhythmisch, quidquid istis discrepabit, absonum reddet melos. Dennoch aber reden die uns erhaltenen Schriften der Rhythmiker noch von einem vierten und fünften rhythmischen Verhältnisse, das zwar weniger svpuns ist, aber doch zugelassen werden kann. Ich meine damit nicht die irrationalen Füsze, die sich von selber einem der drei Normalrhythmen unterordnen, sondern Füsze mit rationalen χρόνοι von vier und sieben Moren, die πόδες ἐν λόγῳ τριπλασίῳ καὶ ἐπιτρίτῳ. Wenn ich in der griechischen Rhythmik S5 das epitritische Geschlecht als eine rhythmische Künstelei aus der Zeit des Verfalles der Kunst auffaszte, so kann ich dies jetzt nur von dem ἐπίτριτον τεσσαρεςκαιδεκάσημον gelten lassen, wofern dies anders von einem Verhältnisse 6: 8 zu verstehen ist: der lóyos niτριτος als solcher stammt ebenso wie der τριπλάσιος aus der besten Zeit der musischen Kunst und war, wie ich S. 237 bemerkte, dem Aristoxenus hinlänglich bekannt. Die Trümmer seines Werkes haben uns über die Zulässigkeit und Unzulässigkeit dieser secundären Rhythmengeschlechter, wie wir sie nennen können, werthvolle Andeutungen erhalten, deren richtiges Verständnis uns über einen der dunkelsten Punkte der Metrik, nemlich über die vielbesprochene und vielbestrittene Natur der antispastisch-iambischen und diiambisch-trochaeischen Verse einen sichern Aufschlusz zu geben vermag.

Die Hauptstelle über das 4e und 5e Rhythmengeschlecht finden wir in den von Psellus aus Aristoxenus gezogenen Excerpten, p. 302 Morelli, p. 624 Caesar. Sie ist so unscheinbar dasz sie bisher kaum N. Jahrb. f. Phil. u. Paed. Bd. LXXI. Hft. 4.

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beachtet worden ist, und erheischt um so mehr von uns ein genaueres eingehen. Zu ihrer richtigen Würdigung müssen wir zunächst auf die Reihenfolge in den Excerpten des Psellus einen Blick werfen; nur so können wir uns überzeugen, ob die betreffenden Worte von Aristoxenus selbst herrühren oder ob sie von dem Epitomator anderswoher hinzugefügt sind.

I.

Die προλαμβανόμενα εἰς τὴν ρυθμικὴν ἐπιστήμην bestehen aus zwölf aristoxenischen Fragmenten oder näher aus zwölf Abschnitten der aristoxenischen Stoicheia. Die Ordnung des Originals hat Psellus völlig verlassen und statt deren eine andere Reihenfolge gewählt, die von dem oberflächlichen Verständnisse des Epitomators Zeugnis ablegt, wenn sich auch ein gewisser äuszerer Plan in seiner Zusammenstellung nicht verkennen läszt. Das letztere gilt von allen Fragmenten mit Ausnahme des 8n, welchem der reine Zufall seine Stelle angewiesen zu haben scheint. Wir geben in dem folgenden die Reihenfolge bei Aristoxenus; die nur bei Psellus erhaltenen Stellen unterscheiden wir durch ein vorgesetztes *, die Reihenfolge in den лoolaußavóμeva bezeichnen wir durch Angabe der Seiten- und Zeilenzahl nach Caesars Ausgabe (Rh. Mus. N. F. I S. 621 ff.).

Erstes Buch.

* fr. 1. Καὶ πρῶτόν γε ὅτι πᾶν μέτρον πρὸς τὸ μετρούμενον

-622, 9).

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* fr. 3. Τῶν δὲ ῥυθμιζομένων ἕκαστον οὔτε κινεῖται συνεχῶς οὔτ ̓ ἦρεμεῖ . . . (623, 3-17).

In wie weit fr. 1 Zusätze von Psellus erfahren hat, brauchen wir hier nicht zu erörtern. Die Erklärung habe ich gr. Rh. S. 235 gegeben.

Zweites Buch.

fr. 2 a. Δύο δὲ ταῦτα πρῶτον νοητέον τόν τε ρυθμὸν καὶ τὸ ῥυθμιζό μενον (622, 9. 10). Aristox. p. 269 Mor.

fr. 8. Νοητέον δὲ τόν τε ρυθμὸν καὶ τὸ ῥυθμιζόμενον

19). Aristox. 269-273.

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(625, 7

fr. 2 b. Ἐστὶ δὲ ὁ μὲν ῥυθμὸς σύστημα ἐκ . . . (622, 10623, 2). Aristox. 273-279.

fr. 4. Πρῶτόν τε νοητέον χρόνον (623, 17-19). Aristox. 280. fr. 9. Τῶν δὲ ποδῶν οἱ μὲν ἐκ δύο χρόνων σύγκεινται.

1-6) Aristox. 289. 290.

(626,

fr. 10. Τῶν δὲ ποδῶν ἕκαστος ὥρισται ἢ λόγῳ τινὶ ἢ ἀλογία (626, 6. 7). Aristox. 293.

fr. 11. Καὶ μεγέθει μὲν διαφέρει ποὺς ποδός . . . (626, 7-15). Aris

tox. 298-300.

fr. 12. Tov de nodav toía yévŋ . . . (626, 16. 17). Aristox. 300. * fr. 7. Τῶν δὲ τριῶν γενῶν οἱ πρῶτοι πόδες . . (624, 13-625, 7). *fr. 6. Τῶν ποδικῶν λόγων εὐφυέστατοι εἰσὶ τρεῖς . (624, 7-13). * fr. 5. Τῶν δὲ χρόνων οἱ μέν εἰσι ποδικοί, οἱ δὲ ῥυθμοποιίας . .

(623, 19-624, 13).

In den Abschnitten, für welche uns noch eine Vergleichung mit dem Original möglich ist, gibt Psellus fast niemals die continuierliche Rede des Aristoxenus, sondern nur einzelne Sätze oder Worte, zwischen denen oft grosze Lücken gelassen sind. Die excerpierten Sätze aber folgen in derselben Ordnung wie bei Aristoxenus. Von Einschie

bungen lassen sich nur zwei bemerken, einmal fr. 4 der Zusatz yvwqiucov, wahrscheinlich durch das unmittelbar vorhergehende Fragment 3 (von den yvoiμoi zoovoi) veranlaszt, sodann fr. 2b der einfältige Zusatz ὁ δὲ ῥυθμὸς οὐ γίνεται ἐξ ἑνὸς χρόνου κτέ., wo der Epitomator wahrscheinlich in die Stelle Aristox. p. 290 hineingerathen ist.

Von den drei letzten Fragmenten gehört fr. 5 in den Abschnitt von der Rhythmopoeie, also in den Schluszabschnitt der Stoicheia. Eine nähere Erläuterung desselben werde ich am Ende der vorliegenden Abhandlung geben (VI). - Fr. 7 schlieszt sich an das Verzeichnis der uɛyén, dessen Anfang in dem vaticanischen Codex bis zum oxTáoηuov erhalten ist: es recapituliert die Grenzen in der avğnois der Rhythmengeschlechter, indem für jedes der drei yévŋ das kleinste und gröste Megethos genannt wird. Zugleich wird hier der Grund für die verschiedene Ausdehnung angegeben, worauf Aristox. bereits p. 290 verwiesen hatte. Die Erklärung dieses Fragments s. gr. Rh. S. 231 ff. — Fr. 6, welches der folgenden Untersuchung zu Grunde liegt, ist von fr. 7 zu trennen, worauf schon die significanten Anfangsworte tav ποδικῶν λόγων und τῶν δὲ τριῶν γενῶν hinweisen. Welche Stelle es in den Stoicheia einnahm, läszt sich ziemlich genau ermitteln. In der von Aristox. p. 298. 299 gegebenen Uebersicht über die лodinal diαφοραί nimmt das μέγεθος die erste, das γένος die zweite Stelle ein. Was nach jener Uebersicht folgt mit Einschlusz des fr. 8 Psell., enthält die genauere Erörterung des péyedos. Es musz nunmehr in den Stoicheia die zweite diagoдà лodav, nemlich das yévos erörtert worden sein, denn wenn dieser Punkt bereits bei den uɛyέon berührt ist, so ist dies nur eine vorläufige Anticipation, wie sie auch sonst bei Aristox. häufig vorkommt. In der allgemeinen Uebersicht hatte Aristox. das γένος mit folgenden Worten definiert p. 298: γένει δὲ (sc. διαφέρει ποὺς ποδός), ὅταν οἱ λόγοι διαφέρωσιν οἱ τῶν ποδῶν, οἷον ὅταν ὁ μὲν τὸν τοῦ ἴσου λόγον ἔχῃ, ὁ δὲ τὸν τοῦ διπλασίονος, ὁ δ ̓ ἄλλον τινὰ τῶν εὐρύθμων (leg. ἐρρύθμων) χρόνων. Aus der genaueren Erörterung des révos, die der Lehre vom uéyedos folgt, hat Psellus das in Rede stehende fr. 7, unsere Hauptquelle für den hóyos roinλάoios und лiroiros, entlehnt. Der Zusammenhang ist hienach folgender: διαφοραὶ ποδῶν Aristox. 297-300

α' μέγεθος

JAristox. 300 usq. ad fin.

auéyedos Psellus fr. 7.

β' γένος Psellus fr. 6.

Psellus fr. 11.
Psellus fr. 12.

An der letzten Stelle war wenn irgendwo, der Platz, die irregulären Rhythmengeschlechter zu behandeln.

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II.

Die Hauptstelle des Aristoxenus über das vierte und fünfte Rhythmengeschlecht (fr. 6 Psell.) ist folgende: Tv rodinov lógov svpvéστατοι εἰσὶ τρεῖς· ὅ τε τοῦ ἴσου καὶ ὁ τοῦ διπλασίου καὶ ὁ τοῦ ἡμιολίου. γίνεται δέ ποτε ποὺς καὶ ἐν τριπλασίῳ λόγῳ, γίνεται καὶ ἐν ἐπιτρίτῳ. . . . πᾶς δὲ ὁ διαιρούμενος εἰς πλείω ἀριθμὸν ἐστὶ δὲ καὶ ἐν τῇ τοῦ ρυθμοῦ

καὶ εἰς ἐλάττω διαιρεῖται.

φύσει ὁ ποδικὸς λόγος ὥσπερ ἐν τῇ τοῦ ἡρμοσμένου (sc. φύσει) τὸ ovupavov. Es ist klar dasz hier nicht die fortlaufende Rede des Aristox. vor uns liegt, sondern dasz Psellus wie gewöhnlich nur einzelne Sätze seines Originals excerpiert hat. Eine Lücke findet statt νοι πᾶς δὲ ὁ διαιρούμενος und vor ἐστὶ δὲ καὶ ἐν τῇ τοῦ ρυθμοῦ, so wie vielleicht hinter ouuoovov, was wir durch Punkte bezeichnet haben. Der Auslassungen wegen sind die Sätze ohne Verbindung und Zusammenhang, doch läszt sich der Sinn der ganzen Stelle herstellen. Ich werde zunächst den Anfangs- und Schluszsatz behandeln, den mittleren Satz erst weiter unten (V) erörtern. Im Anfangssatze sagt Aristoxenus: die normalen Rhythmen sind der ἴσος, διπλάσιος und ἡμιόλιος, in welchen die χρόνοι ποδικοί im Verhältnisse von 1:1, 1: 2, 2:3 stehen. Auszerdem kommen aber bisweilen auch Füsze vor, in denen sich Thesis und Arsis wie 1:3 und 3:4 verhalten, die лódes ἐν λόγῳ τριπλασίῳ und ἐπιτρίτῳ. Welche Berechtigung erkennt Aristox. den zwei zuletzt genannten Verhältnissen zu? Hierüber gibt uns der Schluszsatz des Fragmentes hinreichende Auskunft, wenn man ihn richtig zu deuten weisz. Man darf freilich nicht übersetzen wie Feuszner: es liegt aber das Taktverhältnis ebenso im Wesen des Rhythmus, wie die Consonanz im Wesen des melodischen Tonverbandes.' Von einer solchen allgemeinen Phrase steht im griechischen Texte nichts, wo vielmehr von ganz positiven Thatsachen die Rede ist. Aristox. sagt nemlich: in der Rhythmik ist das Verhältnis zwischen Arsis und Thesis dasselbe wie das Symphonon in der Harmonik, d. h. in den rhythmischen Füszen herscht dasselbe Verhältnis wie in den symphonischen Intervallen.' Zur Erläuterung dieser Stelle folgendes. Die Harmonik unterschied διαστήματα σύμφωνα und διάφωνα. Zu den oúupova gehören nach Euklides harm. p. 8, Bacchius p. 3 u. a. : 1) διὰ τεσσάρων die Quarte, 2) διὰ πέντε die Quinte, 3) διὰ πασῶν die Oclave, 4) διὰ πασῶν καὶ διὰ τεσσάρων die Undecime, 5) διὰ πασῶν καὶ διὰ πέντε die Duodecime, 6) δὶς διὰ πασῶν die Quindecime oder Doppeloctave. Zu den diάpova gehören alle Diastemata, die unterhalb der Quarte oder zwischen den symphonischen liegen, wie Secunde, Terze, None (τὰ ἐλάττονα τοῦ διὰ τεσσάρων καὶ τὰ μεταξὺ τῶν оvμдávæv лáνta). Schon früh hatten die Griechen die Zahlenverhältnisse der Intervalle zu bestimmen gesucht, wie dies zuerst von Pythagoras erzählt wird. Wir stellen sie für die ovuqova zugleich mit den entsprechenden rhythmischen Verhältnissen in der folgenden Tabelle zusammen:

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Nach Aristoxenus entspricht also der λόγος ἴσος mit gleichen χρόνοι

ποδικοί der Verbindung zweier gleicher Töne, der λόγος διπλάσιος der Octave, der utólios der Quinte, der toilάotos der Duodecime, der nitqitos der Quarte. In der That besteht für die genannten Intervalle in Beziehung auf Saitenlänge, Saitenspannung usw. dasselbe Verhältnis wie für die entsprechenden Rhythmengeschlechter in Bezug auf Ausdehnung der Arsis und Thesis, wovon ein Blick auf die gegebene Tabelle überzeugt. Von den symphonischen Intervallen sagt Euklides: ἔστι δὲ συμφωνία μὲν κρᾶσις δύο φθόγγων, ὀξυτέρου καὶ βαρυτέρου, von den diaphonischen: διαφωνία δὲ τοὐναντίον δύο φθόγ γων ἀμιξία μὴ οἴων τε κραθῆναι, ἀλλὰ τραχωθῆναι τὴν ἀκοήν. Ebenso verhält es sich mit rhythmischen Verbindungen. Das griechische Ohr vertrug die Verbindung einer drei- und fünfzeitigen Länge zu einem Fusze oder -) ebenso wenig wie den diaphonischen Sextenaccord (3). Dagegen konnte die einem ovupovov entsprechende Verbindung von (ποὺς ἐν λόγῳ τριπλασίῳ) zugelassen werden, sie beleidigte so wenig wie die Duodecime das Gehör, nur war sie minder εὐφυής als der ῥυθμὸς ἴσος, διπλάσιος und ἡμιόλιος, ebenso wie das ὁμόφωνον, διὰ πασῶν und διὰ πέντε für uns sowol wie für die Griechen εὐφυέστερα sind als das διὰ πασῶν καὶ διὰ πέντε und als das διὰ τεσσάρων.

L

Wie alle übrigen Vergleiche, die Aristoxenus seinem Standpunkte gemäsz zwischen Rhythmik und Harmonik anstellt, so gibt auch der an unserer Stelle dargelegte einen höchst wichtigen objectiven Anhaltspunkt. Es geht daraus hervor dasz die zwei secundären Rhythmen (τριπλάσιος und ἐπίτριτος) den drei Normalrhythmen an sich völlig coordiniert sind, da das in ihnen ausgedrückte Verhältnis ebenso gut wie das dactylische, iambische und paeonische einem ovupwovov entspricht; dem allgemeinen Wesen nach so meint Aristox. würden sie sich gerade so gut wie die drei übrigen für die Rhythmopoeie eignen (wie denn auch die moderne Musik an dem Gebrauche des Toilάotos nicht den mindesten Anstosz nimmt), aber sie sind weniger supveis und darin beruht der ganze Unterschied im Gebrauch.

Nach der von mir gegebenen Erklärung versteht es sich von selbst dasz die Worte γίνεται δέ ποτε ποὺς καὶ ἐν τριπλασίῳ λόγῳ, γίνεται nai Ev Eπitoit nicht etwa von Psellus hinzugesetzt sind, sondern nothwendig von demjenigen herrühren der die folgenden Worte: ori δὲ καὶ . . . ὥσπερ ἐν τῇ τοῦ ἡρμοσμένου geschrieben hat, und das

kann natürlich kein anderer sein als Aristoxenus.

Ehe wir untersuchen, wo die beiden secundären Rhythmengeschlechter gebraucht werden, wollen wir zuvor zwei andere hierher gehörige Fragen beantworten. Die erste ist die, ob auszer dem lóyos τριπλάσιος und ἐπίτριτος auch noch der λόγος τετραπλάσιος und der λόγος τρία πρὸς ὀκτὼ in einem rhythmischen Fusze zugelassen wurden

denn auch diese Verhältnisse entsprechen zwei symphonischen Intervallen, dem δὶς διὰ πασῶν und dem διὰ πασῶν καὶ διὰ τεσσάρων. Dieselbe Frage erhebt sich bei der Bestimmung der χρόνοι ἄλογοι, welche Aristox. p. 295 mit den irrationalen Intervallen vergleicht, und

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